Wer als Werbetreibender in mehreren Online-Kanälen präsent ist, agiert nachweislich erfolgreicher. Dabei stellen sich jedem Marketingverantwortlichen drei Kernfragen: Welche Kanäle sind für die jeweilige Kampagne relevant? Wie optimiert man das Budget innerhalb eines Kanals? Und wie über alle Kanäle? Eine Antwort liefert der Kunde selbst: Wer die Customer Journey seiner Zielgruppe kennt, kann die Wirksamkeit seiner Multi-Kanal-Werbung entscheidend steigern und effektives Performance-Marketing betreiben. Aber der Weg dahin ist noch weit.
Der Nutzen von performance-orientierter Werbung ist unbestritten: Die Werbespendings kletterten in diesem Segment von rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf gut 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2011. Suchmaschinenoptimierung und Keyword Advertising, Werbung via E-Mail, auf Preisvergleichswebsites und per Display, in Social Media und in Affiliate-Netzwerken sind für professionelle Werbetreibende längst Pflicht.
Die Messbarkeit und Transparenz der Werbeaktivitäten machen Performance-Marketing hoch attraktiv – die Vielfalt der Kanäle macht es hochkomplex. Das Ziel aller Bemühungen ist, möglichst hohe Abverkaufszahlen bei einem möglichst niedrigem Cost-per-Order (CPO) zu erzielen. Die Crux: Die Erhöhung des Budgets in einem Kanal spiegelt sich nicht eins zu eins in höheren Abverkäufen wider. Das Performance-Marketing erfordert ein neues Denken, denn waren Werbetreibende bislang daran gewöhnt, dass hohe Einkaufsvolumina zu hohen Rabatten führen, gilt hier ein anderes Gesetz. Hier steigt mit wachsender Nachfrage der Durchschnitts-CPO. In der Folge sinkt der Grenznutzen. Die Marketingverantwortlichen stehen also vor der Herausforderung, das optimale Verhältnis zwischen Abverkäufen und CPO zu finden.
Und so ist die Multi-Kanal-Optimierung im Performance-Marketing ein Dauerthema in den Marketingabteilungen vieler Unternehmen. Drei entscheidende Fragen stellen sich für jede Online-Kampagne eines Produktes aufs Neue:
1. Welche Kanäle sind relevant?
Schon bei der Wahl der Kanäle müssen Werbetreibende ausloten, ob sich das Investment für das Produkt lohnt: Es nützt zum Beispiel das beste Keyword Advertising nichts, wenn es zwar viele Abverkäufe generiert, derweil aber der CPO ins Astronomische steigt. Oder wenn der E-Mail-Newsletter zwar unschlagbar günstig ist, aber die Kunden nicht zum entscheidenden Kaufklick motiviert.
Weil die Aktivitäten in jedem einzelnen Kanal kontrolliert, analysiert, optimiert und gegebenenfalls Schnittstellen geschaffen werden müssen, sollte jeder Werbeweg hinsichtlich seiner Effektivität sorgfältig unter die Lupe genommen werden. Die hohe Transparenz und gute Messbarkeit des Performance-Marketings machen es möglich: Es lässt sich schnell nachvollziehen, ob ein Kanal für die jeweiligen Werbezwecke sinnvoll eingesetzt ist oder nicht. Im Zweifel wird er optimiert oder für dieses Produkt nicht weiter genutzt.
2. Wie lässt sich das Budget innerhalb eines Kanals optimieren?
Für die Optimierung der Budgets innerhalb der einzelnen Kanäle bieten mittlerweile viele Anbieter ausgefeilte Technologien an. Mithilfe intelligenter Algorithmen analysieren sie kontinuierlich die Ergebnisse, verbessern – in einzelnen Kanälen auch schon automatisiert – die jeweilige Kampagne und sorgen so für mehr Effizienz.
3. Wie lässt sich das Budget über alle Kanäle optimieren?
Bei der deutlich komplexeren kanalübergreifenden Optimierung des Budgets fehlen solche automatisierten Lösungen. Werbetreibende und ihre Dienstleister gehen hier meist noch manuell an die Sache heran. Einige Synergien zwischen den Kanälen lassen sich jedoch relativ schnell identifizieren: Wirkt beispielsweise ein Keyword im Search Engine Advertising (SEA) nachweislich gut, bietet es sich an, es mithilfe von Search Engine Optimization (SEO) kostengünstiger zu machen. Insgesamt ist in diesem Bereich das Optimierungspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft.
Königsweg Customer Journey: Kundensicht erleichtert Optimierung
Der Königsweg zur effektiven Optimierung des Budgets ist die Analyse der Customer Journey. Wer genau weiß, über welchen Weg ein Kunde zum Unternehmen gelangte, wo der Erstkontakt stattfand und an welchem Punkt er reagierte, kann seine Anstoßketten entsprechend anpassen. Erst die Analyse der Customer Journey offenbart, welche Rolle welcher Kanal für den Werbeerfolg tatsächlich spielt und welcher Wertbeitrag ihm zuzumessen ist.
Uni-Studie belegt: Intelligente Kanalwahl steigert die Conversion Rate
Dieser Fragestellung ist Prof. Dr. Jan Hendrik Schumann, Juniorprofessor für Marketing an der Technischen Universität München, in einer aktuellen Untersuchung nachgegangen. Gemeinsam mit Prof. Dr. Florian von Wangenheim und Sebastian Klapdor vom Lehrstuhl für Dienstleistungs- und Technologiemarketing der TU München analysierte Schumann 1,6 Millionen Customer Journeys: Die Wissenschaftler klassifizierten die Online-Werbekanäle nach der primären Nutzerintention in Informations- und Navigationskanäle. Als Informationskanäle gelten unter anderem Affiliate-Netzwerke und Werbebanner auf beliebten Websites, wie etwa Chefkoch.de, Spiegel Online oder GMX. Zu den Navigationskanälen zählt Schumann zum Beispiel Google, Yahoo und E-Mail-Newsletter.
Ein Kernergebnis:Wechselt ein Konsument von einer Werbung in einem Navigations- zu einer Werbung in einem Informationskanal – also etwa von einer Keyword-Anzeige auf Google auf ein Banner bei Chefkoch.de –, dann erhöht sich die Reaktionswahrscheinlichkeit auf Online-Werbung signifikant. „Die Conversion Rate steigt um 350 Prozent, wenn User nach einer Werbung auf Navigationskanälen auf Werbung auf Informationskanälen reagieren“, berichtet Schumann. Diese enorme Steigerung sei ein Hinweis darauf, dass der Nutzer den Werbetreibenden in sein „Consideration Set“ einbezogen habe. Die 350-prozentige Steigerung der Conversion Rate gilt für Neukunden – bei Bestandskunden schnellt die Conversion Rate beim Wechsel vom Navigations- zum Informationskanal sogar um 1150 Prozent in die Höhe. Das zeigt, dass die Werbepräsenz auf den Navigationskanälen essenziell ist.
Schumann rät allen Werbetreibenden zu einer „integrierten Betrachtungsweise des Users über alle Kanäle und entlang der Customer Journey“ und zu einer akribischen Planung und Zielgruppenansprache in der Multi-Kanal-Werbung.
Die Vision: ein geschlossener Wirkungskreis
Ohne Zweifel besteht der Bedarf an einer vollständig automatisierten Technologielösung, die die Online-Werbemaßnahmen kanalübergreifend unter Einbezug von Daten aus der Customer Journey analysiert und die Budgetallokation optimiert. Um eine solche Technologie auf den Weg zu bringen, gilt es aber, einige Hindernisse zu überwinden: Noch immer sind nicht alle Marktteilnehmer und Kanäle lückenlos messbar; die Zuordnung der Mediakosten zu den quantitativen Messdaten ist nach wie vor aufwendig; die Analyse der Customer Journey und somit der daraus resultierende Forecast benötigt Datenbanken und Algorithmen sowie eine intelligente Software, die den entsprechenden Budgetshift automatisiert ableitet und Kampagnenparameter anpasst. Derzeit arbeiten viele Dienstleister – von Tracking-, Adserver- und Bid-Management-Anbietern bis hin zu Performance-Marketing-Agenturen – mit Hochdruck an entsprechenden Lösungen.
Bis zu deren Marktreife bleibt die optimale und vollautomatisierte Budgetallokation über die verschiedenen Kanäle eine Herausforderung. Hier schlummern also noch erhebliche Potenziale. Die Vision ist ein geschlossener Wirkungskreis, der alle Kanäle vom Tracking über Daten-Storage bis hin zu Analyse und Forecast einheitlich betrachtet und mithilfe tagesaktueller, automatisierter Reportings für eine effiziente und effektive Budgetallokation und die Anpassung der Kampagnenparameter sorgt.