Neben möglichen Neuinvestoren, den Private-Equity-Unternehmen Silver Lake und TPG Capital, die beide an einem 20-Prozent-Anteil von Yahoo! interessiert sein sollen, hat das Wall Street Journal zuletzt eine Übernahme von Yahoo! durch die chinesische Alibaba Group und der japanischen SoftBank ins Spiel gebracht. Auch die Investmentunternehmen Blackstone Group und Bain Capital könnten noch ihr Interesse bekunden. Egal wie es ausgehen wird, Yahoo! selbst hat sich in den letzten Wochen bereits für neue Partner oder Eigner hübsch gemacht.
Bei allen Übernahmegerüchten, kommenden Neuinvestoren und Kooperationsvereinbarungen, bei allem Straucheln und Gewinnrückgängen. Noch ist Yahoo! in den USA die Nummer 1 in der Display-Werbung. Allerdings wird es immer enger. Im dritten Quartal hat Yahoo! 449 Mio. US-Dollar Umsatz mit der Bannerwerbung gemacht, im Vergleich zum Vorjahr sind das gerade einmal 1 Mio. US-Dollar mehr. Ende 2011 soll Yahoo! einen Marktanteil des Display-Werbemarktes von 13,1 % haben. Damit würde Facebook mit einem prognostizierten Anteil von 17,7 % die Markführerschaft in der Bannerwerbung übernehmen.
Damit das Internetunternehmen aus dem kalifornischen Sunnyvale einen Platz an der Sonne behalten kann, hat Yahoo! inzwischen einen Strategiewechsel in der Vermarktung des Inventars eingeläutet. Die Yahoo!-Führungsspitze um den Interims-CEO Tim Morse setzt in den Kundenbeziehungen wieder auf mehr Qualität. Zukünftig will Yahoo! wissen, mit wem man es auf der Einkaufsseite zu tun hat. Diese Qualitätsoffensive soll sich langfristig auf die Anzeigenpreise im Yahoo!-Content-Netzwerk auswirken. Yahoo! lässt nicht mehr jeden ran, der mit dem Geldbeutel wedelt.
Yahoo! protected
In den letzten Wochen kamen nämlich vermehrt Gerüchte auf, dass Yahoo! den Retargeting-Anbietern wie beispielsweise Criteo, aber auch anderen Mediaeinkäufern, deren Unternehmensmodelle auf Arbitrage-Geschäften beruhen, den Zugang zum Yahoo!-Netzwerk verwehren würde. Yahoo! Deutschland wollte die Richtigkeit dieser Gerüchte weder bestätigen noch dementieren. Als wäre ein solcher Ausschluss nicht schon genug an Veränderung, ließ man aus Sunnyvale nun durchblicken, dass die automatisierten Einkaufsplattformen (DSPs) nur dann noch an Yahoos Marktplatz „Right Media Exchange“ andocken dürfen, wenn sie zuvor von Yahoo! ausgiebig geprüft und zertifiziert worden sind. Auf jeden Fall wolle Yahoo! das Direktgeschäft mit den Werbungtreibenden ausbauen. (Quelle)
Da Yahoo! noch auf die Zustimmung der US-Wettbewerbsbehörde zur Interclick-Akquisition wartet, glauben viele Analysten zudem, dass es nach dem Zugewinn dieses Targeting-Spezialisten mit Anknüpfungen an US-Premium-Webseiten andere klassische Ad Networks bald deutlich schwerer haben werden, einen Zugang zum Yahoo!-Inventar zu bekommen.
Wayne Powers, Sales Director Yahoo! Nordamerika, sagte in einem Interview dazu: „Wir wollen die Kontrolle darüber haben, wo und wie unser Inventar am Mark genutzt wird.“ Damit riskiert Yahoo! zunächst den Verlust wichtiger Werbeeinnahmen, die meist auf performancebasierten Abrechnungsmodellen beruhen und über DSPs und anderen Drittanbietern den Weg in den Right Media Exchange finden. Langfristig will Yahoo! mit dieser Strategie eine direkte Kundenbeziehung aufbauen, bevor Yahoo!-Inventar im Namen des Kunden dynamisch eingekauft wird. Die direkte Kundenbeziehung soll damit die Voraussetzung für das Trading mit Yahoo! sein. Ein Modell, das auch bei anderen Publishern Schule machen könnte.
Denn: „Arbitrage-Anbieter, die einen Zugang zu dem Inventar bekommen, machen in Wirklichkeit niemanden glücklich”, sagt Powers. „Dadurch bezahlen die Werbungtreibenden am Ende mehr, als wenn sie direkt bei uns einkaufen würden. Zudem erscheint es unbefriedigend, wenn auf diesem Wege andere das eigene Unternehmen repräsentieren“, sagte Powers.
Weniger überzeugt gaben sich die ehemaligen Geschäftspartner, allen voran die Retargeting-Anbieter. Diese sollen Yahoo! mehr Transparenz und höhere Einkaufspreise angeboten haben. Scheinbar ohne Erfolg, wie es heißt. Yahoo! hat vorerst mit den Retargeting-Anbietern gebrochen.
Wie zukünftig die Zusammenarbeit mit den DSPs konkret organisiert sein soll, scheint hingegen noch unklar. Yahoo! favorisiert offensichtlich eine Lösung, bei der die Topwerbungtreibende (Fortune 1000) selbst Kunde der Ad Exchange werden. Gleichzeitig will Yahoo! die Mediaagenturen, die im Auftrag ihrer Werbungtreibenden einkaufen, nicht verschrecken. Schließlich sind sie es, die über ihre Trading Desks den größten Teil des Inventars im Yahoo!-Marktplatz einkaufen. Doch das Geschäft über diesen Right Media Exchange macht bei Yahoo! noch deutlich den geringeren Anteil der Umsätze aus. Das große Geld wird auch bei den Kaliforniern durch die eigene Vertriebsmannschaft und die großen Branding-Kunden reingeholt. Und diese Geschäftsbeziehungen gilt es weiter auszubauen.
US-Branchenbeobachter stimmen darüber überein, dass Yahoo! mit diesem Strategiewechsel das Richtige tue, auch in Anbetracht einer bevorstehenden Übernahme oder einem Einstieg neuer Investoren sei es ratsam, bis dahin auf kurzfristige Einnahmen zu verzichten und sich stattdessen einer Restrukturierung samt neuer Monetarisierungsstrategie zu unterziehen. Laut Powers sei das Yahoo! Board jedenfalls von der neuen Strategieausrichtung überzeugt.