Es mag in der Mediawelt nach wie vor spannendere Themen als das Mediageschäft über Ad Exchanges geben, aber die Berichte und Diskussionen in Fachpresse und auf Veranstaltungen deuten darauf hin, dass dieser Themenbereich in der Zukunft eine wichtige Rolle im digitalen Mediageschäft einnehmen wird. Dieser Artikel soll den Einstieg in die Terminologie und das Konzept von Ad Exchanges geben.
Wer spielt also im Markt eine Rolle?
Zunächst mal die Ad Exchanges selbst, die eine Aggregation für die Angebotsseite übernehmen. Vermarkter und Ad-Networks stellen Impressions in Ad Exchanges ein, um unverkauftes Inventar zu monetarisieren. Die meisten Ad Exchanges bieten auch direkt Funktionalitäten für Mediaeinkäufer, allerdings geht der Trend zu Demand Side Platforms auf der Nachfrageseite, die den synchronisierten Zugriff auf mehrere Exchange Plattformen ermöglichen. Die größten Ad Exchanges sind Google Ad Ex 2.0, Yahoo Right Media, Pubmatic, Rubicon, Admeld und OpenX.
Demand Side Platform (DSP)
Hierbei handelt es sich, wie erwähnt, um die Abbildung der Nachfrageseite. Agenturen und Werbekunden nutzen DSPs um gleichzeitig auf mehrere Ad Exchanges zuzugreifen, Überblick über das verfügbare Inventar zu erhalten, Preise festzulegen und den Einkaufsprozess durchzuführen. Ein passender Vergleich für eine DSP ist ein Search Bidmanagement Tool für Display-Ads. Bekannte DSPs sind Invite Media, MediaMath, Turn, X+1, Triggit oder AppNexus.
3rd-Party-Daten-Anbieter
Zusammengeführte Daten von Webseiten werden genutzt, um Zielgruppen-Targeting zu ermöglichen. Diese häufig auf Registrierungsinformationen basierende Daten fließen z.B. von Vermarktern, Social Networks, Dating- oder Shoppingplattformen ein. Targeting kann genutzt werden für:
- Demografie (z.B. Geschlecht, Einkommen, Wohnort)
- Interessen (z.B. Kochen)
- Kaufabsichten (z.B. kürzliche Suchen "Flüge nach Zürich")
Wie funktioniert der Kaufprozess in Ad Exchanges
Es wird ein Auktionsmodell verwendet: Jeder Interessent gibt ein Gebot ab und das höchste davon gewinnt. Gezahlt wird 0,01€ mehr als das zweihöchste Gebot. Beispiel:
1. Bieter: 0,30€
2. Bieter: 0,40€
3. Bieter: 0,70€
=> bezahlter Preis: 0,41€
Der eigentliche Gebotsprozess dauert weniger als 100 Millisekunden und sieht (vereinfacht) folgendermaßen aus:
1. Der Ad Exchange teilt der DSP mit, dass eine Impression verfügbar ist.
2. Die DSP überprüft, ob die angebotene Impression von Interesse ist (z.B. über Retargeting- oder 3rd-Party-Merkmale). Falls ja...
3. Aufgrund der Einschätzung, was die Impression wert ist, gibt der DSP ein Gebot ab.
4. Der Ad Exchange verkauft die Impression an den höchsten Bieter.
5. Werbemittel wird vom Gewinner der Auktion geliefert.
Was bedeutet Real Time Bidding in Zusammenhang mit Ad Exchanges?
Wie oben im Kaufprozess beschrieben, wird jede einzelne Impression bewertet und verkauft. Dieser neuartige Prozess wird Real Time Bidding (RTB) genannt und ermöglicht extrem genaues Targeting auf Impression-Ebene. Der Preis für jede einzelne Impression wird bewertet und es wird ein entsprechendes Gebot dafür abgegeben. Folgender Link gibt eine kurze Erläuterung zu RTB: http://www.slideshare.net/DapperWebinar/what-is-real-time-bidding-in-30-seconds
Wie groß ist der Ad Exchange Markt?
Schätzungen gehen von 850 Millionen Dollar aus, welche 2010 von DSPs in den USA ausgegeben wurden (ca. 10% vom Display-Markt).
Warum wird dieser Einkaufsprozess immer beliebter?
Es gibt vier Hauptgründe, die Trading für Agenturen interessant machen.
1.Einkauf von Zielgruppen anstatt von Umfeldern: Traditionell kaufen Agenturen Umfelder, in denen sich ihre Zielgruppen normalerweise aufhalten. Beispiel: Wenn die Zielgruppe als "weiblich 18-29 Jahre" definiert wird, kauft man Media auf Webseiten, auf denen sich die Zielgruppe konzentriert aufhält.
2.Ineffizienter Einkaufsprozess im digitalen Media: Agenturen stehen vor der Herausforderung, aus einer großen Anzahl verschiedener Vermarkter auszuwählen. Dadurch kann eine Online-Display-Kampagne in Bezug auf Planung und Einkauf um ein vielfaches aufwendiger sein als klassische Offline-Kampagnen.
3.Reduzierung von Zwischenhändlern: Ad-Networks bieten Agenturen gute Möglichkeiten Zielgruppen zusammenzufassen sowie alternative Abrechnungsmodelle (CPC, CPA, Low-CPM). Allerdings behalten die Ad Networks dafür auch eine hohe Marge ein.
4.CPC- und CPA-Ziele: Auch wenn Ad Exchanges perfekte Voraussetzungen für Zielgruppen-Targeting bieten, ist der Großteil der aktuellen Kampagnen auf CPC- oder CPA-Ziele beschränkt. Ad Exchange Inventar ist reichlich und günstig vorhanden, so dass es leicht fällt die Performance-Ziele zu erreichen bzw. zu unterbieten.
DSP vs. Trading Desks
Alle großen Agenturnetzwerke verfügen über Trading Desks. Das sind letztlich Teams innerhalb der Agenturen, welche Ad Exchange-Inventar zentral einkaufen. Diese nutzen die DSP als Technologie für den Einkauf.
Warum setzen Agenturen Trading Desks ein?
Trading Desks haben den Vorteil, dass die Daten aus den Ad Exchanges für sämtliche Werbekunden zusammengeführt werden können und so entsprechend segmentiert werden können (z.B. User, welche auf Auto-Werbung reagiert haben). Außerdem können Trading Desks als "Private Exchanges" agieren und die Einkaufsmacht kann für die Verhandlung mit Premium-Vermarktern eingesetzt werden (z.B. Premium-Vermarkter verkauft Inventar, welcher von der Agentur für beliebige Kunden eingesetzt werden kann).
Nicht zu vergessen ist der Aspekt, dass die klassischen Verdienstmöglichkeiten von Agenturen in den letzten Jahren stark geschrumpft sind. Der Einsatz von Trading Desks ermöglicht, sich Teile der Margen, welche früher von Ad-Networks einbehalten wurden, selber umzusetzen.
Self-Service vs. Managed-Service
Managed-Service ist momentan das dominate Modell bei DSPs. Man hört zwar häufig, dass Self-Service-Technologie angeboten wird, in der Realität ist dies jedoch nicht der Fall ist. Kurzfristig ist das Managed-Service-Modell für DSPs profitabler, weil keine komplette Transparenz über die Mediakosten besteht (z.B. wieviel wurde für die einzelnen Impressions gezahlt) und so Preisunterschiede ausgenutzt werden können.
Die meisten Agenturen wollen eine Self-Service-Version eines DSPs nutzen: Das Handling und Management der DSPs soll Inhouse stattfinden. Allerdings fehlt dazu teilweise das Wissen und die Manpower, um dieses erfolgreich umzusetzen.
Agenturen sollten das Managed-Service-Modell aus folgenden Gründen nutzen:
- es handelt sich um ein komplexes Umfeld, für das eine Expertise notwendig ist
- diese Expertise ist schwer zu finden
- viele Self-Service Tools sind schwer zu bedienen (fehlende Usability)
Das Ergebnis: DSPs landen wie jede andere Platzierung auf dem Mediaplan. Die Agentur hat unter Umständen nie Zugriff auf die eigentliche Technologie, noch Einsicht auf die eigentlichen Mediakosten, solange der DSP diese nicht separat ausgewiesen hat. Aber ist ein DSP mit Managed-Service nicht einfach ein anderes Wort für Ad Network? Bei einem Managed-Service Modell - ja - und das ist ein gewisser Störfaktor.
Daraus folgt, dass aktuell ein Managed-Service-Modell mit transparenten Kosten, ein gute Möglichkeit wäre. Damit würde die Agentur von der Expertise als auch von Preistransparenz profitieren. Auf lange Sicht ist zu erwarten, dass der Markt sich von Managed-Service zu Self-Service entwickeln wird, zum einen weil die Agentur von der Arbitrage stärker profitieren will und zum anderen die Expertise intern aufbauen möchte.
Preismodelle
In einem Managed-Service-Modell sind die Kosten für die Agentur nur schwer nachvollziehbar. Wenn die Agentur eigentlich 5€ an ein Ad Network hätte bezahlen müssen und der DSP die gleiche Leistung für 3€ erbringt, wird die Agentur zwar zufrieden sein. Die eigentlichen Kosten des DSP liegen vielleicht aber nur bei 1€. Margen liegen zwischen 20-80 Prozent, in Einzelfällen aber auch schon deutlich niedriger. Denn mit der Weiterentwicklung der Märkte, werden auch die Kosten deutlich transparenter. Dann sollten diese maximal bei 10-20 Prozent der Mediakosten liegen.
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