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SEARCH MARKETING

Suchergebnis findet Nutzer

Till Spieker, 8. September 2011

Ein junges Start-up aus Leipzig will das Internet aufräumen und nebenbei die Websuche revolutionieren. In klassischen Suchmaschinen muss man wissen, was man will, und man braucht Geschick, um mit den richtigen Suchwörtern relevante Inhalte zu finden. Suggy stellt nun mit ihrem Ansatz die Suche auf den Kopf: Die Suchmaschine liefert automatisch Ergebnisse, ohne dass aktiv gesucht wird.

Damit der Content den User findet, muss die Suchmaschine zunächst mit Stichwörtern gefüttert werden. Diese generiert Suggy selbst. Vorausgesetzt man meldet sich bei dem Dienst an und nutzt das dazugehörende Browser Plug-in. Dieses analysiert dann fortlaufend die Browser-History und leitet verschlagwortete Themenschachteln ab.

Die Themenschachteln - mit den vorgeschlagenen Suchergebnissen - kann man sich auf der persönlichen Suggy-Page ansehen. Im Browser Plug-in ist die passwortgeschützte Seite verlinkt. Wer auf die angezeigten Themenschachteln klickt, bekommt Suchergebnisse rund um das jeweilige Thema angezeigt. Das Interessante daran ist, dass die präsentierten Ergebnisse alle neu sind. Dem Nutzer wird also nicht die Zeitung vorgeschlagen, die er am häufigsten liest, sondern andere Zeitungen, die über ähnliche Themen schreiben.

Bisher haben sich 5.000 Nutzer im Suggy-Netzwerk angemeldet. Bis Ende 2012 soll das Netzwerk deutschlandweit bekannt werden und 150.000 Nutzer registriert sein, so die Zielsetzung der Leipziger. Ab 2013 will Suggy sein Angebot dann auf England und Russland ausweiten. Dazu muss natürlich die Finanzierung für zusätzliche Server stehen. Im Moment befinden sich die Gründer in Verhandlungen mit Investitionspartnern über ein Investitionsvolumen von etwa 1,5 Mio. Euro.

Adzine sprach mit Matthias Schneider, der Suggy zusammen mit Maxim Voronkov und Paul Guscha gründete und die Geschäfte leitet.

Matthias Schneider

Adzine: Was ist die Idee hinter Suggy?

Schneider: Wir haben schon vor der Gründung von Suggy sehr viel mit dem Internet zu tun gehabt. Auch durch die Arbeit in unserer Agentur kreado. Dabei ist uns aufgefallen, dass die Orientierung im Netz nicht leicht ist. Das Angebot ist so groß, dass es oft nicht einfach ist, relevante Dinge zu finden. Hinzu kommt noch, dass Links künstlich gerankt werden. Und in den sozialen Netzwerken steht oft nur Unterhaltung an erster Stelle. Wir wollten ein Tool entwickeln, das es ermöglicht, neue Sachen zu entdecken, die wirklich interessant sind. Und zusätzlich kann man sehr leicht mit anderen Nutzern über relevante Inhalte diskutieren.

Adzine: Sie betreiben die Dienste Suggy und Simpager. Was ist der Unterschied?

Schneider: Simpager ist der kleine Bruder von Suggy, basiert aber auf der gleichen Technologie. Im Prinzip ist Simpager der On-Demand-Service für diejenigen, die sich nicht direkt anmelden möchten. Bei Simpager werden Vorschläge für ähnliche Inhalte nur auf Basis von einer einzigen URL angezeigt. Suggy ist da viel genauer. Mit Suggy werden ähnliche Inhalte angezeigt, die auf der gesamten Suchgeschichte der User basieren. Das ermöglicht eine auf den User zugeschnittene Themenauswahl.

Adzine: Nach welchen Kriterien werden die Themen ausgewählt und priorisiert?

Schneider: Die Themenvorschläge werden auf Basis der Search-History hauptsächlich nach zwei Kategorien ausgewählt: Nach Menge der Links zu einem bestimmten Thema und Dauer der Nutzung einer Webseite. Dabei lesen wir sowohl die Informationen in den URL-Adressen aus als auch den Content einer Webseite

Adzine: Wird wirklich der Content einer Webseite analysiert oder bloß der HTTP-Header und die jeweilige URL?

Schneider: Unser Crawler analysiert die Texte aller besuchten Webseiten und sucht nach Gemeinsamkeiten. Diese Gemeinsamkeiten können geteilte Begriffe sein oder auch Wortketten. Da Substantive oft durch Pronomen ersetzt werden. Auch dies können wir berücksichtigen. Aber die Themenvorschläge von Suggy basieren wirklich auf Textanalyse unseres Crawlers.

Adzine: Auch bis in die Unterseiten?

Schneider: Ja.

Adzine: Funktioniert die Analyse wirklich unabhängig? Oder hängt am anderen Ende Google wieder mit drin?

Schneider: Nein. Wir haben einen eigenständigen Crawler, der nach unseren eigenen Leitfäden läuft. 100 Agenten durchforsten das Netz. Bisher kennt unser Crawler ca. 700 Millionen Webseiten. Das ist natürlich noch sehr wenig. Aber pro Minute kommen ca. 10.000 – 15.000 neue Webseiten hinzu. Suggy ist derzeit ja noch in der Beta-Phase und daher kommen wir mit etwa 25 Servern aus. Das muss in Zukunft natürlich mehr werden. Deswegen stehen wir mit Investitionspartnern in Verhandlung.

Adzine: Bisher ist Suggy werbefrei. Das wird den Usern sogar schriftlich zugesichert und auch dass es so bleibt. Wird Suggy in Zukunft werbefrei bleiben?

Schneider: Ja. Wir wollen den Service sauber halten. Es wird auch in Zukunft keine Displaywerbung in Suggy geben.

Adzine: Und wie wird dann aus Suggy ein Geschäftsmodell?

Schneider: Mit Suggy haben wir ein sehr gutes Targetinginstrument. Suggy kann sehr präzise die Interessen der User herausfinden. Damit wollen wir schließlich unser Geld verdienen. Es wird Premiumeinträge geben, die thematisch passen. Zusätzlich wird es auf Suggy einen Bereich geben, in dem Webseiten Usern vorgeschlagen werden, die ihn interessieren. Und auch Produktvorschläge in den einzelnen Themengebieten sind denkbar. Unsere Werbung wird aber definitiv zu den Interessen der User passen.

Adzine: Wie funktioniert das Targeting?

Schneider: Um unser Targetingtool zu nutzen, muss man in Suggy ein Themengebiet definieren. Das geschieht über die Schlagworte. Grundsätzlich hat man dann zwei Möglichkeiten. Entweder man lässt einen bestimmten Link automatisch von unserem Crawler analysieren. Der Link wird dann einem passenden Thema zugeordnet. Die zweite Möglichkeit ist das manuelle Einspeisen eines Links in ein Thema. In einem Thema können die Links dann auch von uns weiter hochgerankt werden. Das sind dann die erwähnten Premiumeinträge. Das Targeting ist deswegen effektiv, weil auf Suggy den Usern automatisch Themen angezeigt werden, die ähnlich zu ihren eigenen sind. Ihre eigenen Themen sind ja aus ihrem realen Surfverhalten abgeleitet. Das bedeutet, die Links oder Produktempfehlungen werden wirklich nur den Nutzern angezeigt, die sich tatsächlich für ein bestimmtes Thema interessieren.  

Adzine: Suggy verspricht, dass niemand Zugang zu den Daten – also den Browser-Historys – der User hat. Nicht einmal die Administratoren. Wie wollen sie ohne Datenzugriff ein sinnvolles Targetingtool anbieten?

Schneider: Wir benutzen die Suchhistorie der Nutzer nur, um die Themen zu ermitteln. Für uns ist letztendlich nicht relevant, welcher User sich für welches Thema interessiert. Sondern wir liefern die Technologie, aus dem Surfverhalten spezifische Themengebiete abzuleiten. Wenn wir die Themen erst einmal haben, dann gehen wir ja nicht hin und sagen User X hat das und das Thema und bekommt deswegen die und die Werbung. Sondern wir verbinden ein Angebot einer Firma mit den Themenschlagwörtern. Das ist eine Art Sortierung. Wenn bei Suggy z. B. ein Link zu italienischen Lederschuhen eingespeist werden soll, dann ordnet entweder unser Crawler automatisch die Schlagworte zu oder wir pflegen den Link manuell in ein Thema ein, aber eben nur dort wo es passt. Das heißt, wir brauchen gar nicht auf die Userdaten zuzugreifen, sondern wir brauchen die Daten nur für die Themen, die ja ein Service für die Nutzer sein sollen. Das Targeting funktioniert über thematische Zuordnung. Und das garantiert, dass der Nutzer nur Werbung bekommt zu Themen, die ihn wirklich interessieren.

Adzine: Suggy steht und fällt mit dem Vertrauen der User. Daher sind Datenschutzfragen sehr wichtig. Können Sie mehr bieten als nur ein Versprechen, dass die Daten bei Suggy nicht einsehbar sind?

Schneider: Suggy kann vollständig anonym genutzt werden. Alle Angaben der Nutzer sind freiwillig. Natürlich verarbeiten wir die Daten nach strengen Vorgaben des deutschen Datenschutzrechts. Die Daten werden auch an keine externen Anbieter weitergegeben. Wir haben keinen Zugang zu den erhobenen Daten. Die Frage ist, was wir zusätzlich tun sollen? Es gibt ganz unterschiedliche Nutzertypen bei Suggy. Es gibt solche, die sehr freizügig sind und gerne Informationen mit anderen teilen und kontaktfreudig sind. Und es gibt solche, die alles blocken auf ihrer Seite. Auch das ist bei Suggy natürlich möglich. Es wird sich zeigen, wie die Leute uns vertrauen. Da muss man abwarten. Letztendlich sind Datenschutzfragen gerade hier wegen der German Angst ein besonderes Thema. Der englische oder russische Markt ist da viel offensiver. Dort haben die Leute weniger bedenken.

Adzine: Versuchen sie für Suggy eine Zertifizierung einer Prüfstelle zu bekommen?

Schneider: Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Wir haben uns mal angeschaut, was für ein Aufwand und Kosten es für uns bedeutet, da durchzukommen. Und wir haben uns erst mal dagegen entschieden. Warum auch? Eine zu offensive Zertifizierung könnte auch Verdacht erregen. Wir machen nichts Schlimmes – ganz im Gegenteil, wir wollen den Nutzern was Cooles absolut kostenlos und werbefrei anbieten. Wer will, der kann das gerne nutzen. Und wer nicht – dann halt nicht.

Adzine: Wie geht es jetzt weiter. Wie will Suggy zu mehr Nutzern kommen und die Suchmaschine publik machen?
**Momentan sind wir im Gespräch mit diversen Investoren, die unser Projekt unterstützen wollen. Wir würden gerne Suggy bekannter machen, da wir durch Nutzer-Feedbacks jetzt wissen, dass Suggy nur positiv angenommen wird und viel Nutzen bringt. Und genau für die PR und Social-Media-Marketing-Maßnahmen brauchen wir momentan Unterstützung erfahrener Investoren. Als Nächstes möchten wir unsere Community-Features erweitern. Und  natürlich sind unsere Erkennungsalgorithmen stets ein „Key-Scope“ unserer Entwicklung.

Adzine: Herr Schneider vielen Dank für das Gespräch!

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