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DISPLAY ADVERTISING

Performance-Display: Kreative Verführer gesucht

Karsten Zunke, 11. Oktober 2012

„Statt 35 jetzt nur 19,90 Euro – Klick mich, kauf mich, ich bin ein Sonderangebot“: Online-Performance-Marketing kann manchmal grausam sein – zum Nutzer und zum Werbekunden. Die Marke wird nur am Rande erwähnt, das Produkt tritt in den Hintergrund. Was zählt ist, dass es sich um ein Schnäppchen handelt und der Vorrat begrenzt ist. Ein Idiot, wer bei diesem Preis nicht zuschlägt. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn so von austauschbarem Schnäppchen-Gedöns malträtiert, wird der mündige Onliner schnell zum Schrecken aller Display-Werber – er wird bannerblind.

„Wer glaubt eine mehr oder weniger lieblose Zusammenstellung von Produktabbildung, Preis und Rabattvorteil könne eine gleichwertige Kommunikationsleistung wie eine gut gestaltete Verkaufsanzeige erzielen, ist leider auf dem Holzweg“, sagt Wolfgang Bscheid. Für den Geschäftsführer von Mediascale sollte jede Form von Kommunikation einem gewissen kreativen Anspruch genügen, unabhängig von ihrer jeweiligen Zielsetzung – also auch dann, wenn eine Kampagne primär auf den Produktabverkauf ausgerichtet ist. So sei in den vergangenen Jahren immer deutlicher geworden, welchen enormen Einfluss starke und attraktive Marken auf das Abverkaufsergebnis in den Kanälen Search und Affiliate haben. „Speziell aus dieser Perspektive heraus ist eine gestalterische Trennung zwischen Brand- und Sales-Kommunikation nicht mehr zeitgemäß“, sagt Bscheid. Vielmehr müsse sich heutzutage jedes Performance-Werbemittel harmonisch in das Gesamtbild einer Marke integrieren.

Harmonie ist gefragt

Doch von dieser Harmonie ist im Web oft wenig zu spüren. Wenn Nutzer wochenlang von Streichpreisen und Rabattversprechen verfolgt werden, reagieren sie im schlimmsten Fall zuerst verwundert, dann verärgert und zum Schluss gleichgültig. Und wer Inhalte nicht als nutzwertig wahrnimmt, wird schnell darüber hinwegscrollen.

Andreas Sierts

„Nichts ist für die Kampagnen-Performance schlimmer als austauschbare Banner, bei denen der Betrachter weder Absender noch Produkte erkennt. Kreativität ist der Hebel für die Performance“, sagt Andreas Sierts, Head of Ad Management bei uniquedigital. Doch diese Kreativität ist häufig eine Herausforderung: Performance-Banner sind kleinformatiger als die großflächigen Branding-Ads; sie werden schnell übersehen, überscrollt oder schlicht nicht beachtet. Trotzdem muss die Ad auffallen und die Botschaft sofort verstanden werden. „Ein Banner zu kreieren, das wahrgenommen wird, nicht langweilt und außerdem wie gewünscht performt – das ist eine hohe Kunst“, sagt Sierts. Und dies ist aus seiner Sicht sogar anspruchsvoller, als lediglich eine Werbebotschaft zu transportieren, wie es bei reinrassigen Branding-Kampagnen oft der Fall ist.

Insbesondere eine gute Platzierung auf der Website gilt als gute Voraussetzung dafür, dass ein Banner auch geklickt wird. Doch im Performance-Marketing kann die Mediaagentur die Platzierung nur selten wählen – bestes Beispiel sind „Run of Network“-Buchungen oder Einbuchungen in Ad Networks. „Eine Display-Ad im Performance-Marketing muss so gut sein, dass sie auch unabhängig von der Platzierung funktioniert“, unterstreicht Sierts. Dafür gibt es verschiedene Wege – von der kreativen Umsetzung über dynamische Werbemittel bis hin zur Personalisierung. Vor allem auffällige Farben, klare Botschaften und vertraute Logos verhelfen dem Display oftmals zum ersehnten Klick. Welches Werbemittel wirklich funktioniert, lässt sich in der Regel nur in Tests herausfinden.

Mit den Kreativen im Dialog

Doch der Fallstrick für eine gleichermaßen kreative wie performante Display-Werbung wird viel früher gespannt. Häufig hapert es an der Kommunikation zwischen den Kreativ- und den Performance-Agenturen. Wenn Brandingwerbemittel eins-zu-eins auf kleinformatige Performance-Werbemittel übertragen werden, ist das wenig Erfolg versprechend. Auch nützt die beste Kreation nichts, wenn sie am Ziel vorbeiführt. „Im Idealfall tauschen sich Kreativ- und Performance-Agentur im Vorfeld über die Werbemittel aus“, rät Sierts. So sucht uniquedigital stets den Dialog mit den Kreativen. „Wir wissen, was gut klickt, und die Kreativ-Agentur weiß, wie man dies intelligent mit der Corporate Identity des Kunden verbindet“, so Sierts.

Ralph Frühwald

Selbst wenn Banner nicht nur klicken, sondern auch Aktionen auf der Website auslösen sollen, ist die Kreation nicht zu vernachlässigen. So bietet myThings Retargeting ausschließlich auf CPA-Basis. Bei den dynamischen und personalisierten Werbemitteln ist hier alles auf das Userverhalten ausgerichtet. Agenturen probieren beispielsweise unzählige Varianten, myThings testet Realtime und optimiert in Echtzeit anhand des Userverhaltens. „Die optisch schöne und vielseitige Darstellung der Produkte ist zwar ein wichtiger Punkt, entscheidender ist aber, welche Produkte dem User wann und in welcher Reihenfolge angezeigt werden“, erläutert Ralph Frühwald, Deutschland-Chef von myThings. Produktempfehlungen sind hier auf Conversion optimiert, nicht für Klicks. So gibt es beispielsweise klickstarke teure Produkte, die aber kaum Conversion generieren und dementsprechend auch nicht so stark angezeigt werden.

Wolfgang Bscheid

Neuer Anreiz für Kreative

Wohin eine Entwicklung gehen kann, zeigt Mediascale mit seinem Ansatz des psychologischen Targetings. Dabei werden Nutzer anhand ihrer unterschiedlichen Primärmotiven, Leistungen, Anschlüsse oder ihrer Macht differenziert. Innerhalb der jeweiligen Auswahl kann nochmals anhand der Funktion des Kaufs unterschieden werden, denn der Kauf kann in diesem Modell entweder eine regulative, eine soziale oder eine expressive Funktion für den Konsumenten haben.

Anschließend werden alle Kommunikationsbausteine exakt auf das Handlungsprofil abgestimmt, das heißt: Bilder, Headlines und Leistungsversprechen werden so gewählt, dass sie der unterbewussten Erwartung des Nutzers bestmöglich entsprechen. Darüber hinaus lässt sich laut Bscheid auch die Produktauswahl durch das jeweilige Profilmuster beeinflussen. „Ein leistungsorientierter Typ mit expressiver Funktionserwartung wird sich eher für einen High-End-Laufschuh mit auffälliger Optik begeistern als ein anschlussorientierter Kunde, der an einer regulativen Funktion des Produkts interessiert ist“, so Bscheid.

Ein solches Herangehen hilft somit, die unterschiedlichen Kauftypen besser zu verstehen, und es eröffnet den Kreativen neue Möglichkeiten. „Bisher war es für Kreative oft sehr schwierig, sich hinter konventionellen Zielgruppenbeschreibungen wirkliche Menschen vorzustellen. Psychologische Beschreibungsmodelle sind hier deutlich griffiger. Das ist umso wichtiger, je mehr man sich vor Augen führt, dass Targeting nur im Zusammenspiel von Media und Kreation seine volle Leistungsfähigkeit entfalten kann“, erläutert Bscheid.

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