Ob Berlin wirklich das europäische „Silicon Valley“ ist, sei dahingestellt. Fakt ist, dass die Hauptstadt eine Magnetwirkung vor allem auf junge Leute, junge Unternehmen und Investoren hat – und in der Hauptstadt das Thema „Mobile“ Zugpferd für Deutschland ist. Eines der neuen Vorzeigeunternehmen für „Mobile Advertising“ ist das Unternehmen Trademob. Adzine sprach mit Geschäftsführer Ravi Kamran.
Adzine: Herr Kamran, so wirklich selbsterklärend ist der Name „Trademob“ nicht. Was verbirgt sich hinter dem Namen? Eigentlich ist das doch eher ein Tracking- und Analysetool und keine „Ad Trading“-Tool? Für wen ist Trademob?
Ravi Kamran: Der ursprüngliche Gedanke hinter dem Namen hat tatsächlich mit Handel zu tun. Und zwar damit, dass Werbeflächen in mobilen Applikationen und auf mobilen Websites immer mehr getradet, d. h. gehandelt werden. Unternehmen, die ein Produkt oder Service mobil bewerben möchten, müssen Werbeflächen einkaufen. Natürlich möchten sie am liebsten nur wertvolle Werbeflächen kaufen, die die jeweilige Zielgruppe ansprechen und damit zu guten Conversion Rates führen. Da es aber nur begrenzt Angebot, d. h. Inventar an solchen wertvollen Werbeflächen gibt, werden die Flächen unter den Käufern gehandelt. Trademob aggregiert die mobilen Werbenetzwerke, die wiederum die Werbeflächen anbieten, und schaut über alle Netzwerke hinweg, welche sich für unsere Kunden lohnen und für welche Werbefläche wie viel geboten werden sollte. So kann ein Klick oder eine Impression 5x mehr wert als eine andere sein.
Es fing mit Impressionbuchungen, bei denen man sagte: „Ich kaufe per TKP ein an.“ Darauf folgte der Einkauf von Klicks. Dann haben viele versucht, möglichst günstige CPDs zu erhalten. Jetzt ist den meisten klar geworden, dass entscheidend ist, viele aktive Nutzer zu gewinnen und nicht nur tote Downloads.
Adzine: Trademob wirbt damit, den Kunden aktive Nutzer zu bringen. Was ist ein „aktiver Nutzer“?
Kamran: Den „aktiven Nutzer“ definiert jeder Advertiser selbst. Wir setzen zwar eine Basisdefinition an – nämlich ein aktiver Nutzer ist ein Nutzer, der die App mindestens dreimal geöffnet hat –, die meisten Advertiser haben allerdings eigene Ziele, die ihnen wichtig sind. Ein Couponing-Anbieter will so viele Coupons wie möglich verkaufen, ein Hotelanbieter so viele Hotelbuchungen usw. Somit sind deren aktive Nutzer diejenigen, die Coupons kaufen oder ein Hotel buchen.
Adzine: Wie erhalte ich mehr Downloads für meine App, welche Möglichkeiten kennen Sie? Wie setze ich als Kunde Ihr Tool ein?
Kamran: Über unsere Tracking-Technologie können wir messen, welche eingekaufte Werbefläche hinterher zu einem Download und weiteren In-App-Conversions geführt hat. Und das über alle Werbenetzwerke hinweg. Bisher mussten Advertiser immer wieder einen neuen Codeschnipsel (SDK) von jedem Werbenetzwerk in ihre App einbauen – was bei Apps bedeutet, es muss nach jedem solchen Einbau eine neue Version im App-Market hochgeladen werden. Trotz dieses Aufwands konnten Advertiser nach wie vor nur die Anzahl der erreichten Klicks und evtl. noch Downloads messen. Ein Download bedeutet jedoch meist noch keinen Umsatz – ob sich eine mobile Werbekampagne rentiert hat, wussten die Advertiser also nach wie vor nicht.
Adzine: Und jetzt wissen sie’s?
Kamran: Ja. Unser Tracking misst neben den Downloads auch, welche Aktionen nach einem Download generiert wurden. Wir messen also, welche gekaufte Werbefläche einen aktiven Nutzer gewonnen hat. Nur die Zahl der Downloads zu maximieren reicht nicht aus – wir gehen einen Schritt weiter.
Adzine: Und was heißt das?
Kamran: Um bei unserem vorherigen Beispiel mit dem Couponing und den Hotels zu bleiben: Wir tracken, wie viele Coupons der Nutzer nach dem App-Download gekauft hat und wie viele Hotelreservierungen/-buchungen getätigt wurden. Diese Zahlen bedeuten Umsatz für den Advertiser – er kann so ausrechnen, ob sich der Preis, den er für die Werbefläche und somit für den Nutzer bezahlt hat, rentiert hat. Denn darum geht es letzten Endes – der Umsatz wird nach dem Download generiert. Gaming-Anbieter verkaufen virtuelle Items, Verlage Abos für Zeitungen und Zeitschriften.
Adzine: Aber was ist mit den ganzen Apps, die kostenpflichtig sind und schon beim Download Umsatz bringen?
Kamran: In diesem Fall reicht natürlich der Download. Es gibt jedoch einen klaren Trend in Richtung Freemium, das heißt man bietet kostenlose Apps mit zusätzlichen Premiumprodukten an, die Geld kosten. Mit einer Free-App erreicht ein Advertiser zehnmal mehr Nutzer, als wenn die App kostenpflichtig ist. Wenn die In-App-Produkte für die Nutzer interessant sind, sind sie auch bereit, dafür zu zahlen. So kann also eine App im Idealfall sehr gut monetarisiert werden. Schon heute wird die Hälfte der Einnahmen im App Store über In-App-Purchases generiert.
Adzine: Das heißt, viele Downloads machen für die meisten keinen Sinn?
Kamran: Doch, Downloads sind jedoch immer nur der erste Schritt. Entscheidend ist, dass auf Dauer viele aktive Nutzer gewonnen werden. Um sich zum Start einer App einer breiten Masse bekannt zu machen, kann eine Platzierung im Ranking Sinn machen.
Über das Ranking stechen neue Apps den Nutzern schnell ins Auge. Das Ranking im iOS Appstore definiert sich über die Anzahl der Downloads – hier können viele Downloads daher sehr wichtig sein. Da wir bei Trademob alle relevanten Werbenetzwerke aggregieren, können wir mit der enormen Reichweite eine App sehr schnell mit vielen Downloads ins Ranking pushen. Im zweiten Schritt muss es aber immer um die aktiven Nutzer gehen.
Die Advertiser möchten natürlich oben in den Rankings bleiben – das kostet jedoch Geld. Die wenigsten Apps sind so viral, dass sie sich erfolgreich von selbst verbreiten. Zumeist muss kräftig nachgeholfen werden. Die Frage, die sich somit stellt, lautet: „Lohnt sich die Investition?“ Das wiederum kann man nur ausrechnen, wenn man die Aktivität der neu gewonnenen Nutzer und die generierten Umsätze berechnen kann und das in Beziehung zu dem monetären Aufwand setzt, den man betreibt, um im Ranking zu bleiben.
Adzine: Somit liegt eine weitere Kernkompetenz von Trademob darin, Kunden sowohl ins Ranking zu bringen als auch zu berechnen, ob und inwieweit sich das lohnt?
Kamran: Stimmt genau! Und wir gehen noch einen Schritt weiter: Nachdem wir wissen, wo es sich lohnt zu investieren und wo nicht, werden diese Informationen natürlich genutzt und damit der Mediaeinkauf laufend optimiert. So können wir den Return of Investment der Kampagne für unsere Kunden maximieren.
Adzine: Hört sich einfach an, scheint aber doch komplexerer Natur zu sein.
Kamran: So ist es. Viele Advertiser, die auch noch ein Online-Produkt haben und Mobile hinzunehmen, stehen auf einmal vor der Herausforderung neben dem weiten Feld Online-Marketing sich jetzt auch noch um Mobile-Marketing zu kümmern. Wir nehmen den Advertisern diesen Teil ab und unterstützen diese mit unseren Kernkompetenzen in Sachen Mobile.
Adzine: Wie viele Ad Networks sind bei Ihnen angeschlossen? Und: Sind die für Deutschland überhaupt relevant?
Kamran: Wir haben verschiedene Integrationen von Ad Networks, die bei uns angeschlossen sind. Darunter sind weltweit bekannte wie AdMob, Smaato, iAD und InMobi, mittelgroße wie Adfonic und Mojiva, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, und natürlich viele kleine nationale Ad Networks. Die großen Advertiser stürzen sich auf die großen Ad Networks und übersehen, dass auch die kleineren sehr gute Dienste leisten. Wir versuchen, das so weit wie möglich auszugleichen, und kaufen dort ein, wo der Traffic zu den günstigsten Preisen verfügbar ist – das ist oftmals bei kleineren regionalen und Nischen-Ad-Networks der Fall. Mindestens ebenso wichtig ist allerdings, dass man die vielfältigen Einstellungen der Mobile Ad Networks geschickt nutzt und ständig anpasst, um die Zielgruppe immer besser zu treffen.
Adzine: Mobile hat keine nationalen Grenzen. Können Sie ein Beispiel nennen?
Kamran: Als Beispiel kann man eine international erfolgreiche Jogging App von einer Firma aus Spanien nehmen, die über ein indisches Werbenetzwerk vermarktet wird. Hier ist der französische und deutsche Traffic sehr gut, weil die App in diesen Ländern besonders gut von den Usern genutzt wird.
Adzine: Sind die meisten Advertiser Game Publisher? Welche App-Themen werden in Deutschland ebenfalls gern beworben?
Kamran: Games sind natürlich der größte Treiber in der App-Welt – und auch die größte Branche, die Apps entwickelt und nutzt. Das liegt daran, dass die Spieleentwickler die „Frontrunner“ sind. Dahinter stecken häufig Marketingunternehmen, die via Game-Apps ihre Produkte verkaufen. Andere Branchen wie Tourismus holen aber auf und werden überproportional wachsen.
Adzine: Einer Ihrer Investoren ist Tengelmann. Wie ist Tengelmann auf Trademob aufmerksam geworden? Welche weiteren Investoren haben Sie?
Kamran: Wir haben zwei große Investoren: den HTGF Gründerfonds und Tengelmann. Letztere haben einen starken Fokus auf E-Commerce und sehen, dass M-Commerce immer wichtiger wird. Das zeigen auch die Verkäufe via iPad und Tablets.
Adzine: Trademob wurde Ende 2010 gegründet. Warum musste es Berlin sein?
Kamran: Berlin ist das Silicon Valley in Europa, es hat eine unglaubliche Magnetwirkung und nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Darüber hinaus ist die Mobile-Szene fest in Berlin verankert. Berlin zieht international die besten Köpfe an und davon profitieren die Unternehmen vor Ort. Ich bin zwar in Hamburg aufgewachsen, habe in Frankfurt/Main Abitur gemacht und in Vallendar studiert, aber Start-ups – das geht am besten in Berlin.
Adzine: Wir danken für das Gespräch und freuen uns auf die Bayern, wenn diese den nächsten Länderfinanzausgleich kommentieren.