Daten, Daten, Daten: Aus immer mehr Quellen fließen sie in die Unternehmen. „Big Data“ für das Online-Marketing nutzbar zu machen, ist eine große Herausforderung. Data Management Platforms – kurz DMP – übernehmen dabei eine zentrale Rolle. Die DMPs führen Daten verschiedenster Quellen zusammen, erkennen Zusammenhänge und können dadurch aus 0815-Kampagnen datengetriebene Effizienzwunder machen.
Im Zusammenhang mit Realtime Bidding haben DMPs im Online-Advertising von sich Reden gemacht. Doch das wird ihren Fähigkeiten längst nicht gerecht. In Zeiten der Marketingautomatisierung sind DMPs eine Allzweckwaffe – sowohl im Pre- als auch im Aftersales. „Unsere DMP kann Keywords für Retargeting-Kampagne nutzbar machen, egal wo Nutzer sie eintippen“, sagt Sven Bagemihl, COO des Technologie- und Targetingdienstleisters Adnologies. Gibt ein Nutzer zum Beispiel ein entsprechendes Suchwort bei Google ein, sollte ihn dies gezielt auf eine passende Landing Page führen, wo er sich tiefer informieren oder sogar eigene Produkte konfigurieren kann. Was dann folgt, ist bei Adnologies ein sogenanntes Produkt-Level-Matching. „Wir analysieren auf Produktebene, was ein Nutzer konfiguriert oder in seinen Warenkorb gelegt hat“, erläutert Bagemihl. Alles kann analysiert werden – im Automobilbereich beispielsweise vom gewählten Felgentyp bis zur Wagenfarbe im Car Configurator. Anschließend wird vom Adnologies-System eine passende Regel angewendet, um diesen Nutzer später ein dynamisches Banner oder Video auszuliefern, das ihm nicht irgendein Auto zeigt, sondern exakt sein zuvor konfiguriertes Traumauto. „Mit Einheitsbannern wird Online-Advertising künftig nicht mehr funktionieren“, ist sich Bagemihl sicher. Die Beliebigkeit von digitaler Werbung sei schon bald Geschichte.
DMP: Analysieren und reagieren
Während Business-Intelligence-Lösungen in der Regel eine sehr, sehr tiefe Analyse sämtlicher Daten erlauben, sind DMPs pragmatischer: Sie begnügen sich mit weniger, fokussieren auf Kampagnen und bieten eine aktive Komponente. Durch angekoppelte DSPs und Adserver können sie direkt in die Kampagnenaussteuerung einbezogen werden. Das funktioniert, da eine DMP in der Lage ist, Daten unterschiedlichster Quellen auf eine einheitliche ID zu mappen – das Op-in des Nutzers vorausgesetzt.
Das Analysieren und Managen von Daten wird auch bei Annalect großgeschrieben. Die Agentur gehört zur Omnicom Media Group und ist auf automatisierte Media spezialisiert. Von Search über Social bis hin zu Display und Video werden Realtime-Bidding-Systeme eingesetzt. Annalect setzt für seine Kunden die DMP von Bluekai ein. „Wir schaffen innerhalb der Technologieplattform Silos, zwischen denen es keine Schnittstellen gibt. Die Kundendaten bleiben immer beim jeweiligen Kunden, es sei denn, es ist ausdrücklich von allen Parteien anders gewünscht“, betont Sarah Winkelmann, Head Of Data Analytics Annalect. Mithilfe von Datenanalysen und statistischen Modellen werden kundenindividuelle Zielgruppen und Zielgruppensegmente gebildet.
Puzzleteile zusammenfügen
DMPs charakterisiert dabei vor allem eines: Die Daten, mit denen sie arbeiten, stammen aus unterschiedlichsten Quellen und lassen sich prinzipiell in 1st, 2nd und 3rd Party Data einteilen. Bei den 1st Party Data handelt es sich um eigene Daten des Kunden. Dies können beispielsweise CRM-Daten oder auch Website-Tracking-Informationen sein und sie bilden die grundlegende Basis für kundenindividuelle Zielgruppensegmentierung. 2nd Party Data sind in der Regel Kampagnen-Daten, die von den Mediaagenturen zur Verfügung gestellt werden. 3rd Party Data bezeichnen externe Daten – zum Beispiel Soziodemografien oder Kaufinteressen. „3rd Party Data sind die fehlenden Puzzleteile, die wir oft nicht über 1st und 2nd Party Data abdecken können“, sagt Frank Hupke, Director Targeting Annalect. So ist eine DMP ebenso Grundlage für ein detailliertes Targeting wie für ein ausgeklügeltes, in sich harmonisches Zusammenspiel vieler Zielgruppen, die mit der jeweils richtigen Botschaft angesprochen werden können, ohne dass es dabei zu Überschneidungen und Reaktanzen kommt.
„Mit einer DMP kann man innerhalb kürzester Zeit viele Analysen fahren, auf viele Zielgruppen ausliefern und die Ergebnisse testen. Über klassische Targetingsysteme wäre eine solche Modellierung zwar auch möglich, aber nur mit sehr hohem Aufwand realisierbar“, erläutert Hupke. Aus seiner Sicht bietet die Arbeit mit DMPs auch eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu sammeln. „Gibt es Schnittstellen zur analogen Werbewelt, können via DMP definierte Zielgruppen auch über das Realtime Bidding hinaus hilfreich sein und sogar in die klassische Mediabuchung einfließen. Sind die Daten stark genug, gibt es keine Grenzen“, sagt Hupke. Durch solche Schnittstellen können zum Beispiel die Zielgruppen-Insights bezüglich Soziodemografien und Affinitäten aus der digitalen Welt zur homogenen Anwendung im TV und Print verwendet werden. Entscheidend sei lediglich, wie man Zielgruppen definiere und wo man sie wiederfinde.
Dinosaurier im Tiefschlaf
Auch Aftersales-Prozesse können DMPs unterstützen: Hat zum Beispiel ein Kunde sein Traumauto tatsächlich gekauft, hinterlegt er beim Händler in der Regel auch seine E-Mail-Adresse. Damit schließt sich der Kreis. Über den Abgleich mit den CRM-Daten kann die DMP beispielsweise nicht nur identifizieren, ob es sich um End- oder Flottenkunden handelt. „Durch die Rückkoppelung zum CRM-System erfahren wir unter anderem auch, ob dieser Käufer kürzlich eine Werkstatt besucht hat oder ein Werkstattbesuch fällig ist. Entsprechend können ihm Werbebanner gezeigt werden, die nach seiner Zufriedenheit fragen oder an den nächsten Werkstatttermin erinnern“, erläutert Bagemihl. Doch die intelligente Nutzeransprache mithilfe einer DMP ist nicht nur auf Banner beschränkt. So kann Adnologies bei entsprechender Datenbasis innerhalb von Applikationen Buttons personalisieren, Videos mit dynamischen Inhalten füllen oder Elemente auf einer Homepage dynamisch austauschen.
Der Erfolg einer DMP lässt sich in der Customer Journey direkt ablesen. Immer mehr Marketer erkennen den Effizienzgewinn. Aber noch allzu oft wird die Analyse nicht konsequent zu Ende gedacht und in Aktionen umgesetzt. So sind dynamische Werbebanner noch vergleichsweise selten anzutreffen. „Wer weiterhin nur ein Bannermotiv für ganz Deutschland schaltet, braucht keine DMP und kein RTB“, sagt Bagemihl. Noch seien DMPs ein geflügeltes Wort, aber dem Experten zufolge in zwei bis drei Jahren gängige Marketingpraxis. Online-Start-ups zählen zu den Vorreitern der datengetriebenen Automatisierung im Online-Marketing. Andererseits verharren viele der umständehalber multikanalisierten Offline-Dinosaurier im Tiefschlaf und werben im Web mit der berühmten Gießkanne. „Einigen Branchen werden – wie den Versandhändlern schon heute – massive Veränderungen ins Haus stehen“, ist sich Bagemihl sicher.
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