Ein Ziel, unterschiedliche Schlagwörter! Wir von der Online-Werbeindustrie sprechen und schreiben Fachbeiträge über Multi-oder Cross-Channel-Analyse, Multi- oder Cross-Channel-Tracking oder über die Customer Journey. Auch wenn dies leicht unterschiedliche Begriffe sind, wollen wir alle im Endeffekt nur auf ein Kundenziel hinaus: die Feststellung eines passenden Attributionsmodells.
Attributionsmodell, was heißt das? Jedem individuell beteiligten Touchpoint – sei dieser online oder offline – auf dem Weg zur Konversion wird abhängig von der Reihenfolge und des zeitlichen Verlaufes ein bestimmter Umsatzwert zugeordnet, um diesen dann unter der Berücksichtigung der jeweiligen Kosten einer ROI-Betrachtung zu unterwerfen. Bei einer gewissen Quantität von konvertierenden Nutzern ist man dann in der Lage, ein Verlaufsmuster zu erkennen und so Kampagnen zielgerichteter und unter Gesamt-ROI-Gesichtspunkten auszusteuern.
Dies klingt jetzt ziemlich abstrakt und auch komplex und zumindest Letzteres ist es auch. Zumal immer noch ein Teil der Analysen auf nicht beeinflussbaren Faktoren beruhen kann (kurzfristiger Imagewechsel, Websiteperformance, neurologische Aspekte u. Ä.). Doch wie kommen Sie als Werbungtreibender nun zu einem Attributionsmodell?
Fangen wir also mit dem Einfachsten an: Inzwischen sollte es jedem Marketingverantwortlichen klar sein, dass Websiteziele genauso wie andere Unternehmensziele messbar gemacht werden müssen. Diese Websiteziele – wie zum Beispiel der Verkauf, Bewerbung, Newsletter, ein Download – werden in fast allen Fällen nicht in einem einmaligen Websitekontakt erreicht; sondern abhängig von vielen Faktoren, wie z. B. Preis und Komplexität, zieht sich dieser Prozess über mehrere Tage bzw. Wochen hin. Dabei haben die unterschiedlichsten Werbemittelkanäle auf die Konversionsentscheidung Einfluss. Diese Werbemittelkanäle sind neben den bekannten Online-Kanälen, wie natürliche Suche, bezahlte Suche, Newsletter, Banner, Banner Views, Twitter, Facebook, Affiliatekampagnen, auch Offline-Kanäle, wie TV, Radio, Zeitungsanzeigen, Plakate etc. Aber auch Image, Markenbekanntheit, Freundeskreis u. Ä. spielen eine Rolle.
Wir haben jetzt also das Wissen, dass viele Trafficquellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und unterschiedlichen Kosten verantwortlich für das Erreichen eines Nutzers zu einem Websiteziel sind. Demzufolge ist eine einheitliche Verfolgung dieses Nutzers unerlässlich. Wir sprechen hier von einem einheitlichen Tracking.
Was bedeutet dies? Der individuelle Nutzer wird mittels Cookie und/oder Fingerprint einmalig definiert. Übergreifend können die Daten des auf der Website eingeloggten Nutzers anonym in speziellen Freifeldern abgespeichert werden. Diese Daten dienen so als Basis für eine einheitliche Zuordnung.
Nun sollten Sie darauf achten, dass alle Online-Marketing-Kampagnen über eine Trafficquellenzuordnung mittels Parameter erfolgen kann. Somit sind jetzt alle Online-Kampagnen schon mal erfasst. Über Uploads oder API-Schnittstellen werden Kosten der Suchmaschinen pro Keyword, Bannerkampagnenkosten, Affiliatevergütungen usw. in eine spezielle Softwareplattform für kanalübergreifendes Tracking hochgeladen und zugeordnet.
Des Weiteren werden auch Daten von Offline-Kampagnen mit in die Plattform eingebunden. Nun liegt es an Ihnen, Möglichkeiten zu finden, wie Offline-Daten in den Konversionsverlauf eines einzelnen Nutzers integriert werden können. Bei TV- und Radio-Spots, deren Sendezeiten in die Plattform überspielt werden, können alle Besucher Ihrer Website, die bis zu fünf Minuten (frei definierbar) nach einem Spot über Direkteinstieg oder Markensuchbegriffen bzw. -Keywords oder einer entsprechenden Kampagnen-URL auf die Website gelangen, zusätzlich mit einer speziellen ID in einem Freifeld markiert und abgespeichert werden. Somit werden auch diese Offline-Trafficquellen im Attributionsmodell berücksichtigt.
Ähnliches können Sie auch mit Direktmailingkampagnen machen, indem Sie z. B. die Zeit, den Log-in-Status und speziell für diese Kampagne vergebene Merkmale wie Couponcode als Zuordnungskriterium definieren und abspeichern. Wichtig ist in beiden Fällen, dass allen vorigen und nachfolgenden Trafficquellen, die der Nutzer verwendet hat oder verwenden wird, diese Informationen (spezielle IDs) aus dem TV-/Radio-Spot bzw. Direktmailing im einheitlichen Tracking mitgegeben und damit übergreifend erkannt und erfasst werden.
Wir haben jetzt also Daten aus allen Online-Kampagnen, Daten aus zuordnungsbaren Offline-Kampagnen, Kostenimporte sowie weitere berechenbare Freifelder (wie etwa den Deckungsbeitrag) in einer Softwarelösung. Diese Lösung kann Ihnen jetzt sehr schön aufzeigen, welche Trafficquelle an welcher Position im Zusammenspiel mit welchen anderen Trafficquellen gut funktioniert hat und wo nicht. Dies ist für mich Cross-Channel-Reporting bzw. -Analyse!
Das i-Tüpfelchen fehlt allerdings noch. Nun sollte eine Softwareplattform Ihnen auch erlauben, diese zeitlichen und kostenmäßigen Zusammenhänge mit einem frei zu definierenden Attributionsmodell darzustellen und als Ausgangsbasis für zukünftige Kampagnen zur Verfügung zu stellen. Leider bieten hier die ohnehin nur wenigen Softwarelösungen meistens nur Standardverteilungen an. Mit Standardverteilungen meine ich neben unsäglichen „First Click wins“- oder „Last Click wins“-Modellen auch die gleichmäßige Verteilung in stufenform, aufsteigende oder absteigende Modelle oder auch unterschiedliche Badewannenmodelle.
Individuelle und damit auch der Realität am nächsten kommende Attributionen erfordern aber flexiblere Einstellungen, beispielsweise eine geringere Zuordnung bei der Verwendung von Markensuchbegriffen bzw. -Keywords unabhängig vom zeitlichen Einsatz, Unterscheidungen in Content-Affiliates vs. Gutschein-Affiliates, spezielle Verteilungen bei Produktgruppen, die für den Deckungsbeitrag entscheidend sind, oder auch die Berücksichtigung von Spezialkampagnen zu bestimmten Jahreszeiten und Anlässen. Hier trennt sich dann meist die Spreu vom Weizen.
Auf was sollten Sie noch achten? Je individueller und detaillierter ein Attributionsmodell erstellt werden kann, desto komplexer ist die Einstellung dieser Software. Es werden Experten hierfür benötigt. Dieses Spezialwissen sollte nicht nur in-house aufgebaut werden, sondern dieses Wissen sollte auch vom Softwareanbieter als Service & Consulting genutzt werden.
Sie sehen, für die Erstellung eines Attributionsmodells wird einmalig Zeit, Know-how und Geld benötigt; ein permanentes Einsetzen, Überprüfen und an Stellschrauben drehen, sollte dann auch noch folgen. Leider hapert es da sogar schon in der permanenten Analyse von „normalen“ Webanalyse-Daten, wie gerade eine Studie von Net Impact herausgefunden hat.
Was Sie als Werbungtreibender meiner Meinung nach nicht tun sollten, ist eine Softwarelösung einer Agentur zu nehmen. Zwar werden die eben genannten Anforderungen sicherlich besonders gut erfüllt, allerdings machen Sie sich mit der Übernahme einer Agentursoftware in unternehmenskritische Prozesse und Modelle mehr oder weniger komplett abhängig von dieser Agentur, sodass ein etwaiger Agenturwechsel nur noch mit großem Aufwand möglich sein wird. Obwohl das gesamte Thema noch sehr neu in der Praxis ist, können wir bei DC Storm doch erkennen, dass eine Dreiecksbeziehung zwischen Endkunden, Agentur und Softwareanbieter oder gar eine Direktbeziehung zwischen Softwareanbieter und Endkunde seine Vorteile hat.
Lückenlose Attributionsmodelle sind also schwer zu erstellen, da sie ein einheitliches Tracking erfordern und neben einer Kostenerfassung aller Marketingkanäle, Nutzerzuordnungsoptionen von Offline-Kampagnen voraussetzen. Dafür braucht es wiederum eine Softwareplattform, die frei berechenbare Felder anbietet und in der Analyse über die bekannten Standardmodelle hinausgehen kann. Gehen Sie also dieses Thema nun an und lassen Sie sich von Profis auf dieser Reise begleiten!
Über den Autor:
Jens Maurer arbeitete mehrere Jahre für auf Web Analytics spezialisierte Unternehmen, ehe er zum Geschäftsführer der auf Multi-Channel-Tracking, Attributionsmodelle und Container-/Master-Tag spezialisierten Firma DC Storm Deutschland GmbH berufen wurde. Er hat in dem 2008 erschienenen Buch "The Art Of Webanalytics" (O’Reilly-Verlag) als Fachlektor mitgewirkt und für das BIEG Hessen Ende 2009 den „Leitfaden Web Analytics“ geschrieben. Im letzten Jahr war er einer der Autoren für den Leitfaden Online Marketing, Band 2.
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