Als US-Waschmittelunternehmen wie Procter & Gamble in den 1930er-Jahren eigene Radiosendungen in Serie produzierten, taten sie das, um darin ihren Produktempfehlungen einen passenden Rahmen zu geben. Damit gilt das Radio nicht nur als der Geburtskanal der Soap Opera, sondern auch als Ursprung des Branded Entertainments. Heute versuchen Werbungtreibende die Idee des Branded Entertainments in das Web zu transportieren. Wir sprachen mit Christian Hofbauer, Betreiber des Onlineportals Branded Entertainment Online, über die Entwicklung von Branded Entertainment im digitalen Zeitalter.
Adzine: Herr Hofbauer, Branded Entertainment ist doch eigentlich eine sehr alte Marketingidee. Seit wann ist es in Deutschland wieder ein Thema?
Hofbauer: Ich denke, die Branche ist sich da einig: Mit den bmwfilms.com „The Hire“ gab es 2001 eine Art Wiederentdeckung des Kommunikations- bzw. Marketinginstrumentes „Branded Entertainment“ in Deutschland.
Adzine: Können Sie für uns zunächst Branded Entertainment vom Product Placement abgrenzen. Das scheint ja immer wieder in einen Topf geworfen zu werden.
Hofbauer: Gern. Beim Product Placement wird ein Markenprodukt in seiner Eigenschaft in einem Medienprodukt stärker hervorgehoben als dramaturgisch notwendig. Beim Branded Entertainment wird das Markenprodukt in das Medienprodukt so integriert, so dass die Marke oder das dazugehörige Produkt „wesentlicher“ Bestandteil der Dramaturgie ist. Der Auftrag zur Produktion geht dabei nicht selten von der Marke aus. Von Brand Entertainment ist im Allgemeinen die Rede, wenn eine Marke unterhaltsame Touchpoints mit der Zielgruppe realisieren möchte.
Adzine: Die Marke produziert also Content für die eigene Zielgruppe. Was bedeutet Branded Entertainment für die Marken- und Marketingkommunikation im digitalen Zeitalter? Beeinflusst das Internet die Entwicklung des Branded Entertainments?
Hofbauer: Absolut. Das Mediennutzungsverhalten der meisten werberelevanten Zielgruppen hat sich in den letzten zehn, zwölf Jahren radikal geändert und die Werbespendings der Brands passen sich dem über alle Mediengattungen wie das Internet und Medienphänomene wie Social Media an. Diese technologischen und sozio-kulturellen Entwicklungen haben sich auch auf Branded Entertainment stark ausgewirkt. Eine Marke kann Branded Entertainment mithilfe von Kino, TV, Webisodes, Games und Bücher / Comics umsetzen. In den letzten 10 Jahren haben sich v. a. die Integrationen von Marken in Games und TV verändert. „Branded Entertainment ist die Königsklasse der digitalen Markeninszenierung“, kommentierte erst kürzlich Heiko Genzlinger, Geschäftsführer & Vice President Sales Yahoo! Deutschland, ganz richtig.
Adzine: Aber was sind die Vorteile, die das Internet für Branded-Entertainment-Maßnahmen so interessant machen?
Hofbauer: In puncto Animation, Interaktion und Partizipation können Marken ihre Möglichkeiten gerade im Internet voll ausschöpfen und ihre Zielgruppen in einer ganz neuen Qualität dort erreichen, wo sie sich zunehmend aufhalten.
Adzine: Was bringt Branded Entertainment nun dem Werbetreibenden? Wo liegen die Benefits?
Hofbauer: Grundsätzlich bietet Branded Entertainment – im Gegensatz zu allen anderen Marketinginstrumenten – für Marken den enormen Vorteil, seine Zielgruppe in extrem emotionalen Szenen zu erreichen, um somit eine emotionale Verknüpfung zur Marke herstellen zu können. Die Zielgruppe wird dadurch für die Marketingziele der Marke sensibilisiert. Anschließend sollte die Brand-Integration ins traditionelle Marketing eingebettet und medial verlängert werden, beispielsweise durch Social Media. Das „Gerber Gear“ Placement in „The Walking Dead“ erreichte auf Facebook z. B. auf die Frage „If you could name their next zombie slaying tool, what would you call it?“ innerhalb von vier Stunden 2.921 Likes und 2.010 Kommentare.
Adzine: Werden die Brands ihre Medienformate bald nur noch selbst produzieren?
Hofbauer: Im Vergleich zu den Mediatöpfen der klassischen Marketinginstrumente befindet sich Branded Entertainment noch in einem monetär embryonalen Zustand. Aber die Lernkurven der Marktteilnehmer steigen stark an. Ob am Ende des Tages, wie oft in diesem Zusammenhang diskutiert, die Brands ihre Medien selbst produzieren werden und somit die Zielgruppe des Medienproduktes nicht nur kurz leihen, sondern besitzen – oder nicht, bleibt nach meiner Meinung noch abzuwarten.
Adzine: Wie sehen Sie die Zukunft von Branded Entertainment?
Hofbauer: In naher Zukunft wird es viele schöne Beispiele für Branded-Entertainment-Beispiel geben. Die Werbewirkungsforschung wird die aktuellen wissenschaftlichen Lücken füllen und Branded Entertainment wird sich als fester Bestandteil im Marketingmix etablieren. Die spannendsten medialen Entwicklungen für Branded Entertainment werden nach meiner Ansicht in naher Zukunft Social-TV und Augmented Reality sein.
Adzine: Was meinen Sie mit Social-TV, was ist das?
Hofbauer: Kurz gesagt: TV verschmilzt mit Social Media., d. h., Kommunikation bzw. soziale Interaktion wird in den Kontext von TV-Content gesetzt. In den „Social Television Charts“ auf trendrr.tv erhält man einen guten Eindruck davon, wie aktiv die Social Community bei einer bestimmten Sendung gewesen ist.
Adzine: Lassen sich auch Online-Games für das Branded Entertainment nutzen?
Hofbauer: Sogar optimal. Der Social Game Developer Zynga z. B. erreicht mit seinen Titeln aktuell 223.068.465 Unique User im Monat. Im Bereich Social-Games hat McDonald's mit der Integration bei Farmville gezeigt, wie man eine Marke geschickt integriert – und somit mit 26 Mio. Gästen täglich kommuniziert und v. a. interagiert. Das sind Kontakte, die, einmal aufgebaut, immer wieder mit Markenbotschaften konfrontiert werden können. Insbesondere wenn es um den Dreiklang Facebook-Commerce, Social-TV und TV-Commerce geht, werden direkt zuordenbare und vor allem spürbare Umsätze zu erzielen sein.
Adzine: Vielen Dank für das Gespräch.
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