Mit Rich-Media-Werbung lassen sich nicht nur goldene Löwen gewinnen, wie zuletzt die YOC AG mit der Mystery Ad gezeigt hat. Im mobilen Bereich lädt die Technik die Werber gerade dazu ein, über Displaywerbung die Nutzer mit der Marke interagieren zu lassen. Dank der gestiegenen Bandbreite und neuen Standards wird Mobile Rich Media immer praktikabler und wohlmöglich bald auch günstiger.
Waren es 2011 noch 19 Prozent, sind nun laut einer aktuellen Google-Studie über 29 Prozent aller Mobiltelefone in Deutschland Smartphones, Tendenz stark steigend. Dieser Generationswechsel weg vom WAP-fähigen Feature Phone hin zum echten Internet-Smartphone bringt bei der Werbeauslieferung massive Vorteile, wie uns Jörg Klekamp, Vorstand von Adition Adserver, erläutert: „Adserving für Smartphones und für das stationäre Internet unterscheiden sich kaum, da viele Targeting-Kriterien sowie die Buchungslogik ähnlich, wenn nicht gleich sind. Zudem akzeptieren auch die Browser der Smartphones Cookies, was bei WAP-Handys nicht möglich ist.“ Die Cookieakzeptanz soll übrigens bei den deutschen Mobilnutzern zurzeit bei erfreulichen 80 Prozent liegen.
Beim Einsatz von Rich-Media-Werbung, also den datenschweren, meist interaktiven Werbemitteln, ist vieles vergleichbar mit der stationären Werbung. Und das bei einer weit höheren Werbewirkung bei den Nutzern, denn: „Mobile ist noch immer ein recht junger Nutzungskanal und eignet sich daher für Marken besonders gut, um ein innovatives Image zu vermitteln. Gerade die Rich-Media-Werbung und Videowerbung zeigen bei uns eine hohe Engagement-Rate“, berichtet Romain Job, Strategy & New Business beim Adserver Anbieter SmartAdserver.
Aber es gibt aus Sicht der Advertiser auch einiges zu beachten. „Mobile Rich Media ist ein stark wachsender Bereich und daher wollen viele Media-Agenturen diese Werbe-Formate über ihre bestehenden Adserver, die im Normalfall für die Online Auslieferung konzipiert wurden, einsetzen", erläutert Richard Kidd, Managing Director GSA beim mobilen Werbenetzwerk madvertise. „Bei der Auslieferung von Mobile Rich Media ist vor allem zu beachten, dass alle gängigen Formate ausgeliefert werden können. Reports und Metrics müssen alle notwendigen Kriterien und Messgrößen enthalten, außerdem sollte die Adserverlösung über API oder Integration die Anbindung an Mobile Publisher ermöglichen", sagt Kidd.
Doch nachdem die Bedeutung von Flash weiter abnimmt, konzentrieren sich die Kreativagenturen mehr auf HTML5. Bringt dieser Wechsel eigentlich keine tief greifende Veränderungen im Ad Management und der Werbeauslieferung mit sich? „Grundsätzlich hat es keine Auswirkung auf das Adserving, bis auf die Anbieter, die diesen Wandel bisher nicht ernst genommen haben. Die Branche selbst hat sich bereits mit entsprechenden Richtlinien wie dem IAB-Rich-Media-Standard (MRAID: Mobile Rich Media Ad Interface Definitions), der für die Erstellung der Werbemittel nur HTML5 und JavaScript erlaubt, positioniert. Wir tragen diese Entwicklung mit, indem wir den Standard bereits vor Monaten implementiert haben“, sagt Erhard Neumann, CEO des Adserver-Anbieters ADTECH.
Eine ausgereifte Adserver-Technik und neue Standards wie MRAID vom IAB würden laut Neumann für die nötigen Rahmenbedingungen sorgen. Die Folge sind völlig neue Möglichkeiten in der Zielgruppenansprache, die neben der visuellen Komponente erstmals auch haptische Elemente berücksichtigen kann. „Der Funktionsumfang von Werbung gerade auf mobilen Devices ist dadurch so groß wie nie geworden: Funktionen wie Schütteln, Bewegungen im 3-dimensionalen Raum, Rotation, Kompassfunktion, Ortung oder Click2Calendar beziehen den User mit ein“, sagt Neumann.
MRAID Kompatiblität
Bevor die Werbung „geschüttelt“ oder „gerührt“ werden kann, hat man sich auf den besagten MRAID-Standard einigen müssen. Hier geht es ausschließlich um die Rich-Media-Werbung in den mobilen Apps selbst. Anders als beim stationären Internet muss der Aufruf eines Rich-Media-Werbemittels auf die App abgestimmt werden. Daher stellen einige Adserver-Anbieter den App-Entwicklern eigene Software Development Kits (SDK) zur Verfügung, mit denen der Entwickler dann selbst Ort und Art der Werbemöglichkeiten innerhalb der App bestimmen kann.
„Ein Advertiser kann sich darauf verlassen, dass MRAID-kompatible Werbemittel durch alle MRAID zertifizierten Publisher bzw. Netzwerke ausgeliefert werden können. Bei dem Zertifizierungsprozess wird durch die IAB überprüft, ob die Laufzeitumgebungen des Publishers/Netzwerkes (beispielsweise deren SDKs) mit dem MRAID-Standard kompatibel ist. Auch ohne Zertifizierung sind unsere SDKs (iOS & Android) sowie unsere Laufzeitumgebung zur Auslieferung auf mobilen Webseiten MRAID 1.0 kompatibel", meint Kidd von madvertise.
Weitere Standards gegen den Wildwuchs
Nicht nur in den Apps muss der grenzenlosen Kreativität nun Schranken gesetzt werden. Denn ein nicht mehr zu überblickenden Wildwuchs von Creatives führt zu Komplikationen und Verzögerungen im Ad Management und der Werbeauslieferung. Standards sind für uns immer hilfreich, damit wir von der Adserver-Seite diese Werbeformate immer passend ausliefern können“, sagt Hendrik Kempfert, Commercial Director beim Agenturen und Advertiser-Adserver-Anbieter adform.
Dies hat auch die Industrie begriffen und schon sehr früh mit der Mobile Marketing Association (MMA) die ersten Standards für mobile Display-Werbemittel gesetzt. Nun folgte im Mai dieses Jahres das Universal Ad Package 2.0, dessen Werbemittelstandards in angepasster Form von der MAC-Fachgruppe im BVDW nächste Woche als MAC-Guideline dem deutschen Markt vorgestellt werden sollen. Während Videowerbung in Form der Instream-Formate bereits im neuen Standardkatalog aufgenommen wurde, tut sich der MAC mit den Rich-Media-Werbeformaten indes etwas schwerer. Zwar wird das eine oder andere Rich-Media-Format nach unserer Informationslage als Standard zu finden sein, offiziell soll das Thema Rich Media aber erst einmal außen vorbleiben.
„Wichtig für die MAC-Guideline war uns, dass alle Vermarkter diese Guideline nicht nur theoretisch unterstützen wollen, sondern diese auch technisch zum Release der Guideline in ihren Portfolios umsetzen. Damit sind wir dann in der Praxis einen deutlichen Schritt weiter, als wenn wir nur eine allgemeine Willensbekundung machen“, sagt Oliver von Wersch, Geschäftsführer G+J EMS und Leiter der MAC im BVDW.
Kosten gerechtfertigt?
Der Aufbau neuer mobiler Webseiten, die Entwicklung von eigenen Apps verursachen natürlich Kosten, die sich Werbeträger und ihre Vermarkter wieder reinholen wollen. Doch rechtfertigt das im Bereich Rich Media und vor allem für die Video-Instreams die gegenwärtigen Preise. Für Neumann von Adtech gibt es jedenfalls kaum technische Gründe, die dafür sprechen. „Nein, denn Video Advertising im stationären Internet nähert sich immer mehr dem auf mobilen Endgeräten an, so wie sich auch Display und Mobile immer ähnlicher werden. In Einzelfällen könnte das Kampagnenmanagement für Video Ads auf Mobile etwas arbeitsintensiver sein, da die Lauffähigkeit auf vielen Devices getestet werden muss. Daher sind branchenweite Standards für die Werbemittel und die SDKs wichtiger denn je. Basieren Werbemittel und SDK auf demselben Standard, können Publisher die Video Ads ohne Anpassung in alle Plattformen und Apps integrieren.
„Innovationen muss irgendwann bezahlt werden“, meint hingegen Kempfert und das gelte auch für das Adserving: „Wir bei adform beschäftigen 100 Entwickler. Jeder neuer Kanal, jedes neue Werbemittel und jede Optimierung im eigenen Produkt kosten in der Entwicklung nun einmal Geld.“ Kempfert ist aber überzeugt: „Ich glaube, dass die Preise für mobile Rich-Media-Werbung je nach Gewicht der Werbemittel weiter fallen werden. Vor allem die Verfügbarkeit von größerer Bandbreite wird Treiber für mehr mobile Rich-Media- und Videowerbung werden.“
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