Responsys ist ein Anbieter von E-Mail– und kanalübergreifenden Marketing-Lösungen. Zusammen mit seinen Kunden hat das Unternehmen einen sogenannten „New School Marketing“-Ansatz entwickelt und möchte Marketer dabei unterstützen, sich vom Kanaldenken zu verabschieden. Sebastian Fleischmann, Area Sales Manager für die DACH-Region, ist sich sicher: Die Zukunft von Display hat begonnen. Und die sieht aus seiner Sicht etwas anders aus, als klassische Online-Vermarkter sie sich erträumen. Adzine hat nachgefragt.
Adzine: Herr Fleischmann, auf der diesjährigen E-Mail-Expo in Frankfurt referierten Sie zur Zukunft von Display-Werbung im Internet – ein Thema, das man auf einer E-Mail-Marketing-Messe nicht unbedingt erwarten konnte ...
Sebastian Fleischmann: Ja, das ist richtig. Wir haben ganz bewusst nicht „E-Mail-Marketing“ in unsere Vortragsheadline geschrieben. Denn wir sind überzeugt, dass Werbungtreibende in Zukunft kanalübergreifend denken und handeln müssen, auch die heutigen E-Mail-Marketer. Dazu sind kanalübergreifende Marketing-Strategien nötig, Display ist dabei ein wichtiger Touchpoint zum Online-Nutzer. Es ist also auch für heutige E-Mail-Marketer wichtig, über den eigenen 'Tellerrand' zu schauen. Denn insbesondere die E-Mail-Marketing-Manager können mit ihren bestehenden Marketingprogrammen und -kampagnen bessere Resultate erzielen, wenn sie mit Display einen zusätzlichen Touchpoint in ihre Kommunikationsstrecke einbauen. Dieses Umdenken setzt gerade ein. Vor allem im Display-Relationship-Retargeting sehen wir großes Potenzial.
Adzine: Das müssen Sie bitte kurz erläutern …
Fleischmann: Display-Relationship-Retargeting ist eine Weiterentwicklung der Display-Werbung mit eindeutigem Relationship-Charakter. Diese Form der Display-Werbung ist vor allem für das Bestandskundenmarketing interessant, weil Unternehmen heutzutage in der Lage sind, Zielgruppen auf Basis eigener CRM-Daten festzulegen und Display-Werbung entsprechend zu personalisieren. Es ist damit eine Weiterentwicklung des klassischen Retargetings. Während Display früher ein reiner Akquise-Kanal war, kann es nun auch für das Relationship-Marketing eingesetzt werden.
Adzine: Aber Personalisierungen sind aus Datenschutzsicht immer heikel. Glauben Sie, dass sich personalisierte Display-Werbung durchsetzt?
Fleischmann: Ja, denn als reines Akquise-Instrument ist Display-Werbung ausgereizt. Es sollte ja auch keine direkte persönliche Ansprache in der Display-Werbung stattfinden. Im Gegenteil. Wichtig ist die Ausspielung individueller Inhalte und Informationen, die auf die Person zugeschnitten sind. Die Basis dafür sind CRM- und verhaltensbasierte Daten. Auch dafür braucht man selbstverständlich das Einverständnis der Nutzer.
Adzine: Wie bekommt man das?
Fleischmann: Idealerweise holt man sich von den Nutzern nicht nur ein Opt-in für das E-Mail-Marketing, sondern lässt bei dieser Gelegenheit in eine kanalübergreifende Kommunikation einwilligen. Dieses Einverständnis kann zum Beispiel auf der eigenen Homepage oder im Bestellformular eines Online-Shops eingeholt werden.
Adzine: Ist Display-Relationship-Retargeting immer an den Kanal E-Mail gekoppelt oder kann es auch losgelöst davon eingesetzt werden?
Fleischmann: Mit unserer Plattformtechnologie ist beides möglich. Entweder man analysiert im Rahmen einer E-Mail-Kampagne das Benutzerverhalten und reagiert mit Display-Werbung auf das gezeigte Verhalten. Oder man umwirbt mit Display-Ads zum Beispiel nur jene, die nicht auf die E-Mail-Kampagne reagiert haben. Die dafür nötigen Kundendaten bringt das Unternehmen ein. Wenn wir unsere Cross-Channel-Marketing-Plattform für Kunden aufsetzen, spielt im ersten Schritt daher die Datenintegration eine zentrale Rolle. CRM-Daten, Data-Warehouse-Daten, aber auch verhaltensbasierte Daten von Webanalyseanbietern müssen ins System einfließen.
Adzine: Wo und wie werden die Display-Kampagnen ausgeliefert?
Fleischmann: Wir geben die vom Kunden gewählten Zielgruppen automatisiert an Ad Networks weiter, diese übernehmen die Auslieferung der Display-Ads.
Adzine: … Realtime oder klassisch?
Fleischmann: Die Kampagnen werden ausschließlich via Realtime-Bidding ausgespielt.
Adzine: Warum?
Fleischmann: Wir sind davon überzeugt, dass ein Marketer nicht mehr entscheiden sollte, ob und wie eine Kampagne gestartet wird. Diese Entscheidung sollte besser automatisiert getroffen werden und auf den Kundendaten und dem Kundenverhalten basieren. Das Kundenverhalten wird künftig die Marketingaktion auslösen – und zwar in Echtzeit. Das ist aus unserer Sicht die Zukunft in der digitalen Werbung. Daher erfolgt die Aussteuerung der Display-Kampagnen unserer Cross-Channel-Plattform ausschließlich via Realtime-Bidding. Damit folgen wir gleichzeitig einem Kerngedanken des „New School Marketing“-Ansatzes, den wir gemeinsam mit unseren Kunden entwickelt haben. Die rasante Entwicklung der RTB-Engines innerhalb der letzten zwei Jahre hat es erst möglich gemacht, dass Display-Werbung heute für das Relationship-Marketing genutzt werden kann. Unternehmen möchten die Empfänger ihrer Botschaften in Echtzeit ansprechen und dabei selbst entscheiden, wie viel ihnen die Werbeeinblendung für den jeweiligen Nutzer wert ist. Dieser Wunsch wird von Kunden immer öfter an uns herangetragen.
Adzine: Aber wie steht es dabei mit der Brand-Safety?
Fleischmann: Marken können auch im Realtime-Bidding unerwünschte Umfelder für ihre Marketingprogramme von vornherein ausschließen. Zum anderen empfiehlt es sich, auch hier mit Frequency Caps zu arbeiten. Denn die Retargeting-Komponente funktioniert ja ganz klassisch – via Cookie.
Adzine: Setzen Ihre Kunden Display-Relationship-Retargeting schon ein?
Fleischmann: Für die Neukundengewinnung ist es nicht geeignet. Es ist ausschließlich ein Thema für das Bestandskundenmarketing. Unsere Kunden nutzen dieses Relationship-Retargeting in erster Linie, um ihre Cross-Channel-Marketing-Programme zu erweitern. Das heißt, sie haben in der Regel bestimmte, automatisiert ablaufende Marketingprogramme rund um den Kundenlebenszyklus im Einsatz. Mit Display kommt nun ein weiterer Kanal hinzu. Entweder dient Display dazu, die Reichweite zu vergrößern oder Zielgruppen anderes zu selektieren.
Adzine: Es handelt sich dabei also nicht um klassisch eingebuchte Kampagnen, sondern um automatisierte Marketingprogramme?
Fleischmann: Ja. Marketingprogramme sind mehrstufige automatisierte Dialoge, keine einzelnen Kampagnen. Sie funktionieren ähnlich wie die bekannten Trigger-E-Mails im E-Mail-Marketing. Entlang des Kundenlebenszyklus gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für automatisierte Kampagnen – von der Bekanntheitssteigerung neuer Produkte über die Kundenreaktivierung und -rückgewinnung bis hin zu Cross- und Upselling-Maßnahmen.
Adzine: Die großen Vermarkter sehen die Zukunft von Display eher in der Exklusivität und in großen Branding-Kampagnen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
Fleischmann: Branding ist sicherlich ein wachsendes Einsatzgebiet für Display-Ads. Aber nicht alle Unternehmen haben die Möglichkeit, exklusiv und großflächig zu werben. Im klassischen Display-Advertising liegt die Conversion Rate bei 2-3 Prozent. Aber was passiert mit den restlichen 97 Prozent Traffic, der ja mitbezahlt wird? Wir glauben, dass automatisierte Performance-Kampagnen dank immer besserer Technik stark zunehmen werden. Der Display-Kanal wird sich dabei weiter wandeln – vom reinen Akquisekanal hin zu einem Kanal für das Relationship-Marketing.
Adzine: Wie weit ist dieser Prozess in Deutschland schon fortgeschritten?
Fleischmann: Es gibt viele Unternehmen, die von einer Multi-Channel-Strategie sprechen und es in Ansätzen auch umsetzen. Die Kombination von zwei Kanälen ist schon ab und an sichtbar, aber drei oder vier Kanäle zu kombinieren, ist ebenso selten wie eine einheitliche Digitalstrategie. Aber auch wenn es für eine praktische Umsetzung im großen Stil sicher noch eine gewisse Zeit braucht – in den Gedankenspielen der Marketer ist das kanalübergreifende Denken schon sehr präsent.
Adzine: Herr Fleischmann, vielen Dank für das Gespräch!
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