Für viele Unternehmen ist die Anzahl der Fans auf Facebook inzwischen der Indikator für eine erfolgreiche Social-Media-Strategie – so verkündete Pizza Hut kürzlich stolz die erreichte Marke von 250.000 Fans. Doch nicht jeder kann so viele Nutzer des sozialen Netzwerks für sich begeistern. Für die Außenwirkung scheint es daher verlockend, Fans hinzuzukaufen, etwa um gegenüber der Konkurrenz gut dazustehen.
„Gekaufte Fans können zwar einen vermeintlich erfolgreichen Facebook-Account vorgaukeln, der jedoch kaum vitale Lebenszeichen wie Likes, Sharing und Kommentare einer echten Brand-Community aufweisen wird und somit wertlos ist“, sagt Sten Franke, Gründer und Geschäftsführer des Hamburger Social-Media-Marketing und -Monitoring-Dienstleisters ethority. „Die eingekauften Profile sind meist extra zu diesem Zweck von zweifelhaften Anbietern angelegt worden, ohne dass sich dahinter natürliche Personen verbergen. Spätestens wenn erste Aktionen gestartet werden und die Fans nicht reagieren, wird der Schwindel offensichtlich.“
Dennoch blüht der Handel mit den Fans auf Bestellung. Anbieter wie Fandealer, Fanslave, Fanbuy oder mysocialclix verkaufen verschiedene Fanpakete zu günstigen Preisen – Targeting nach Region und Interessen ist gegen Aufpreis möglich. Das System ist in der Regel stets dasselbe: User registrieren sich bei diesen Websites und erhalten pro Klick auf „Gefällt mir“ einen geringen Centbetrag. Haben sie genug Guthaben angesammelt, können sie sich das Geld auszahlen lassen.
Fankauf gefällt Facebook nicht
Das Geschäft mit Fans als sozialer Währung ist allgegenwärtig – selbst auf eBay kann man 1000 Fans für unter 100 Euro erwerben. Legitim ist dies nicht, wie ein Facebook-Sprecher erläutert: „Für Facebook sind Authentizität und Sicherheit von höchster Priorität. Facebook verurteilt Ansätze, die den Handel mit Facebook-Fans und -Freunden betreffen, und prüft solche Hinweise selbstverständlich. Facebook hält sich dabei die Möglichkeit offen, gegen Firmen und Marken, die den Kauf oder Verkauf von Fans unterstützen, rechtlich vorzugehen.“
Die Fanverkäufer scheint das nicht abzuschrecken, sie werben offensiv und unterhalten auch eigene Facebook-Pages, anscheinend ohne Sanktionen zu fürchten. Oft sind es Ein-Personen-Unternehmen, wie im Fall von Rotem Guez, dem Betreiber von „Like Store“ aus Israel. Guez nutzte eine monatelange Auseinandersetzung mit Facebook sogar als Publicity, indem er sich offiziell in Mark Zuckerberg umbenannte. Käme es zu einer Klage, hieße diese „Facebook gegen Mark Zuckerberg“.
Falsche Fans verderben das Ranking
Dass Facebook tatsächlich einmal gerichtlich gegen Like-Verkäufer vorgeht, hält Social-Media-Beraterin Nicole Simon für unwahrscheinlich: „Facebook verfügt über genügend eigene Mechanismen, um unechte Fans zu erkennen und die entsprechenden Seiten im Ranking herunterzustufen oder unter Umständen auch ganz zu löschen.“ Ein Algorithmus, der sogenannte EdgeRank, sorgt dafür, dass Seiten, die sich durch Tricks mehr Anhänger verschaffen, sehr viel weniger von viralen Effekten profitieren.
„Fans zu kaufen bringt gar nichts, im Gegenteil, es kann sogar schaden“, sagt Nicole Simon. Denn Facebooks EdgeRank belohnt Interaktivität. Jedes einzelne Posting bekommt einen spezifischen Wert zugeordnet, anhand dessen sich entscheidet, wie relevant die Seite ist, ob und wem die Statusupdates überhaupt angezeigt werden. Likes werden dabei als am wenigsten bedeutsam eingestuft, nur wenn Inhalte einer Seite intensiv von Usern geteilt und kommentiert werden, tauchen die einzelnen Botschaften überhaupt im News-Stream der jeweiligen Fans auf. „Gekaufte Fans werden höchstwahrscheinlich niemals interagieren und verringern so den Anteil an aktiven Usern einer Seite, was sich negativ auf den EdgeRank auswirkt“, erklärt Social-Media-Expertin Nicole Simon.
Gewinnspiele auf Facebook dürfen nicht alles
Wer das vermeiden will, sollte eine Fanbasis also lieber organisch aufbauen. Oft helfen Promotions und Gewinnspiele, um in kurzer Zeit viele neue Fans zu gewinnen. Doch nicht alles ist erlaubt: Laut Facebook-Richtlinien darf das Anklicken von „Gefällt mir“ auf einer Seite oder das Einchecken an einem Ort nicht zur automatischen Teilnahme führen. Auch Nutzeraktivitäten, wie Fotos kommentieren oder Inhalte auf einer Pinnwand posten, dürfen nicht als Bedingung für einen möglichen Gewinn dienen. So soll verhindert werden, dass Seiten ihren EdgeRank künstlich aufbessern. In der Praxis sieht man diese Gewinnspiele dennoch häufig.
Echte und dauerhafte Interaktionen mit Fans zu erzielen, erfordert mehr Mühe und Ressourcen. Die Auswahl relevanter Themen sollte ein Social-Media-Redakteur übernehmen, zudem ist laut Sten Franke vor allem der Dialog mit den Kunden entscheidend: „Abhängig von der Art und Funktion des Facebook-Accounts geht es immer um den Mehrwert für den Nutzer. Neben einem ordentlichen Community-Management, was im Aufwand meist unterschätzt wird, sind es natürlich die Aktionen und Apps, welche einen kontinuierlichen Fanzuwachs begünstigen.“ So eignen sich Apps sehr gut, um originelle Minikampagnen umzusetzen – etwa Spiele, ein Quiz oder Meinungsumfragen. Marken profitieren dabei von den integrierten Empfehlungsmechanismen der Facebook-Apps.
Facebook Ads – effektiv aber aufwendig
Um eine breite und wirklich interessierte Fanbasis zu erreichen, führt kaum ein Weg an Werbekampagnen auf Facebook vorbei. Social-Media-Service-Anbieter haben sich darauf spezialisiert, Kampagnen für die Like-Generierung zu schalten. Ebuzzing nutzt etwa ein proprietäres Tool, mit dem 3 Milliarden Daten von Facebooks Social Graph ausgewertet werden, um die richtigen Nutzer zu finden. „Mithilfe dieser Tools können wir auch unerwartete Verbindungen aufzeigen: Es kommt zum Beispiel vor, dass die Fans einer Kosmetikmarke sich auch sehr für Reiseanbieter interessieren. Diese Information nutzen wir, um neue potenzielle Fans anzusprechen. Anschließend optimieren wir die Werbekampagne, um die Anzeigen mit den besten Klick- und Konversionsraten herauszufiltern“, erklärt David Mahoney, Deutschlandchef von Ebuzzing.
Die Anzeigen sollten einen möglichst konkreten Call to Action und einen „Gefällt mir“-Button enthalten, damit der Nutzer auch direkt Fan werden kann. Bei der Wahl der Zielgruppe werden nicht nur Geschlecht und Wohnort berücksichtigt, sondern auch das Alter, der Familienstand, die Einkäufe oder zum Beispiel der Handytyp. Zudem kann genau nach Interessen ausgewählt werden.
Dieses hochspezifische Targeting bedeutet, dass es bei Facebook-Anzeigen keine „One-Size-Fits-All“-Lösung gibt. Je spezifischer die Ansprache, desto höher ist in der Regel der Erfolg. Das heißt, dass für die Fangenerierung oft viele verschiedene Anzeigenmotive angelegt und anschließend optimiert werden müssen – ein beträchtlicher Aufwand. Die Optionen werden immer komplexer, berichtet David Mahoney: „Seit Kurzem ist es sogar möglich, die Ads nur an Nutzer zu richten, die eine bestimmte Handlung ausführen. So kann man zum Beispiel Frauen, die vor Kurzem einen Beyonce-Song abgespielt haben, als Zielgruppe wählen.“
Obgleich der Fokus der meisten Unternehmen auf Facebook-Fans liegt, muss nicht immer nur Facebook das Maß aller Dinge sein, meint Nicole Simon: "Suchmaschinen verwerten die Signale aus sozialen Profilen, das heißt, je umfassender man dort vertreten ist, desto besser wird man auch gefunden. So werden Twitter-Einträge zum Beispiel zeitnah von Google gelistet und auch der Einfluss von Google+ auf Suchergebnisse ist nicht zu unterschätzen.“ Eine kontinuierliche, breite Social-Media-Präsenz, die verschiedene Plattformen kombiniert, kann mitunter mehr bewirken als Zehntausende neue Fans auf Facebook.