"Entscheidend ist, was über die Marke gesprochen wird, nicht was die Marke selbst sagt", so Klaus Schwab, einer der Geschäftsführer der Berliner Agentur für strategische Kommunikation "diffferent". Die Berliner haben Adzine in ein Preview ihrer Social-Media-Grundlagenstudie schauen lassen. Die Studie untersucht die Beziehung von Social-Media-Nutzern und Marken. Wie stark ist das Bedürfnis nach direkter Interaktion der Nutzer mit Marken und wie steht es mit dem Dialog untereinander. Ergebnis: die Nutzer reden lieber über Marken, als mit ihnen. Nur die wenigsten haben das Bedürfnis nach direkter Interaktion. Das Verhältnis von Social-Media-Nutzern und Marken hängt wesentlich von der Art der Marke ab.
Es gibt zwei große Fehler, die Unternehmen bei ihren Social-Media-Aktivitäten machen, erklärte schon letzte Woche Brian Solis im Interview. Der erste Fehler: Unternehmen stellen sich nicht die richtigen Fragen, bevor sie beginnen zu netzwerken. Dabei sei genau das entscheidend für den Marketingerfolg. Solis weiter: "Warum machen wir überhaupt Social Media? Welchen Wert können wir beitragen, was wollen die Kunden?" Wer das nicht beantworten kann, weiß also auch nicht, was er vom Social Web erwarten soll, nach der Devise, ohne Ziel stimmt auch jeder Weg.
Der zweite Fehler: Unternehmen pflegen weiterhin ihre Broadcasting-Mentalität. Das sind wir, das machen wir, das verkaufen wir – ihr werdet das schon mögen. "Doch in der Welt von Social Media begegnen wir einer neuen Klasse von Konsumenten: den sozialen oder vernetzten Konsumenten, der Social Media lebt – und zwar auch unterwegs per Smartphone oder Tablet."
Der vernetzte Konsument ist raffiniert. Er lässt sich nicht von TV-Spots das Markenbild erklären und ihm reichen auch gegoogelte Preisvergleiche nicht aus. Der vernetzte Konsument verbreitet Informationen selbst und tauscht sich mit anderen Nutzern über Foren, Blogs und soziale Netzwerke aus. "User Generated Content ist eine Hauptinfoquelle – entscheidend ist dabei, was über die Marke gesprochen wird, nicht was die Marke selbst sagt“, so Klaus Schwab, einer der Geschäftsführer der Berliner Agentur für strategische Kommunikation "diffferent".
Marken können also nicht nur Monologe halten, sondern müssen die Regeln von Social Media verstehen. Ein erster Schritt ist die Grundlagenstudie "Killer-App oder Pflichtübung" von "diffferent". Die Studie untersucht die Anforderungen der Social-Media-Nutzer an Marken. Wie stark ist das Bedürfnis nach direkter Interaktion der Nutzer mit Marken und wie hoch ist die Bereitschaft zur Interaktion.
Nur 16 % wollen mit Marken kommunizieren
Ein Ergebnis der repräsentativen Studie ist, dass die wenigsten Social-Media-Nutzer in Deutschland das Bedürfnis haben, direkt mit einer Marke zu interagieren. Nur 16 % aller Social-Media-Nutzer interagieren gerne und oft mit Marken. Die "Intensive Brand Socialiser“ genannte Gruppe weist sowohl eine überdurchschnittlich starke Social-Media-Nutzungsintensität als auch gleichzeitig eine überdurchschnittliche Markeninteraktionsbereitschaft auf. Sie haben Merkmale, die sie von anderen Nutzungstypen unterscheiden: Sie treten gerne in den direkten Dialog mit einer Marke, verbreiten aktiv Markeninhalte und drücken den I-like-Button.
"Der Zusammenhang zwischen Nutzungsintensität und Interaktionsbereitschaft mit Marken ist sehr viel geringer als man vermuten würde" sagt Klaus Schwab. Die größte Gruppe der "Casual Brand Socialiser“ (60 %) unterscheidet sich lediglich hinsichtlich ihrer Social-Media-Nutzungsintensität. Sie weist aber dennoch eine recht hohe Interaktionsbereitschaft auf. Die Gruppe der "Sporadic Brand Socialiser“ (24 %) zeigt nur geringe Interaktionsbereitschaft bei unterschiedlicher Nutzungsintensität.
Interessant sind die 16 % der Befragten 1.613 Social Media User, die "Intensive Brand Socialiser“. Sie seien die relevanten Multiplikatoren der Markenbotschaften.
Nutzer wollen relevante Informationen und echte Mehrwerte
Was motiviert Konsumenten zur Interaktion mit Marken? Aus der Studie geht hervor, das gruppenübergreifend Social-Media-Nutzer echte Mehrwerte wollen. Die Konsumenten wollen relevante Informationen, Werbegeschenke oder andere direkten Vorteile von einer Marke. Weniger gefragt sind reine Unterhaltungsangebote.
"Intensiv Brand Socialiser" zeichnen sich durch ein überdurchschnittliches Bedürfnis nach Markeninformation aus. Sie wollen stärker ihre Markenmeinung mitteilen und zeigen überdurchschnittlich starkes Interesse über Marken mit anderen zusprechen.
"Der Grund für die relative Distanz zu Marken im Social Web liegt darin", so Schwab, "dass die sozialen Medien ganz einfach nur ihrem Namen gerecht werden: Bei Facebook & Co. suchen Menschen in erster Linie zwischenmenschlichen Austausch und wollen gut unterhalten werden. Trotzdem spielen soziale Medien im Kaufentscheidungsprozess an verschiedenen Punkten eine wichtige Rolle. Marken und Unternehmen sollten sich deshalb nicht blindlings ins Social Web stürzen, sondern sehr gezielt an den tatsächlich relevanten Touchpoints investieren.“
Bedürfnisse sind branchenabhängig
Die Interaktionsbereitschaft hängt laut der Studie stark von der Branche ab, in der eine Marke zu Hause ist. Von Banken und Versicherungen erwarten Konsumenten eher reine Informationsangebote. Social-Media-Nutzer haben kaum das Bedürfnis, einer Marke aus diesen Branchen nahe zu sein. Anders sieht es mit den Branchen Mode, Auto und Kosmetik aus. Hier haben Nutzer das Bedürfnis, Nähe zu den Marken aufzubauen und Identifikationspunkte zu finden.
"Es gibt kein Patentrezept für erfolgreiche Markenführung in Sozialen Medien"
Kann man nun Ratschläge geben, wie man mit einer Marke Social Media erfolgreich nutzt? "Es gibt kein Patentrezept für erfolgreiche Markenführung in Sozialen Medien. Wichtig ist, dass die Kommunikation der Marke gerecht wird", erklärt Klaus Schwab von diffferent.
"Marken müssen geführt werden", so Schwab weiter, "Die Frage ist, wie lasse ich Leute dabei mitwirken. Das hängt wiederum vom Charakter meiner Marke und den Bedürfnissen meiner Kunden ab. Führe ich beispielsweise eine Luxusmodemarke, dann ist Kommunikation auf Augenhöhe nicht unbedingt erwünscht. Bei Lifestyle-Getränken ist dagegen der Interaktionswunsch der Nutzer wesentlich stärker."
Ein Patentrezept für einen Markenauftritt in sozialen Medien gibt es also nicht, dafür aber einige Fragen, die helfen eine individuelle Lösung zu finden: "Die Strategie muß zunächst zur Marke passen. Dann stellt sich die Frage, welche Kommunikationsziele für diese Marke erreicht werden sollen. Was sind die Bedürfnisse der Kernzielgruppen? Wo sind die überhaupt unterwegs? Erst wenn ich diese Fragen geklärt habe, kann ich relevante Touchpoints für die Zielgruppen identifizieren, in die es sich lohnt zu investieren."