Frank Bachér, Geschäftsführer Marketing Sales InteractiveMedia, sieht neben dem klassischen Media-Geschäft auch in der Reichweiten-Vermarktung Wachstumspotenzial. Die wachsende Bedeutung des Internet als Absatzkanal ziehe steigende Medianachfrage im Reichweitensegment nach sich. Größere Nachfrage, Automatisierung und Targeting könnten so tendenziell auch zu höheren Preisen in diesem Mediasegment führen. Bachér macht aber mehrfach deutlich, dass InteractiveMedia mit dem eigenen Reichweitenteam auf auf Modelle ohne Margenabfluss an externe Dienstleister setzt. In Rahmen unserer Interviewreihe zur Ad Trader Conference, gibt Frank Bachér interessante Ein- und Ausblicke.
Adzine: Es wird derzeit viel diskutiert über den Einsatz von zusätzlicher Technologie im Verkauf von digitaler Medialeistung, gerade was eine höhere und effektivere Auslastung von „unsold“ Inventar angeht. Welches Potenzial sehen Sie in dynamischen Tradingplattformen wie Ad Exchanges und Supply Aggregatoren für Ihre Publisher und Ihr Vermarktungsgeschäft?
Frank Bachér: InteractiveMedia vermarktet starke Marken wie t-online.de, bunte.de, kicker online etc. und unser Portfolio hat für Werbetreibende eine hohe Vermarktungsrelevanz. Somit stellen wir sicher, dass wir einen Großteil unseres Inventars über den klassischen TKP an die großen Werbetreibenden vermarkten. Wir bieten den Werbetreibenden auf den starken Marken die entsprechenden redaktionellen Umfelder für aufmerksamkeitsstarke Platzierungen und Sonderformate.
Gemeinsam mit den Online-Redaktionen entwickeln wir zudem Konzepte für die redaktionelle oder werbliche Integration von Werbepartnern. Für diese Platzierungen und Integrationen bieten wir einen umfassenden Service in der Konzepterstellung, der Kampagnenbetreuung und Optimierung.
Neben der klassischen Online-Vermarktung auf Premium-Marken sehen wir im Bereich der Reichweiten-Vermarktung zukünftig Wachstumschancen. Bereits heute verkaufen und steuern wir Standardmedia auf Standardplatzierungen über ein eigenes Reichweitenteam. Über die technische Optimierung lässt sich das Restplatz-Inventar noch besser und effektiver auslasten. Es ist unser Ziel, dass wir die Optimierung selbst steuern und keine externen Dienstleister nutzen, die einen Margenabfluss für den Publisher und uns bedeuten.
Adzine: Es ist ja heute noch sehr viel Theorie im Spiel, aber ist es aus Ihrer Sicht realistisch, dass Advertiser und Publisher in gleicher Weise von einem automatisierten Matching zwischen Media-Angebot und Nachfrage profitieren werden?
Bachér: Es kann hier nicht um eine reine Verteilungsfrage gehen, sondern um Wege, wie Medialeistung optimiert geplant und ausgesteuert werden kann, damit der Erfolg für den Werbetreibenden steigt. Dies ist künftig noch mehr durch ein optimales Zusammenspiel der beworbenen Kanäle und Medien zu erreichen. Wir werden keine Modelle akzeptieren, bei denen Publisher oder Vermarkter – beispielsweise bei intransparenten Trading-Modellen – nicht offen und fair an der Wertschöpfung partizipieren.
Adzine: Konnten Sie im Rahmen Ihrer Vermarktungsaktivitäten bereits Erfahrungen mit dynamischen Tradingplattformen oder Exchanges sammeln?
Bachér: Wir haben mit verschiedenen sogenannten Backfillern im kleineren Rahmen zusammengearbeitet. Letztendlich ist die Erkenntnis, dass wir über unseren eigenen Vertrieb die besten Kampagnenerfolge erzielen. Damit stellen wir den Kampagnenerfolg für die Werbetreibenden sicher, erzielen die besten Ergebnisse für den Publisher und verhindern einen Margenabfluss durch den Einsatz eines externen Dienstleisters.
Adzine: Entsteht durch ein automatisiertes Trading möglicherweise ein völlig neues Segment im Display Advertising, durch das zusätzliche Werbebudgets für Display erschlossen werden können (z. B. aus dem Search Marketing)?
Bachér: Automatisierte Plattformen werden für die Restplatzvermarktung eine größere Rolle spielen, da mit wenig Aufwand und über Targeting-Möglichkeiten bessere Preise erzielt werden. Auf den starken Marken und den hochwertigen Umfeldern wird auch weiterhin die traditionelle Mediaplanung und Abrechnung dominieren. Sie ermöglicht die Vorteile, die Online durch überlegte Konzepte – auch Cross-Media-Konzepte – bietet. Hierfür werden wir die Zusammenarbeit zwischen Vermarktern, Werbetreibenden und Mediaagenturen intensivieren müssen, begleitet durch noch mehr Marktforschung.
Adzine: Rechnen Sie in absehbarer Zeit mit deutlich stärkerer Nachfrage im Performance-Segment (auch durch immer mehr E-Commerce Advertiser) und dadurch auch mit steigenden effektiven TKPs?
** Die Nachfrage wird steigen, da das Internet als Absatzmedium weiter an Bedeutung gewinnen wird. Dadurch kann es zu höheren effektiven TKPs kommen: Je mehr (Performance-)Kampagnen um die relevanten Nutzerkontakte konkurrieren, desto höher wird der Preis sein. Wir sehen aber vor allem, dass mit dem intelligenten Einsatz von Optimierungsinstrumenten die Kampagnenleistung verbessert werden kann.
Adzine: Wie bewerten Sie das Datenthema. Sind Userdaten wirklich der einzige Schlüssel zu mehr Performance oder gibt es auch noch andere wirksame Einflussgrößen?
Bachér: Daten sind sicher ein wirksamer und ausbaufähiger Werttreiber im Reichweitensegment, hier wird aber sensibel vorzugehen sein, um eine anonyme Datennutzung zu gewährleisten. Wir müssen jedoch auch klare Anforderungen an die Gesetzgebung stellen, die Missbrauch verhindert, aber die Nutzung von Daten im Interesse der Nutzer und der Werbetreibenden ermöglicht. Die Nutzer nehmen Werbung in einem für sie relevanten Kontext positiv auf und diese Möglichkeiten sollte der Gesetzgeber auch weiter zulassen.
Adzine: Müssen Publisher durch eine Öffnung in Richtung Tradingplattformen fürchten, dass immer mehr externe Optimierungssysteme ihre Nutzerdaten ohne ihre Erlaubnis auch an anderer Stelle einsetzen? Kann man etwas tun, oder muss man sich damit abfinden, wenn man sich für eine technologiegetriebene Vermarktung entscheidet?
Bachér: Publisher und Vermarkter müssen entscheiden, welchen Zugriff sie auf Nutzerdaten gewähren möchten, die Entscheidung liegt in ihrer Hand. Wir sind der klaren Meinung, dass die Hoheit der Nutzerdaten beim Publisher bzw. Vermarkter liegen muss. Für den Fall, dass wie im Targeting die Reichweite für den Kunden bzw. die Mediaagentur eine zentrale Rolle spielt, müssen kleinere Vermarkter auch über Kooperationen sicherstellen, dass sie die Anforderungen der Werbetreibenden erfüllen. Als größter AGOF-Vermarkter können wir sicherstellen, dass wir den Werbetreibenden die entsprechende Reichweite bieten. Trotzdem werden Kooperationen und der Einsatz von Intermediären künftig im Bereich der technologiebasierten Vermarktung eine größere Rolle spielen.
Adzine: Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie als Vermarkter auf sich zukommen bei einem stärkeren Technologieeinsatz?
Bachér: Die Frage der „Nutzer Ownership“ wird uns weiter beschäftigen. Dafür werden wir weiter in Targeting-Technologie investieren und prüfen, wie wir führende Lösungen zur Anwendung bringen können. Die Roadmap ist ambitioniert und wir werden insbesondere auch weiter in Richtung Datenanreicherung, das heißt auch externe Datenlieferung, arbeiten. Zudem werden wir zunehmend Optimierungssoftware einsetzen, um die Aussteuerung vor allem im Reichweitensegment zu optimieren.
Adzine: Herr Bachér, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen Ihnen viel Erfolg.
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