„Optimieren Sie noch im Einzelkanal oder schon Ihre Gesamtperformance?“
Johann Hermann, 13. Dezember 2012Dieser Frage sollte sich (spätestens) 2013 jedes werbungtreibende Unternehmen stellen. Das heißt: Conversion Attribution, Multi-Channel-Messung und -Optimierung sind im Online-Marketing die Effizienzthemen des nächsten Jahres. Die Herausforderungen dabei sind die übergreifende Betrachtung, übergreifender Einkauf und eine übergreifende Bewertung der Marketingkanäle im Rahmen der Customer Journey sowie die Überwindung des Silodenkens.
Noch allzu oft ist es gelebte Realität in zahlreichen werbetreibenden Unternehmen: Man wirbt auf unterschiedlichen Kanälen in diversen Medien und optimiert die Maßnahmen isoliert im einzelnen Kanal. Häufig werden für die Betreuung der Kampagnen verschiedene Dienstleister eingesetzt, unter Umständen werden bestimmte Bereiche auch „in house“ abgedeckt. Dieses Vorgehen erschwert jedoch eine ganzheitliche Betrachtung der Dinge. Kampagnen können nicht kanalübergreifend analysiert und optimiert werden, da Abhängigkeiten der einzelnen Disziplinen und Konvergenzeffekte nicht erkannt werden.
Einen Schritt weiter sind bereits jene Advertiser, die dieses Manko erkannt haben und bei der Erfolgsanalyse ihrer Werbemaßnahmen statt einzelner Kanäle die Conversion in den Mittelpunkt rücken. Dabei wird jedoch häufig noch auf das Prinzip „Last Cookie wins“ gesetzt. Das bedeutet, dass, egal was entlang der User Journey passiert, generell immer dem letzten Werbemittelkontakt vor der Conversion der volle Erfolg zugeschrieben wird. Hier jedoch, am Ende des Marketing-Funnels, sind es in vielen Branchen vor allem SEA-Anzeigen oder Preisvergleichsseiten, die der User nutzt, bevor er seinen Kauf endgültig tätigt. Entsprechend überproportional werden diese Maßnahmen unter Umständen bewertet. Andere, am Conversion-Erfolg ebenfalls beteiligte Kanäle werden bei der Leistungsbewertung völlig außen vor gelassen. In letzter Konsequenz könnte diese Betrachtung so weit führen, dass vermeintlich uneffektive Kanäle bei der Budget-(Re-)Allokation keine Beachtung mehr finden, was die Suchmaschinen wahrscheinlich freuen, den Marketer im Unternehmen auf lange Sicht jedoch eher ärgern dürfte.
Denn der „Last Cookie wins“-Ansatz, genauso wie sein Gegenstück, die „First Cookie wins“-Methode, die dem ersten Kontakt die volle Conversion zuschreibt, greifen zu kurz: Aufgrund des zunehmend multimedialen Konsumentenverhaltens gibt es heute eine Vielzahl an Interaktionspunkten zwischen Marke und User, zwischen Produkt und Käufer, die mehr oder weniger stark das Kaufverhalten beeinflussen und entsprechend in der Werbestrategie berücksichtigt werden sollten.
Dabei stellt sich eine Reihe von Fragen: Wie stark ist der Einfluss jeder einzelnen Maßnahme? Und welche Unterschiede ergeben sich hierbei in Abhängigkeit der Position im Sales-Funnel? Welche der Kanäle fungieren als Introducer (Aufmerksamkeit), Influencer (Bestätigung) oder Closer (Kaufimpulsgeber)? Und wie lassen sich die Erkenntnisse einzelner User Journeys derart aggregieren, dass Muster erkennbar werden und valide Empfehlungen für die Optimierung der eingesetzten Marketingbudgets möglich sind?
Es gibt einige alternative Ansätze, die der Realität allerdings auch nur bedingt nahe kommen. Hierzu zählen die gleichverteilte Gewichtung der Touchpoints (jedem Werbemittelkontakt wird pauschal derselbe Leistungswert zugeordnet) oder auch zeitlich zunehmende oder abnehmende Modelle. Dabei erfolgt die Gewichtung nach Kampagnenziel (Awareness: der erste Touchpoint ist der wichtigste, Performance: der letzte Touchpoint ist entscheidend).
All diese Modelle sind jedoch statischer Natur und beziehen sich lediglich auf die Reihenfolge der Touchpoint-Positionen. Andere wesentliche Faktoren, wie die Kanaleffektivität, die Interaktionsart oder die eingesetzten Werbemittel, werden vernachlässigt.
In der Werbewirkungsforschung sowie – zumindest vereinzelt – in der Praxis ist man zu dem Schluss gekommen, dass lediglich individuelle Attributionsmodelle den bestmöglichen Ansatz für jeden Werbetreibenden darstellen. Das überrascht kaum, denn zum einen verfolgt jedes Unternehmen seine individuelle Strategie, zum anderen verhalten sich User auf dem Weg zur Conversion unterschiedlich, was nicht zuletzt auch am Produkt liegt (z. B. Buchkauf vs. Abschluss einer KFZ-Versicherung).
Bei dem von QUISMA entwickelten individuellen Attributionsmodell handelt es sich um ein Bewertungsmuster, das, anders als bei pauschalen Verteilungsschlüsseln, für jede erfolgreiche Journey (Conversion) den exakten Wertbeitrag der einzelnen Online-Marketingkanäle ermittelt. Auf dieser Basis werden die Conversions „zerlegt“ und prozentual auf die jeweiligen Touchpoints verteilt. Der Hauptfaktor für die Berechnung der Wertbeiträge ist dabei die Kanaleffektivität.
Sie wird mithilfe eines Modellings ermittelt. Berücksichtigt werden die gesamten User Journeys, inklusive derjenigen, die nicht zum Abschluss führten. Somit fließen sowohl Path-to-Conversion als auch Path-to-non-Conversion in die Berechnung der Kanaleffektivität mit ein.
Die Bewertung der einzelnen Werbeaktivitäten erfolgt unter Zuhilfenahme folgender Faktoren:
- die Interaktionsart (unterschiedliche Gewichtung nach View und Klick),
- die Touchpoint-Gewichtung (unterschieden nach Introducer, Influencer und Closer),
- die Werbemittelqualität (z. B. Display: Stand-Alone, Bewegtbild, Wallpaper etc.; SEA: Keyword-Qualität in Abhängigkeit der Anzeigenposition),
- der zeitliche Abstand zwischen den Kontaktpunkten (kommt innerhalb eines definierten Zeitraums dieselbe Interaktion häufiger vor, wird diese nur einmal gezählt),
- der Journey-Typ (z. B. Lead oder Sale)
- u. v. m.
Liegen all diese Informationen vor, lässt sich ein Scoring-Modell für die Bewertung der User Journeys aufstellen.
Das individuelle Attributionsmodell wurde beispielsweise in einem Bewertungsmuster für die Branche „Retail“ eingesetzt. Hierbei flossen die Customer-Journey-Daten von fünf verschiedenen Online-Retail-Unternehmen in die Berechnung ein. Das Modell wurde auf Basis der jeweiligen Kanaleffektivität, der Interaktionsart und der Touchpoint-Position berechnet. Die Sales-Anteile für die einzelnen Kanäle wurden auf dieser Grundlage ermittelt und mit denen der „Last Cookie wins“-Methode verglichen.
Eine Umverteilung des Werbebudgets kann – bei gleichbleibendem Mitteleinsatz – zu signifikanten Sales- und Umsatzsteigerungen führen, die häufig im zweistelligen Prozentbereich liegen.
Fazit: Die Messung der Werbeaktivitäten über alle Kanäle sowie eine exakte Zuordnung der erzielten Conversion auf alle beteiligten Maßnahmen sind der Schlüssel zu mehr Effizienz im Online-Marketing.
Über den Autor:
Johann Hermann gründete bereits im Alter von 25 Jahren zusammen mit drei Studienkollegen die united-domains AG, wo er den Bereich Finanzen verantwortete. Nach erfolgreichem Verkauf an die Lycos Europe NV stieg er 2006 als Finance Director bei dem Performancespezialisten QUISMA ein. Im Juli 2012 übernahm Hermann die Geschäftsführung im deutschsprachigen Raum und trägt nun als Managing Director DACH die Hauptverantwortung für alle Leistungsbereiche des Unternehmens – eine ausführliche Beschreibung zur „Individuellen Conversion Attribution“ finden Sie auf der Webseite von QUISMA.
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