Reaktionen auf OLG München-Urteil zum Double-Opt-in
Jens von Rauchhaupt, 6. Dezember 2012Zweifelsohne ist das OLG München bei seinem jüngsten Urteil (Az. 29 U 1682/12) zu einem mehr als fragwürdigen Ergebnis gekommen, als es entschied, dass schon die Bestätigungs-E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-in-Verfahrens unzulässig ist, wenn der erforderliche Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung nicht erbracht werden kann. Die richterliche Entscheidung entspräche nicht den Gepflogenheiten der digitalen Kommunikation unserer Zeit, meint zum Beispiel Michael Neuber, Justiziar des BVDW. Die Tragweite dieses Urteil ist für das E-Mail-Marketing schwer abzuschätzen. Droht gar eine Abmahnwelle? Die Branche reagiert unterschiedlich.
Sebrus Berchtenbreiter, Geschäftsführer promio.net GmbH
Das aktuelle Urteil des Oberlandesgerichts München ist zwar richtig, die Begründung jedoch sehr missverständlich. Die Entscheidung des Gerichts wurde hauptsächlich aufgrund mangelnder Beweislast gefällt, nicht weil das Double-Opt-in Verfahren an sich wertlos ist. Dieses wurde vom Bundesgerichthof für eindeutig zulässig erklärt (Urteil vom 10.02.2011 – Az. I ZR 164/09). Für die Praxis wird das Urteil des OLG München deshalb wohl eher keine Auswirkungen haben. Jedes Gericht kann im Einzelfall aufgrund der beiden, im Widerspruch stehenden Urteile anders entscheiden. Dass eine Vielzahl von Verbrauchern es darauf ankommen lässt, ggf. bis vor den Bundesgerichtshof zu ziehen, ist unrealistisch. Wichtig ist, dass die Bestätigungs-E-Mail weiterhin frei von Werbung bleibt und die Anmeldung via Timestamp und IP-Adresse protokolliert wird.
Zudem stellt das Double-Opt-in Verfahren, auch international, das höchste Qualitätsbewusstsein zum Schutze des Verbrauchers dar. Die irreführende Diskussion und das missverständliche Urteil werden daran nichts ändern. Kein Internetnutzer möchte sein Opt-in für einen Newsletter per Postkarte oder Ähnlichem abgeben.
Martin Bucher, Geschäftsführer Inxmail
Insgesamt gesehen ist dieses Urteil nicht nur für die E-Mail-Marketingbranche eine Katastrophe, sondern besonders auch für die Newsletter-Abonnenten. Denn eigentlich wurde das Double-Opt-in Verfahren eingeführt, um Menschen vor der missbräuchlichen Verwendung ihrer E-Mail-Adresse zu schützen. Nur das Double-Opt-in liefert ohne Medienbruch den eindeutigen Nachweis des eigenhändig durchgeführten Newsletter-Abonnements. Es ist sehr schade, dass das OLG München diese bewährte Praxis infrage gestellt hat.
In der Vergangenheit gab es schon öfter windige Organisationen und Personen, die vergleichbare Urteile im Online-Umfeld als Gelddruckmaschine angesehen haben. Somit ist zu befürchten, dass es zu einer Klagewelle kommt, wenn nicht eine höchstrichterliche Entscheidung bald klarstellt, dass das Double-Opt-in-Verfahren – als derzeit einzig sinnvolles Anmeldeverfahren per E-Mail – keine Unterlassungsansprüche auslöst. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Branche, vertreten durch ihre Interessenverbände (eco-Verband, DDV, BVDW), versucht, zügig eine Entscheidung des BGH in einem vergleichbaren Fall herbeizuführen.
Ulf Richter, Geschäftsführer optivo
Das Münchner OLG-Urteil hat uns getroffen. Wir haben aber die starke Hoffnung, dass dazu der BGH angerufen wird und dieser die nötige Rechtssicherheit für das Double-Opt-in-Verfahren schafft. Für den Moment empfehlen wir, Bestätigungs-E-Mails weder textlich noch visuell Werbecharakter zu verleihen. Im Zweifel sollten die Double-Opt-in-E-Mails durch einen Justiziar oder einen spezialisierten Fachanwalt geprüft werden.
Stefan von Lieven, CEO artegic
Das Urteil sorgt weiter für Verunsicherung und hilft niemandem. Es bleibt zu hoffen, dass es eine Randnotiz auf dem Weg zu einem klareren rechtlichen Rahmen wird. Dennoch: Auch wenn beim Nachweis und Prozedere von Opt-ins immer noch Fragen bestehen, ist der Trend eindeutig. Die Bedeutung von rechtskonformem Marketing steigt und Unternehmen investieren in den Aufbau von geeigneten Prozessen für die Datenerhebung und -nutzung. Denn nach der Ära des Datensammelns beginnt die Erkenntnis zu reifen, dass nur nutzbare Daten im CRM und Marketing wertvoll sind.
Dominik Frings, Geschäftsleiter mediascale
Es gilt mal wieder der Formel, dass die Wege der Rechtsprechung (neben denen der Politik) unergründlich sind. Hier wurde mal wieder ein Präzedenzfall geschaffen, der hoffentlich bald von höherer Instanz einkassiert wird, weil er vollkommen nutzlos ist. Dem Einzigen, dem hier geholfen wird, sind abmahnwütige Anwälte, die den Fokus ihres Gelderwerbs genau auf solche Fälle ausrichten. Es ist demnach ein klassisches Beispiel, bei dem Gerichte sich unsinnig viel Arbeit machen, welche die wirklich wichtigen Aufgaben lähmen.
Bei uns hat sich bis dato noch kein Kunde gemeldet, den aufgrund des Urteils die Sorgen umtreiben. Sollte dies so sein, kann man nur zur Ruhe und Besonnenheit raten. Nebenbei aber in der besinnlichen Zeit zu überprüfen, ob die aktuelle Prozesskette lückenlos dokumentiert werden kann und den üblichen Praxisstandards entspricht, schadet vermutlich niemandem.
Dr. Jürgen Seitz, Geschäftsführer United Internet Dialog
Prinzipiell teilt United Internet Dialog die vorherrschende Meinung der Kritikführer an dem Urteil zum Double-Opt-In-Verfahren. Um transparent und für den Nutzer nachvollziehbar ein Werbeeinverständnis für E-Mail Marketing einzuholen, ist eine Bestätigungs-E-Mail der richtige Weg. Das Verfahren hat sich bewährt und wird in der gängigen Rechtsprechung akzeptiert. Der DDV hat in einem Memorandum zum Urteil unserer Meinung nach den richtigen Weg aufgezeigt: Demnach sollten Werbetreibende im E-Mail-Marketing darauf achten, dass die Bestätigungs-E-Mail nicht zu Werbezwecken missbraucht wird und dass der Einverständnis-Prozess dokumentiert und archiviert wird. Dann stufen wir die Gefahr der Beanstandung von Bestätigungs-E-Mails als gering ein.Unsere Kunden teilen unsere Einschätzung, dass sich das Double-Opt-In-Verfahren in der Praxis bewährt hat.