Die Anstrengungen, die Betreiber von Online-Shops unternehmen (müssen), um Interessenten auf ihre Web-Sites zu bekommen, werden kontinuierlich größer. Der wachsende Konkurrenzdruck treibt die Preise und den organisatorischen Aufwand.
Diejenigen, die man für viel Geld in den Shop gelockt hat, sollen von Interessenten zu Kunden werden. Dazu widmen sich Shop-Betreiber der Optimierung der Konversionsrate, also der Steigerung des Käuferanteils am Besucheranteil. Hier sind signifikante Erfolge zu verzeichnen.
Allerdings ist es fahrlässig anzunehmen, dass sich der Umsatz des Shops nun nach der Formel:
Besucher x Konversionsrate x durchschnittlicher Warenkorb
berechnen ließe. Diese Betrachtung lässt die Retouren und mögliche Zahlungsausfälle außer Acht. Sie verringern Tag für Tag den vermeintlich guten Erfolg – der realisierte Umsatz sinkt.
Retourengründe im Produkt oder im Prozess?
Fokussiert man auf den Bereich der Retouren, so springen zunächst Rückgabegründe ins Auge, die sich auf das Produkt beziehen: Mit Aussagen wie „Produkt gefällt nicht“ oder im Bekleidungsbereich auch „Produkt passt nicht“ erkennt man einen Teil der Retourengründe und ist geneigt, sie als nicht veränderbar, weil in der Ware begründet, anzusehen. Nur wenige Shop-Betreiber hinterfragen auch den Prozess, der die Retoure hervorbringt. Dieser Prozess beginnt im Shop und führt über den Lieferprozess bis zur Abwicklung der Retouren. Die folgenden drei Beispiele zeigen, wo Ansätze zur Senkung der Retourenquote im Prozess verankert werden können.
Optimierungsschritt 1 – das passende Produkt
Bestellen Kunden im Shop mehrere Produkte oder haben sie bereits früher dort Produkte bestellt, kann aus diesen Informationen Mehrwert generiert werden: So lassen sich Retouren von Bestandskunden, die Artikel als zu klein oder zu groß zurücksenden, mit erfolgreichen Einkäufen dieser Kunden vergleichen. Unterstellt man, dass sich die Kleidergröße der Kunden zwischen den Bestellungen nicht signifikant verändert hat, so kann – sofern das bei einem Artikel häufiger auftritt – automatisch zur Artikelbeschreibung generiert werden: „Kundinnen, die typischerweise Größe 36 tragen, bestellen diesen Artikel in Größe 38.“
Das Ergebnis ist überzeugend:
- Der Kunde ist über die abweichende Größe informiert und wird so beim Kauf unterstützt.
- Die Bestellung zweier benachbarter Größen zur Anprobe wird vermindert.
- Retourenkosten für Porto und Handling entfallen.
Dieser Ansatz, passende Produkte für den Kunden zu finden lässt sich weiter optimieren, indem im Bestellprozess individuelle Hinweise gegeben werden: „Diese Jeans fällt im Bund circa 2,5 cm enger aus als die Jeans, die Sie vor 8 Wochen gekauft haben. Beinlänge und Beinweite sind identisch.“
Eine derartige Information ist natürlich nicht nur im Bekleidungsbereich möglich. Auch bei Zubehörteilen (z.B. Kabel, Batterien, Etuis) kann im Bestellvorgang geprüft werden, ob sie zu einem parallel oder früher gekauften Produkt passen. Umgesetzt wird häufig ein Ansatz, empfohlene Produkte zu einem Artikel zu hinterlegen. Selten nur wird geprüft, ob der Kunde ein Anschlusskabel in den Warenkorb legt, das bereits im Lieferumfang der ebenfalls im Warenkorb befindlichen Kamera enthalten ist.
Optimierungsschritt 2 – die Vorfreude erhalten
Wenn ein Kunde sich entschlossen hat, ein Produkt zu bestellen, möchte er es schnell haben. Jeder Tag zwischen Bestellklick und Lieferung ist ein Tag, an dem der Kunde darüber nachdenkt, ob er das bestellte Produkt wirklich braucht, und an dem er lernt, ohne das Produkt zu leben. Daher sollte nur Ware, die umgehend verfügbar ist, angeboten werden. (Ausnahmen von der Regel sind individuelle Anfertigungen und Vorbestellungen noch nicht erschienener Produkte.) Der Kunde erwartet eine aussagekräftige Angabe zur Lieferzeit wie „typischerweise innerhalb von 1-2 Tagen bei Ihnen“.
Online-Händler überbrücken den Zeitraum von der Bestellung bis zur Auslieferung häufig durch Status E-Mails an den Kunden. Dieser lobenswerte Ansatz birgt jedoch Tücken. Zum einen landen viele Statusmeldungen mangels professioneller E-Mail-Strategie in Spam-Filtern und werden dann nicht gelesen. Zum anderen erfolgt die letzte Statusinformation meist bei Übergabe an den Versanddienstleister und beinhaltet die Tracking-ID zur Paketverfolgung. Häufig sind zu diesem Zeitpunkt aber noch gar keine Versandinformationen zu dem Paket beim Versandunternehmen abrufbar. Der Kunde ist verunsichert und meldet sich eventuell beim Customer Service, was Kosten erzeugt. Gerade bei dringend benötigter Ware gehen einige Kunden den Weg, sich „zur Vorsicht“ doch lieber im stationären Handel einzudecken und die zugestellte Ware dann zu retournieren.
Vermeidbar ist ein solches Dilemma nicht durch einen Hinweis im E-Mail-Text, dass die Daten manchmal erst in 24 Stunden abrufbar sind. Viel einfacher ist es, die Prozessschritte mit verlässlichen Informationen aus dem Hause des Online-Shops zu dokumentieren. So gibt die E-Mail beim Warenausgang „Unser Team hat Ihre Ware gepackt und an den Transporteur übergeben.“ klare Auskunft. Am nächsten Morgen sollten die Tracking-Daten abrufbar sein. Nun kann man positiv formulieren: „Ihr Paket ist unterwegs zu Ihnen, verfolgen Sie seinen Weg unter der folgenden Tracking-ID.“
Optimierungsschritt 3 – den Widerruf zum Verkauf nutzen
Ist der Kunde mit einem Produkt nicht zufrieden, erklärt er den Widerruf. Das geschieht in vielen Shops dadurch, dass der Kunde die Ware zurücksendet. Oft wird er gebeten, auf dem Rücksendebeleg der Retourengrund anzugeben. Im besten Fall informiert der Händler dann noch, wenn die Erstattung der geleisteten Zahlung erfolgt ist.
Mit diesem unpersönlichen Vorgehen wird eine Chance zur Kundenbindung vertan: Schaut man in andere Branchen wie den Mobilfunk oder das Verlagswesen, so erlebt man, dass Kündigungen zu einer Kundenrückgewinnungsaktion durch ein Call-Center führen. Der Kunde bekommt alternative Produkte oder Konditionen angeboten.
Die Rückgewinnungsidee lässt sich einfach in den Online-Shop integrieren, wenn der Kunde seinen Widerruf online ankündigt. Er kann dann den Paketschein oder den Abholauftrag online auslösen. Aufgrund des angegebenen Retourengrundes reagiert das System: Es bietet dem Kunden zum Beispiel alternative Produkte in passende Größen anbieten und versucht, den Umsatz auf ein anderes Produkt zu lenken.
Mit drei Schritten starten und dann...
Die Optimierung der Prozesse nach dem Bestellklick ermöglicht es dem Shop-Betreiber, einen größeren Teil der Konversionen auch zu Umsatz werden zu lassen. Jeder dieser Schritte steigert die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung.
Die drei hier vorgestellten Optimierungsschritte sind ein Anfang, aber auch dann gibt es noch einiges zu überdenken von:
- der Verpackung der Ware zum Versand und Beipackartikeln im Paket über
- den richtigen Umgang mit Zahlungsmöglichkeiten – insbesondere beim immer weiter verbreiteten Factoring bis zur
- richtigen Kommunikation bei Sorgen um die Zahlungsfähigkeit des Bestellers.
Der Prozess nach dem Bestellklick ist auf jeden Fall eine genaue Betrachtung wert!