„Good Data – Die praktische Lösung für den Datenschutz“
Marc Guldimann, 18. September 2012Der Online-Industrie schlägt zunehmend Misstrauen entgegen. Und das nicht nur seitens der Nutzer und Politiker, sondern sogar aus der Werbebranche selbst. Erstere, die Nutzer, begreifen, dass ihre persönlichen Informationen respektive ihre Daten zum Geschäft geworden sind. Zu einem Geschäft, bei dem sie außen vor bleiben, denn gekauft und wieder verkauft wird ohne ihre Einwilligung.
Politiker nutzen diese Gelegenheit, um für den Schutz der Privatsphäre ihrer Wähler einzustehen. Die Branche schließlich wartet vielerorts ungeduldig darauf, dass sich das Versprechen datengetriebener und personalisierter Werbung endlich einlöst.
Bevor es darum zu einer harten gesetzlichen Regulierung, einem Cookie-Blocking oder der generellen Ächtung von personalisierter Werbung kommt, sollten wir einen simpleren Weg in Betracht ziehen, der das Problem des Misstrauens gegenüber datengetriebener Werbung lösen hilft:
Wir müssen den Nutzern einen Platz an unserem Tisch einräumen!
Ich selbst bezeichne diese Lösung als Good Data: Nutzer bekommen dabei die maximale Kontrolle über ihre Daten, während die Industrie alle Vorzüge von Targeting grenzenlos genießen kann.
Good Data bedeutet Folgendes:
Opt-in: Der wichtigste Punkt bei Good Data ist, dass den Nutzern die Möglichkeit gegeben wird, sich aktiv an dem Geschäft um ihre Daten zu beteiligen. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers sind 73 % der User dazu bereit, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, wenn sie entsprechende Vorteile dafür erhalten. Sogar 80 % würden persönliche Informationen mit einem Unternehmen teilen, das sie vorab um Erlaubnis dafür fragt. Mit den richtigen Incentives und ein wenig Höflichkeit muss man also nicht mehr Spionieren.
Korrekt und vollständig: Egal wie genau und umfassend alle unternehmerischen Erhebungen von Online-Data ablaufen: Kein Unternehmen weiß mehr über den Nutzer als ... der Nutzer selbst. Fakt ist: Bessere Daten schlagen grundsätzlich immer den besseren Algorithmus. Good Data ist darum ungleich wertvoller, weil es von den Nutzern selbst kommt und nicht von einer Website, die denkt, den Nutzer zu kennen.
Weniger ist mehr: Unglücklicherweise denken einige Menschen in der Online-Industrie, dass wir so viele Daten sammeln sollten wie möglich. Tracker brüsten sich mit Hunderten Millionen von Profilen, die alle mehrere Tausend Datenpunkte tief sind. Good Data aber heißt, nur ein Minimum an Daten zu sammeln. Eben genau so viele wie nötig, um das jeweilige Marketingziel zu erreichen. Eine zeitnahe Löschung dieser Daten sollte ebenfalls selbstverständlich sein.
Einfach halten: Online-Privacy- und User-Control-Tools müssen so einfach sein wie möglich, sonst werden sie nicht genutzt. Good Data heißt, dass Nutzer problemlos und ohne Hürden surfen können, wie sie es von jeher gewohnt sind.
Good Data ist die Lösung für die Online-Branche und das ideale Mittel, um die gehegte Hoffnung auf Data und Targeting sorgenfrei und ohne jegliche Gefahr einer Regulierung umsetzen zu können. Nur so wird die Branche als Ecosystem standhalten.
Dabei gibt es viele Gewinner:
Gewinnen werden die Nutzer, weil sie der Industrie endlich die aktive Kontrolle über ihre Daten entreißen. Wenn sie damit anfangen, ihre Daten wahlweise und eigenverantwortlich selbst zu vermarkten, verlieren auch Marketeers den Anreiz, Data aus zwielichtigen Kanälen zu beziehen. Basierend auf den von ihnen selbst zur Verfügung gestellten Daten werden Nutzer die Vorteile relevanter Werbung gleichsam stärker erkennen und sich zum Datensouverän entwickeln.
Vermarkter sind ebenfalls die Gewinner, denn ihr Inventar wird höhere Einnahmen generieren. Websites, App-Entwickler und Content-Aggregatoren werden eine stärkere Nachfrage und bessere Preise für ihre Werbung erzielen, da bessere Informationen über die Zielgruppe jedes Targeting auf ein neues Level heben werden.
Auch Werbetreibende genießen die Vorteile von aktuellen und vollständigen Datensätzen. Durch Good Data verfügen sie über ein 100%iges, freigegebenes Profil des Nutzers, das seine komplette digitale Identität von Search, über E-Commerce bis Social Media beinhaltet. Advertiser können aus dem Vollen schöpfen – und sich gut dabei fühlen. Durch das Opt-in erreicht die Werbebranche Nutzer, die sich auf Augenhöhe bewegen und verstehen, warum sie eine bestimmte Werbung angezeigt bekommen. Die Zeit des ängstlichen, verwunderten Nutzers ist damit vorbei.
Nehmen wir das folgende Beispiel: Ein Unternehmen durchsucht Ihren Müll und sagt: „Hey! Wie haben ein paar alte Laufschuhe gefunden. Willst du vielleicht ein neues Paar kaufen?“ Ziemlich gruselig, oder? Mit „Good Data“ entwickelt sich die Ansprache folgendermaßen: „Danke, dass du uns dein Interesse an Jogging mitgeteilt hast. Lass uns über die Schuhe sprechen, die am besten zu dir passen.“
Das französische Unternehmen Alenty hat eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass digitale Markenführung mehr Wiederholungen und längere Laufzeiten braucht, als die meisten datengetriebenen Kampagnen praktisch bieten. Um solche Kampagnen bei hohen AIs kosteneffizient umzusetzen, braucht man Zielgruppen, die so genau wie möglich getroffen werden. Daten, die von den Konsumenten selbst bereitgestellt werden, machen dieses Ziel erreichbar – ohne jegliche Kompromisse in puncto Datenschutz.
Aber klar: Es gibt auch einen Verlierer. Und das sind die Unternehmen, die sich Daten hinterrücks erschleichen. Glücklicherweise ist das ein sehr kleiner Teil der Online-Industrie, was sie aber nicht davon abhält, unser aller Ruf in den Schmutz zu ziehen. Also, niemand wird sie vermissen. Auf Wiedersehen „Bad Data“.
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