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PERFORMANCE

Esoterik ist eine Sünde der Conversion-Optimierung

Jörg Dennis Krüger, 27. Oktober 2011

„Ich weiß, wie’s geht.“ Das ist vielleicht einer der schlimmsten Sätze, der bei der Conversion-Optimierung einer Website fallen kann. „Ich muss nichts testen, ich weiß, wie’s geht!“ Unterhalten Sie sich einmal mit einem Dutzend Usability-Experten über benutzerfreundliche kommerzielle Websites, die zu hohen Conversion Rates führen. Bei einem Gespräch mit guten Usability-Experten werden Sie vermutlich mit einem hohen Erfahrungsschatz konfrontiert. Die Antworten der Experten werden einander ähneln und doch wird es hier und da vielleicht gravierende Unterschiede geben. Da steht man selbst dann vielleicht etwas ratlos da. Erfahrungen sind etwas Gutes. Wer jedoch vergisst, dass man sie nicht in allgemeingültige Regeln gießen kann, die bei allen Websites für alle Zielgruppen und zu jeder Zeit gelten, gleitet in die Welt ungeprüfter Esoterik ab.

Was dieser Text thematisiert und nicht thematisiert

Dies hier ist kein generelles Statement gegen Esoterik, weil der Autor dieses Textes die Thematik zu wenig kennt, um darüber urteilen zu können. Aber es ist ein Statement gegen den Glauben an die allumfassende Macht der Erfahrung von Usability-Experten und Marketern, die multivariate und A/B-Tests überflüssig werden lässt. Wie bereits eingangs geschildert, soll dieser Text auch nicht den Wert von Erfahrungen im Marketing generell infrage stellen. Insbesondere diejenigen, die gerade erst mit einem Onlineshop beginnen und klitzekleine Conversion Rates haben, sollten sich durchaus Tipps erfahrener Marketer holen und eventuell auch einmal prüfen, ob ihr gesamtes Geschäftskonzept schlüssig ist. Das lässt sich testen, etwa im Einstufungstest für Conversion Boosting. Spätestens, wenn es um Detailfragen geht, wie sich die Conversion Rate bei einem Onlineshop steigern lässt, reichen Erfahrungen, Know-how und allgemeine Tipps alleine allerdings nicht mehr aus. Warum?

- Jede Website ist anders als jede vorherige, sodass pauschale Tipps nur bedingt greifen.

- Websitebesucher sind viel unberechenbarer als Marketer denken, glauben, wünschen!

- Selbst kleinste und unscheinbar wirkende Änderungen auf einer Website können immensen Einfluss auf die Conversion Rate haben.

Es geht hier deshalb um die Kernfrage, inwieweit Erfahrungen und angesammeltes Wissen Tests bei der Conversion-Optimierung ersetzen können. „Praktisch gar nicht“, lautet die Antwort. Und da diese Antwort erst einmal nur eine These ist, soll sie mit einigen Argumenten untermauert werden.

Eye-Tracking- und andere Studien

Eye-Tracking-Studien beantworten die Frage, wie die Augen von Website-Besuchern sich eine Website erschließen. Welche Bereiche werden besonders intensiv betrachtet? Welche liegen in einem toten Winkel? Als kluger Marketer besorgt man sich also die Ergebnisse bereits durchgeführter Eye-Tracking-Studien, platziert sein „Call to Action“-Element an einer intensiv betrachteten Stelle der Website und scheffelt Geld, gewinnt Newsletter-Abonnenten oder erreicht irgendein anderes heiß ersehntes Marketingziel. Alles ist gut! Man muss nur daran glauben. Wirklich? Schaut man sich die Studien im Detail an, kommen bisweilen zumindest Zweifel:

- Vielleicht wurde die Eye-Tracking-Studie ja ausschließlich in den USA und nur mit US-Amerikanern durchgeführt? Dann ist keineswegs sicher, dass etwa deutsche Internetnutzer mehrheitlich genauso wie die US-Studienteilnehmer handeln.

- Gibt es vielleicht Unterschiede zwischen der Betrachtung von Websites durch Neukunden, Bestandskunden, SEM und Affiliate-Traffic, Männer und Frauen, was bei der Studie nicht berücksichtigt wurde, ja vielleicht gar nicht berücksichtigt werden konnte?

- Ist die Studie vielleicht nicht mehr brandaktuell? Menschen verändern sich und sie verändern ihre Gewohnheiten der Internetnutzung. Die Halbwertzeit von Studienergebnissen ist da bisweilen sehr gering.

- Handelt es sich bei den Studienteilnehmern um einen repräsentativen Ausschnitt der Bevölkerung? Falls die Studie etwa auf Teilnehmern basiert, die sich ausschließlich selbst zur Studie angemeldet haben, dürfte das nicht der Fall sein. Und sind diese Teilnehmer repräsentativ für Ihre Website-Besucher?

- Sind den Studienteilnehmern die im Onlineshop angebotenen Produkte bereits bekannt? Ihr Weg durch den Shop, wird dann ein anderer als der von Neukunden sein. Viele noch nicht etablierte Shops haben es aber vor allem mit Neukunden zu tun. 

Nichts ist für jetzt und alle Tage gültig: Das ist jetzt bitter! Allgemeine und für alle Zeiten, alle Websites und alle Zielgruppen gültige Regeln der Conversion-Optimierung würden die ganze Arbeit so unendlich einfach machen. Aber es gibt sie nicht. Noch einmal: ES GIBT SIE NICHT! Erfahrungen aus der Vergangenheit geben Hinweise darauf, mit welchen Methoden man die Benutzerfreundlichkeit und Conversion Rates einer konkret vorliegenden Website MÖGLICHERWEISE steigert. Gewissheit beim konkreten Projekt bringen jedoch nur multivariate oder A/B-Tests mit der jeweils zu optimierenden Website.

Gute Marketer kennen auch ihre Grenzen: Und er beleuchtete den Pfad zu hohen Conversion Rates, Reichtum und Glück und schnippte mit den Fingern und Steine auf dem Weg zerbröselten. Bisweilen hat die Marketingwelt wirklich etwas Esoterisches, Religiöses, fast schon Fanatisches. Und sie folgten dem Guru, wohin immer er ging. Sagte er „A“, sagten sie „A“. Sagte er „B“, sagten sie „B“. Gute Marketer wissen, dass sich ihr eigenes Know-how abseits von allgemeinen Sätzen wie „Achte auf deine Zielgruppe“ niemals für heilige, in Stein gemeißelte Gebote des Marketings eignet. Eine Seite wie WichTestWon lässt Marketer regelmäßig Fragen wie „Welche Headline im Text sorgte für die höhere Conversion Rate?“ beantworten und zeigt anschließend das Ergebnis des dazu passenden A/B-Tests. Manchmal lagen die Marketer richtig. Manchmal auch nicht! Was lernen wir: Wir hören vielleicht auf die Worte der Gurus, aber wir folgen ihnen nicht blind. Wir glauben ihnen nicht, wenn sie ungeprüfte und esoterische Strategien wie „Usability-Steigerung“ oder auch „Neuromarketing“ anbieten und als das Nonplusultra des Onlinemarketings verkaufen. Wir testen!

Testen wir doch einmal ein bisschen!

Gehen Sie lieber ins Kino. Denn wer nur ein bisschen testet, lässt es lieber ganz. Ein Test mit zu wenigen Testpersonen oder zu geringer Testzeit ist wertlos. Da ist ein Kinobesuch (wahlweise: Essen gehen, Joggen, den Friseur besuchen, ...) allemal besser. Wer testet, sollte sorgfältig und nach allen Regeln der Kunst testen. Und er sollte Tests nicht dazu nutzen, irgendwie die Dinge, die er ja eigentlich schon immer wusste, zu bestätigen. Das ist wieder Esoterik mit einem dünnen Anstrich von Wissenschaftlichkeit. Und bei der Conversion-Optimierung ist Esoterik Sünde!

Mehr Sünden

Leider gibt es weitere Sünden der Conversion-Optimierung. Viele Online-Marketer sind Sünder. Mehr zu den anderen sechs Todsünden der Conversion-Optimierung finden Sie unter: http://conversionboosting.com/todsuenden-conversion-optimierung/

Über den Autor: Jörg Dennis Krüger kann auf eine 10-jährige Erfahrung im Online Marketing zurückschauen bei der er Optimierungsprojekte quer durch alle Branchen betreute. Krüger beschreibt sich selbst als "versessen auf Conversion-Optimierung“. Seit 2007 beschäftigt sich Krüger ausschließlich mit Conversion-Rate-Optimierung und wechselte dafür 2008 zum Startup 'Trakken. Seit 2009 leitet er den Geschäftsbereich „Conversion Optimierung“ für die Performance-Marketing-Agentur 'QUISMA'. Krüger ist Autor des Fachbuches „Conversion Boosting mit Website-Testing“ und Betreiber des Blogs conversionboosting.com.

Bild Jörg Dennis Krüger Über den Autor/die Autorin:

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