Durch die neue personalisierte Suche von Googles „Search, plus Your World“ könnte Suchmaschinenoptimierung in Zukunft weniger eine Frage der richtigen Technik als vielmehr eine Frage des gekonnten Beziehungsmanagements sein. Aktuell steht die persönliche Google-Suche nur den Google.com-Nutzern zur Verfügung. Doch der Suchmaschinenanbieter wird seine neuen Funktionen sicherlich schnell auf andere Länder und Sprachen übertragen. Dann gilt auch hierzulande: SEO wird zu Politik.
Wichtige SEO-Erkenntnisse sowohl für die Suche innerhalb von Google+ als auch für die Suche in Google wurden uns in den letzten Tagen in wunderbar aufgearbeiteter Form im Blog von AJ Kohn präsentiert. In einer freien Aufarbeitung dieses Artikels werde ich im Folgenden eines der interessantesten neuen Features von „Search, plus Your World“ besonders, aber nicht ausschließlich aus SEO-Sicht vorstellen: „People & Pages“.
People and Pages
Dieses Feature ist Googles Versprechen, Menschen und Seiten zu zeigen, die sozusagen „aus sich heraus“ die Suchintention erfüllen: Deren Tun und Interessen tatsächlich dem entsprechen, wonach man sucht. Suche ich z. B. nach „Onlinemarketing“ sollen mir nun nicht mehr Treffer geliefert werden, allein aufgrund dessen, dass die Seite auf diesen Suchbegriff hin optimiert ist. Vielmehr werden mir jetzt „People and Pages“ vorgestellt, die etwas zum Thema beigetragen haben – durch Content und Beziehungen. Letzteres scheint dabei generell zum wichtigsten Gütekriterium für die personalisierte Google-Suche zu werden. Kreise werden zum sozialen Marker. SEO wird so zu Beziehungsmanagement.
Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie man in People and Pages zu einem bestimmten Thema gelistet wird. Ein wichtiger Schritt ist die Keyword-Optimierung der eigenen Seite. Die wichtigsten Bereiche für relevante Keywords sind logischer Weise der Infobereich der Google+-Seite. Hier ein Beispiel aus unserer eigenen, gerade eingerichteten Seite (man erkennt wohl, worauf es uns ankam. ;)).
Warum ist das so logisch? Google will Personen und Seiten liefern, deren Interessen und Schwerpunkte zum Suchbegriff passen. Die Interessen und Tätigkeitsbeschreibungen finden sich in eben diesem Infofeld (bei Personen sind das die Felder „Intro“ und „Beruf“) oder sollten sich aus SEO-Sicht dort befinden. Weiterhin ist es wichtig, das Adressfeld vollständig auszufüllen. Ob die Seite eine Anfrage für eine bestimmte Tätigkeit an einem bestimmten Ort erfüllt, wird aus dem Info- und dem Adressfeld ausgelesen.
Bis hierhin unterscheidet sich die Optimierung einer Google+-Seite nicht wesentlich von der Optimierung einer Website für die normale Google-Suche. Keywords spielen hier wie da eine gewichtige Rolle. Ist die Konkurrenz innerhalb von G+ noch nicht allzu groß – wie in unserem Fall für die Suchanfrage „Internetagentur Bremen“ –, reicht Keywordoptimierung auch völlig aus, um uns in den erlesenen Kreis der ersten vier Treffer unter People und Pages zu bringen.
Eine besondere Schwierigkeit für Unternehmensseiten zeichnet sich bereits an diesem Beispiel ab: People werden gegenüber Pages, Menschen gegenüber Unternehmen bevorzugt.
Die Politik
Neben den Keywords spielen noch zwei wichtige Faktoren in das Ranking, die weniger technisch als vielmehr sozial anzugehen sind. Zum einen ist festzuhalten, dass verifizierte Seiten gegenüber nicht verifizierten Seiten bevorzugt werden. Eine Verifizierung der eigenen Google+-Seite ist nicht schwer zu initiieren, aber schwer zu Ende zu bringen. Technisch genügt es bereits, dass die Google+-Seite mit der eigenen Unternehmenswebsite verbunden wurde. Dazu müssen die Seiten einfach gegenseitig verlinkt werden. Um aber wirklich verifiziert zu werden, muss die Unternehmensseite auf Google+ noch eine kleine Bedingung erfüllen: sie muss in den Kreisen von mindestens 1.000 Usern sein. Gerade für kleine oder stark spezialisierte Unternehmen wird das zu einer langfristigen Aufgabe. Einer der Meilensteine bei der Optimierung der Google+-Seite wird also die Namensverifikation sein.
Wichtig sind zudem der Grad und die Art der Vernetzung innerhalb von Google+. Seiten werden danach gewichtet, wie beliebt sie sind – d. h. nach der Anzahl der Personen, welche die Seite in ihren Kreisen führen und wie relevant sie vernetzt sind. Um beim Suchbegriff „Social Media Marketing“ als relevant erkannt zu werden, muss ich unter anderem in den Kreisen von Personen sein, die unter diesem Suchbegriff ebenfalls als wichtig gelten: In den Kreisen von Max Mustermann zu sein, ist zwar sehr erfreulich. Aus SEO-Sicht muss ich aber in den Kreisen von Brian Solis sein, um mein Ranking zu verbessern. Hier wird SEO zu Beziehungsmanagement.
Ein Betaproblem?
„Search, plus Your World“ ist – gegeben die Userzahlen für Google+ steigen deutlich – eine Neuerung, die zu einer kleinen Revolution im Onlinemarketing führen könnte. Hier wird die soziale Suche in die „richtige Internetwelt“, also heraus aus der Abgeschlossenheit der sozialen Netzwerke, hinein in den Kontext, in dem wir täglich Kaufentscheidungen treffen, geholt. Aus Marketingsicht ist „People and Pages“ wohl eines der interessantesten Features, da durch die Content- und Beziehungssensitivität der Suche ein Raum für längerfristige und besonders glaubwürdige Marketingstrategien geschaffen wird. Sehen wir uns dazu ein Beispiel aus Pumas fingierter Zukunft an:
Wie aus dem Nichts beginnt Puma im großen Stil, sich auf Google+ an Diskussionen und Gruppen zum Thema „Fair Trade“ zu beteiligen. Man stellt Content zur Verfügung und platziert das eine oder andere Statement und landet so in den Kreisen von themenrelevanten Personen. Alles noch völlig ohne erkennbaren Bezug zu eigenen Produkten. Erstaunt stellt der Google-Nutzer nach einer Weile fest, dass beim Suchwort „Fair Trade“ neuerdings auf der rechten Seite seines Bildschirms auf das Puma-Firmenprofil verwiesen wird. Noch weiß man nichts damit anzufangen, doch nach und nach wirkt diese Assoziation immer vertrauter. Und dann, ebenso plötzlich, führt Puma die neue, nachhaltige Produktlinie ein – 100 % Fair Trade. Ist die Promotion, das Anliegen glaubwürdig? Sicher – schließlich ist doch die Assoziation von Puma mit Fair-Trade-Produkten so seltsam vertraut.
Googles „People and Pages“ verdient also unsere besondere Aufmerksamkeit. Leider ist bisher noch nicht bekannt, wie genau man als Unternehmen außerhalb von Google+, also in „Search, plus Your World“ als „People and Pages“-Treffer geführt wird. Aktuell sieht es danach aus, als würden die Ergebnisse kuratiert, die Treffer quasi händisch eingepflegt.
Da diese Praxis auf Dauer nur schwer praktikabel und so gar nicht google-like ist, ist dieser Umstand wohl eher auf eine Art Betastatus von People and Pages oder die Annahme auf eine Wissenslücke zurückzuführen.
Fazit
Sollte People and Pages wirklich zu einem wichtigen Instrument im Onlinemarketing werden, könnte das ganz neue SEO-Aktivitäten zur Folge haben. Beziehungen werden dann zu den neuen Backlinks. Nur, dass sich Beziehungen nicht mehr einfach setzen oder kaufen lassen. In die Kreise von themenrelevanten Personen aufgenommen zu werden und so an Relevanz für die Suchmaschine zu gewinnen, ist etwas, das man sich durch gezieltes und zeitaufwendiges Beziehungsmanagement erarbeiten muss. Guter Content wird dabei sicher eine Hilfe sein und eine noch größere Rolle spielen als im jetzigen SEO-Leben. Vor allem aber wird der People and Pages SEO ein Makler sein müssen, der es gekonnt meistert, die richtigen Leute zusammenzubringen.
Über den Autor:
Tino Schade, M.A. ist SEO-Manager bei trafficmaxx in Bremen. Weil SEO mehr Berufung als Beruf ist, geht er auch privat dieser Leidenschaft nach, wie bei seinem aktuellen Lieblingsprojekt berlin-sehen.de.