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Mit 18 mehr unter der Haube

Regina Leuwer, 25. Oktober 2012

Am 27. Oktober 1994 ging das erste Banner online, AT&T warb auf HotWired (wired.com) auf 468 mal 60 Pixeln um Klicks. Für Werbetreibende war dieses Anzeigenformat etwas völlig Neues, gab es ihnen doch zum ersten Mal die Chance, mit Kunden direkt in Interaktion zu treten. Heute wird das Banner (in der Branche auch ‚der Banner‘ genannt) erwachsen. Zählt es noch als Jungspund oder gehört es schon aufs Altenteil?

„Der erste Banner war wie das erste Auto. Einfach, praktisch, unkompliziert. Und man erreichte sein Ziel. Heutige Banner sind immer noch wie Autos; vollgestopft mit Technik, die einem den Weg zum Ziel bequemer machen sollen. Aber schneller wird man dadurch auch nicht“, meint Tobias Gärtner, Geschäftsführer bei der Agentur Pilot aus Hamburg. Die meisten Menschen kennen gerade mal 10 Prozent der Funktionen ihres Autos – weil auch die reichen, das Ziel zu erreichen. Genauso sei es mit heutigen Bannern: „IP-Targeting, Geolocation, Sehdauer, Mouseover-Tracking, Interaktion ohne Klick, Sichtbarkeit und vieles mehr. Das ist doch alles nur Technik. Ein Banner muss auch ohne diese funktionieren – er muss Marken unterstützen oder Produkte verkaufen. Das ist das Ziel. Sehr einfach!“ Dafür brauche man nach wie vor gute inhaltliche Inszenierungsideen und keine technischen Spielereien, die eine mangelhafte Idee überdecken.

Alexander Schott

Nach außen sehen Banner heutzutage gar nicht so anders aus, aber unter der Haube hat sich einiges getan. „Anfangs wurde Werbung noch fest in die Seiten eingebaut, zum Beispiel für einen Monat Laufzeit. Der Webmaster hat die Kampagne umgesetzt und es gab ‚hits‘ als Reporting. Heute liefern Adserver äußerst präzise und flexibel aus“, sagt Alexander Schott, Director Adoperations bei media group one. Targeting ist Standard und neben Ad Impression oder Klick gibt es Viewtime, Visibility und auch Werbewirkungsmessung bei vielen Kampagnen. „Mit Realtime-Bidding-Anbindung wird für jede einzelne Ad Impression nicht nur unter einigen Hundert, sondern unter Tausenden möglicher Werbekampagnen die bestbezahlte ausgewählt – und das in wenigen Millisekunden.“

Click-Through Rates fallen, Budgets steigen

Im Jahr 1994 gab es nur rund 2.700 Webseiten weltweit, 13,5 Millionen Menschen wählten sich ins Netz ein, die allermeisten davon in den USA. Das Internetverzeichnis Yahoo wurde in diesem Jahr gegründet, ebenso die erste Textsuchmaschine WebCrawler.  Das erste Banner bekam viel Aufmerksamkeit und erreichte eine Click-Through Rate von 78 Prozent – heutzutage geht man von Durchschnittswerten um die 0,2 bis 0,3 Prozent aus.

So sah es aus. Das erster Werbebanner
Frank Herold

„Diese Prozentsätze sind vor dem Hintergrund, dass die Reichweiten seit 2000 schlicht explodiert sind, einfach nicht vergleichbar. Das Entscheidende dabei ist, dass die TKPs in einzelnen Zielgruppen eben auch trotz des Inventarüberangebots nach wie vor konkurrenzfähig sind – insbesondere im Vergleich zu anderen Gattungen“, erklärt Frank Herold, Director Sales von Yahoo! Deutschland. „Nicht zuletzt führen heute die Targeting- und Ausgestaltungsmöglichkeiten im Premiumbereich zu durchaus vergleichbaren CPMs – und der Werbetreibende kriegt dabei entschieden mehr für sein Geld.“

Anders als 1994, als circa 0,3 Prozent der Weltbevölkerung online waren, lässt sich nun ein Massenpublikum mit Bannern erreichen. Heute gibt es rund 620 Millionen Websites (Quelle: Netcraft) und 2,4 Milliarden Menschen, knapp 35 Prozent der Weltbevölkerung, gehen regelmäßig online. Doch sie sind werbemüde.

Laut einer aktuellen Studie von Adobe empfinden fast 80 Prozent der Konsumenten Online-Werbung als nervig und 54 Prozent glauben, dass Banner-Ads nicht funktionieren. Trotzdem steigen die Werbebudgets: Forrester Research schätzt das Umsatzvolumen allein in Europa auf 4,8 Milliarden Euro für dieses Jahr. Dabei sind statische Banner auf dem Rückzug, während Text, Rich Media und Video Ads kräftig zulegen.

Christian Griesbach, General Manager Digital Marketing bei Axel Springer Media Impact: „Die Bandbreite der TKPs hat sich in den letzten 18 Jahren weit aufgefächert; auf prominenten Platzierungen sind die Durchschnitts-TKPs von Bannern aber weiterhin zweistellig und durchaus mit dem TKP-Niveau zum Beispiel des Jahres 2000 vergleichbar.“

Tobias Gärtner

Die Zukunft des Banners wird bewegt

Seit einiger Zeit werden die Ads immer größer und der Bewegtbildanteil erhöht sich. Durch mehr Bandbreite (DSL-Geschwindigkeit) und größere Bildschirme bekommen Marken und Produkte mehr Platz für die Inszenierung der Botschaft. „Polite-Loading ist für mich (neben großen Formaten) die wichtigste neue Möglichkeit und Entwicklung – da freue ich mich über die Technik wie auch über die dynamische Routenführung im Navi meines Autos – mit der kommen wir wirklich schneller zum Ziel!“, sagt Tobias Gärtner.

„Neue Technologien wie HTML5, Tablets, Apps, Connected TV erfordern neue Werbeformate – aber das kommt von ganz alleine“, glaubt Alexander Schott. Weitere 18 Jahre traut er dem statischen Banner daher nicht zu: „In der heutigen Form wird man den Banner nur im Museum in der Abteilung ‚Marketing des 20. Jahrhunderts‘ finden. Vielleicht wird es so wie in dem Film Minority Report, in dem man ständig von virtuellen Werbeflächen im Alltag mit ganz persönlichen Angeboten angesprochen wird.“ „Ob Branding oder Abverkauf: Alle Werbeziele kann ich mit einem Banner verwirklichen“, erklärt dagegen Tobias Gärtner. Es komme immer auf das Umfeld, die Botschaft und die Inszenierungsidee an. „Selbst ein 234x60 Banner kann etwas transportieren. Natürlich ist das bei großen Formate einfacher – aber Wohnungen werden doch auch noch immer über Kleinanzeigen an den Mieter gebracht.“

Die Branche gratuliert

Zur Volljährigkeit wünscht Frank Herold von Yahoo! dem Banner alles Gute, weiterhin große Aufmerksamkeit, viel Erfolg beim Aufbau von Markenimage und auch im Abverkauf. „Bei dieser Gelegenheit gratulieren wir auch zum erfolgreichen ‚Laufen lernen‘. Denn auch wenn Banner über die Jahre deutlich an Bedeutung und Gewicht zugelegt haben, beeindrucken sie doch durch Leichtigkeit, Schnelligkeit und Flexibilität“, sagt er.

Christian Griesbach

Christian Griesbach prognostiziert Bannern ein langes und erfolgreiches Dasein: „‘Der Werbebanner‘ hat sich in den letzten 18 Jahren sehr dynamisch weiterentwickelt; auch in 18 Jahren wird es noch Formen der Werbeeinblendung geben, die uns an die ersten Banner erinnern werden“, so der Springer Online-Vermarkter. Mit 18 beginnt der Ernst des Lebens, findet Tobias Gärtner, und gibt dem Banner noch ein paar gute Ratschläge mit: „Den Führerschein machen und weiter in Richtung Zukunft fahren. Und das ‚Wahlrecht‘ dazu nutzen, manchmal auch wählerisch zu sein und nicht immer alles zu machen, was geht. Volljährigkeit bedeutet ja auch eine gewisse Eigenverantwortung.“

Bild Regina Leuwer Über den Autor/die Autorin:

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