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Hysterie in Berlin – Skepsis in Düsseldorf

Jens von Rauchhaupt, 15. Juni 2011

Das Verbraucherschutzministerium will Unternehmen dazu ermuntern, Wettbewerber abzumahnen, die auf Online-Werbeträgern Werbung schalten, die gegen deutsche Datenschutzbestimmungen verstoßen. Der BVDW reagiert auf diesen Vorstoß mit größter Skepsis und will lieber auf Selbstregulierung setzen.

Der Vorstoß aus der Berliner Machtzentrale, der über Spiegel-Online lanciert am vorangegangenen Freitag die Runde machte, kam für die Branche recht überraschend. Christian Grugel, in Aigners Ministerium Leiter der Abteilung Verbraucherpolitik wird dort zu den Plänen des Bundesministeriums wie folgt zitiert:

"Wir prüfen, ob das Datenschutzrecht in Anlehnung an das Fernabsatzrecht so gestaltet werden kann, dass jeder, der im Internet Angebote in den deutschen Wirtschaftsraum macht, sich an deutsche Regelungen halten muss." Man könne das in Analogie zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sehen, das habe "ja auch eine gewisse disziplinierende Wirkung entfaltet". Dieses Gesetz erlaubt Abmahnungen gegen Konkurrenten, die sich nicht an Regelungen und Gesetze halten. Und weiter: Man werde prüfen, "ob betroffene Unternehmen die Möglichkeit haben sollten, gegen Konkurrenten vorzugehen, die sich durch Datenschutzverstöße einen Wettbewerbsvorteil verschafft haben", so Grugel.

Das von der Berliner Obrigkeit vorgeschriebene Denunziantentum mag alsbald hiesigen Juristen als zusätzliche Einnahmequelle dienen, doch scheint es zweifelhaft, dass eine solche gesetzliche Regelung langfristig die Missachtungen von Datenschutzbestimmungen aus der Welt schaffen wird. Denn in den meisten Ländern ist der Datenschutz unterschiedlich geregelt. Und die hiesigen Bestimmungen sind für Unternehmen wie Facebook und Google - aber auch andere ausländische Unternehmen - nicht das Maß aller Dinge.

Matthias Ehrlich

Heute hat der BVDW mit seinem Vizepräsident Matthias Ehrlich auf die Pläne des Ministeriums reagiert. Zwar bestehe laut Ehrlich die Problematik eines "sehr ungleichen Datenschutzniveaus in Deutschland im Gegensatz zu vielen ausländischen Staaten", doch sei das kein Grund, dass Anzeigenkunden für Datenschutzverstöße anderer in die Haftung genommen werden sollen. „Diese Entwicklung verlagert eine Verantwortung auf die Werbungtreibenden, die sie mangels Wissen und Kontrollmöglichkeiten nicht wahrnehmen könnten, und besitzt somit das Potenzial, auch den gesamten legalen Online-Werbemarkt nachhaltig zu schädigen“, sagt Ehrlich.

Politik und Industrie sollten gemeinsam auf eine einheitliche Beachtung angemessener Datenschutzstandards weltweit hinwirken. Einen effektiveren Weg sieht Ehrlich daher  – wie auch die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages feststellt – in der  Selbstregulierung, "mit der sich Marktakteure unabhängig von ihrer Herkunft zur Einhaltung bestimmter Regeln in einem Markt verpflichten. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hat genau dieses Thema bereits in der Vergangenheit mit Nachdruck in Politik und Wirtschaft platziert und wird hierzu in Kürze mit weiteren relevanten Marktinstanzen die Pläne für die zukünftige Entwicklung vorstellen“, so Ehrlich.

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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