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DISPLAY ADVERTISING

Wechselwirkungen von Search und Display bei einer Cross-Channel-Betrachtung

Thomas Bindl, 5. Juni 2012

Die Themen Customer Journey und Search Funnel sind aus keiner Veranstaltung und keinem ausführlichen Artikel über Online-Marketing mehr wegzudenken. Die häufigste Argumentation stützt sich auf die klassische AIDA-Formel – Attention, Interest, Desire and Action. Doch ist diese Annahme aus der Offline-Welt auch in die Online-Welt übertragbar, wie groß ist der Effekt und wie kann man ihn nachweisen und darauf basierend steuern? Wieso ist eine Customer-Journey-Analyse nicht ausreichend, sondern benötigt Cross-Channel-Tracking (CCT)?

Wenn man von einer klassischen Customer Journey, wie sie auch in vielen größeren Studien dargelegt wurde, ausgeht, dann stehen in der Regel vor der Suche nach einem Produkt oder einer Marke Werbemittelkontaktpunkte aus dem Bereich Display – entweder Klicks oder auch Views. Dies ist bei den meisten Werbetreibenden allerdings nicht sonderlich überraschend, da bei Klickraten unter 1 Prozent natürlich 100 Mal mehr Views als Klicks erzeugt werden, sie also auch bei deutlich mehr Nutzern nachgewiesen werden können. Die Streuverluste sind zudem, abgesehen von Special-Interest-Portalen oder kontextsensitiver Werbung entsprechend deutlich höher. Ob die verbliebenen Nutzer dann wegen dieser Display-Views zur Suche übergegangen sind oder ob sie es aufgrund anderer Einflüsse gemacht haben, ist dabei in der Regel rein spekulativ.

Die Wertigkeit dieser Post-View-Effekte ist daher sehr umstritten. Klar ist jedoch, dass sie in der Regel vorhanden ist, jedoch deutlich geringer als die eines Klicks. Daher sollte man sich auch von der reinen Customer-Journey-Betrachtung entfernen und viel mehr die kanalübergreifende Effizienz unter Einbezug der Kosten für die Optimierung nutzen. Auf Basis dieser Zahlen aus dem Cross-Channel-Tracking hat man dann die Möglichkeit, nach KPIs zu optimieren und nicht nur nach Bauchgefühl. Doch um den CCROI (Cross Channel ROI) oder CCCPO (Cross-Channel CPO)auszuweisen, muss man zuerst festlegen, wie man die einzelnen Kontaktpunkte gewichten möchte.

Gewichtung zwischen Views und Klicks

Die erste Entscheidung, die man treffen muss, ist die unterschiedliche Gewichtung von Views und Klicks zueinander. Die Gewichtung ist jedoch auch relativ individuell und hängt von den Platzierungen ab, auf denen die Werbemittel erscheinen. Im Display-Bereich lässt es sich wohl am anschaulichsten über zwei Extreme darstellen: Blind Network mit sehr geringem TKP vs. Premium-Werbemittel auf einer Portalstartseite. Dass die erreichbaren Volumina unter Umständen ähnlich sein können, ist gegeben, jedoch ist die Wahrnehmung beim Nutzer in der Regel deutlich unterschiedlich.

Als guter Anhaltspunkt für die Wahrnehmung dient sicherlich die Klickrate, aber auch Metriken aus der Webanalyse wie Conversion oder Bounce Rate oder auch die Verweildauer auf der Seite des Werbetreibenden. Auf Basis dieser Zahlen kann man anschließend eine erste Gewichtung für das Cross-Channel-Tracking erarbeiten. In der Praxis wird bei einer starken Präsenz auf Premium-Platzierungen eine Gewichtung von 5 zu 95 Views zu Klicks gewählt, handelt es sich fast ausschließlich um Werbeplätze mit geringer Qualität und Sichtbarkeit, ist eine Gewichtung von 1 zu 99 nicht selten.

Ein wichtiger Aspekt bei der Gewichtung ist natürlich auch, ob das Werbemittel wirklich im sichtbaren Bereich war und auch geladen wurde. Daher bietet es sich an, die Cross-Channel-Tracking-Tags erst bei der Einblendung zu laden, um sicherzustellen, dass die Werbeleistung auch wirklich erbracht werden konnte. Eine Alternative wäre die Nutzung von Diensten wie alenty, um die Effizienz der einzelnen Platzierungen zu messen und auf Basis dieser Daten eine Gewichtung vorzunehmen.

Ein weiterer Aspekt bei der Gewichtung der Views ist sicherlich der Kanal oder auch das Werbemittel. Gerade im Affiliate-Marketing gibt es oftmals Publisher, deren Werbeplätze sehr schwer durchschaubar sind, dennoch Views auf Werbemittel generieren. Hier sollte man eine realistische Einschätzung machen, welche Leistung wirklich erbracht wird bzw. erbracht werden könnte, wenn man es im ersten Schritt nicht nachvollziehen kann. Man hat jedoch, sobald die ersten Ergebnisse vorliegen, eine Möglichkeit, die Publisher und Werbeplätze auf Basis von indexierten KPIs zu vergleichen. Spätestens dann hat man die Möglichkeit, einzelne Publisher-Modelle zu hinterfragen, und zwar ob diese wirklich einen Mehrwert liefern.

Im Bereich des Suchmaschinen-Marketings verhält es sich natürlich anders, da nur ein Teil der Reichweite grafische Werbemittel umfasst und alle textbasierten Formen nicht gemessen werden können. Um die grafischen Werbemittel im Google-Display-Netzwerk (GDN) messbar zu machen, ist eine entsprechende Third-Party-Zertifizierung von Google nötig. Sofern diese gegeben ist, kann man auch bei diesem mittlerweile sehr reichweitenstarken Kanal die Effizienz von Display auf anderen Kanälen, vor allem Search, messen.

Gewichtung der Kontaktpunkte zueinander

Nachdem man die verschiedenen Display-Werbeformen entsprechend vertagged und initial gewichtet hat, stellt sich natürlich noch die Frage der Kontaktpunkte zueinander. Welche Gewichtung hier ideal ist, ist stark umstritten, auch weil es kein richtig oder falsch gibt, sondern nur Annährungswerte. Aber selbst um auf diese zu kommen, sind kundenseitige Business-Intelligence-Ressourcen notwendig, die jedoch meist (noch) nicht im Marketing angesiedelt sind. Aber selbst wenn man diese nicht hat, kann man jedoch festhalten, dass jedes Gewichtungsmodell, egal ob Gleichverteilung, U-Modell, Präferenz des ersten oder letzten Klicks oder eine individuelle Aufteilung, besser ist als 100 % einem fixen Kontaktpunkt zu geben. In den meisten Fällen wird mit einer Gleichverteilung oder einem U-Modell gestartet und später weiter angepasst oder auf ein anderes Modell gewechselt. Dies liegt aber auch daran, dass man eine Gewichtung nur schwer vornehmen kann, solange man nicht weiß, wie die Customer Journeys tatsächlich aussehen.

Doch welche Auswirkungen sind im Alltag wirklich messbar und kann man auf Basis dieser Daten Budgets anders allokieren und effizienter arbeiten? Diese Frage kann man mit einem klaren „Ja“ beantworten. Die Vergleichbarkeit der Kanäle ist zwar trotz aller Modellierungsversuche nicht perfekt, jedoch lassen sich Verschiebungen um ein Vielfaches auf jeden Fall als Indiz nehmen, um eine entsprechende Anpassung vorzunehmen.

Ein fiktives Beispiel der kanalübergreifenden Wechselwirkung verschiedener Kanäle

Liegt die Verschiebung lediglich unter 15 %, ist dies hingegen eher schwer, da die Modelle dies noch nicht ermöglichen. Bei den meisten Werbetreibenden ist jedoch eine ganz klare Verschiebung auch zwischen Kanälen erkennbar und es kann entsprechend reagiert werden.

Die größte Stärke des Cross-Channel-Trackings liegt jedoch bei einzelnen Platzierungen innerhalb eines Kanals und dem Vergleich zueinander.

Hier sieht man dank des Cross-Channel-CPOs (CCCPO) sehr schön, wie effizient die Platzierungen im Vergleich zueinander sind. Der Verlass auf das Bauchgefühl entfällt und man kann Wechselwirkungen belastbar ausweisen. Darauf basierend kann man dank der einfach verständlichen KPIs Budgets oder Gebote anpassen und entsprechend danach steuern.

Besonderheiten im Zusammenspiel von Search und Display

Um auf die Besonderheit des Zusammenspiels von Search und Display zurückzukommen, hat man die Problematik, dass die Kanäle in der Grundidee andere Ansätze haben. Während Display-Werbemittel das Interesse wecken sollen, dient Search in der Regel dazu, das Interesse zu befriedigen. Zudem stellt sich natürlich immer die Frage, welcher Werbekontakt wirklich entscheidend für den Kaufimpuls war und wie man diesen messen kann. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Marktforschung hier der einzig verlässliche Ansatz ist. Nichtsdestotrotz hat man natürlich die Zahlen, wie viele Käufe, die über die Suche zum Abschluss kamen, zuvor ein Display-Werbemittel gesehen oder geklickt haben. Wenig überraschend hängt die Zahl der Leute, die diesen Weg gehen, stark vom Display-Werbedruck ab und steigt auch ziemlich linear an.

Es gilt also festzuhalten, dass definitiv Wechselwirkungen gegeben sind, Leute also von Display auf Search wechseln. Die Menge ist jedoch stark unterschiedlich und muss individuell pro Werbetreibendem gemessen werden. Um die Entscheidungsfindung des Nutzers zu verstehen und welche Rolle einzelne Kanäle spielen, muss man sich noch etwas gedulden oder Marktforschung nutzen. Um die Trends und das große Ganze zu erkennen und die Effizienz der Werbung steigern zu können, sollte man auf entsprechende Technologien zurückgreifen. Die Nutzung solcher Technologien nimmt immer mehr zu und wird wohl spätestens 2013 zum Standard werden, da die Effizienzgewinne einen Verzicht kaum zulassen.

Bild Thomas Bindl Über den Autor/die Autorin:

Thomas Bindl ist Gründer und Geschäftsführer der Refined Labs GmbH, München, eines Anbieters für Performance-Marketing-Software. Seit 2000 berät der Marketing- und Technologie-experte Firmen bei der Optimierung ihres digitalen Marketings auf Basis des Einsatzes innovativer Cross-Channel-Tracking-Lösungen. Bindl ist regelmäßiger Gast auf führenden Branchenkonferenzen und international als Industry Leader durch Publikationen und Präsentationen bekannt.

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