Adzine Top-Stories per Newsletter
E-MAIL MARKETING

Durchdachtes Lifecycle-Management sorgt für aktive Abonnenten

Stefan von Lieven, 5. Mai 2011

Interessierte, aufmerksame und aktive Newsletter-Abonnenten sind eine zentrale Größe im E-Mail-Marketing, aber sie sind auch unbeständig. Führt man eine Bestandsaufnahme durch, stellt man meist fest, dass wirklich aktive Abonnenten, die nahezu jede Gelegenheit zum Lesen und Klicken nutzen, nur einen überschaubaren Anteil der Gesamtmenge ausmachen. Der Hauptteil partizipiert mehr oder weniger gelegentlich und ein dritter Teil ist sogar vollständig oder weitgehend inaktiv.

Entgegen der Hoffnungen, dass es sich nur um eine kleine, vernachlässigbare Gruppe handelt, kann ihr Anteil 50 Prozent und mehr betragen – nicht mehr erreichbare Adressen (Bounces) bereits heraus gerechnet. Dieser Anteil ist abhängig von der Adressgenerierung und Qualität der vergangenen Kommunikation. Bis zu 50 Prozent der Abonnenten lesen keine Newsletter, nehmen keine Werbebotschaften wahr, klicken nicht auf Links und generieren keinen Mehrwert für Anbieter.

Performance statt Reichweite

Vor dem Hintergrund sich verändernder Vermarktungsmechanismen und erfolgsorientierter Online-Werbung ist dies ein dramatischer Verlust. Eine einseitige Fokussierung auf Reichweiten und die mangelnde Differenzierung von Inhalt und Frequenz der Newsletter können als Ursachen ausgemacht werden. Anstatt E-Mail-Marketing nach dem „Gießkannenprinzip“ zu betreiben, sollten die Abonnenten differenziert angesprochen werden, um „Verteilerleichen“ zu reaktivieren und aktive Nutzer zu halten.

Um den Abonnenten wirklich relevante Nachrichten zur richtigen Zeit und in der richtigen Häufigkeit zu senden, ist ein aktives Lifecycle-Management notwendig. Welche Potenziale darin liegen, verdeutlicht das Beispiel der Mediengruppe RTL Deutschland. Durch gezielte Maßnahmen konnten 30 Prozent der inaktiven Nutzer zurückgewonnen werden. Dies führte nicht nur zu interessierteren Empfängern, die häufiger aus den Newslettern heraus auf die Inhalte der Portale zugreifen, sondern vor allem auch zu besseren Erfolgskennzahlen für die Vermarktungskunden. Öffnungs- und Klickraten liegen so deutlich höher als der Durchschnitt in vergleichbarem B2C-Marketing.

Übergreifende Profilierung als Schlüssel

Eine Bewertung der Abonnenten nach Kriterien wie Involvement oder Interessen bildet die Grundlage für eine sinnvolle Segmentierung und ein durchdachtes Lifecycle-Management. Speziell für Retail-Anbieter bietet sich die Einbeziehung von einfachen oder erweiterten Conversion-Werten an (z. B. letztes Kaufdatum, Anzahl der Käufe oder RFM-Modelle). Zur Messung der bewertungsrelevanten Daten muss eine übergreifende Profilierung der Abonnenten durchgeführt werden. Je komplexer diese ausfällt – z. B. durch Messung des Verhaltens auf verlinkten Zielseiten –, desto präziser werden die Bewertungen, die Ergebnisse. Denn mithilfe übergreifender Profile können die Erfolgskennzahlen im Online-Dialogmarketing um einen Faktor vier bis fünf gegenüber ungezielter Massenkommunikation verbessert werden.

Da nur Daten erfasst werden können, deren Erhebung die Abonnenten explizit zugestimmt haben, müssen die Anbieter den Zusammenhang zwischen umfangreicher Profilierung und relevanter Ansprache verständlich kommunizieren. Den Abonnenten ist zu vermitteln, dass eine weitreichende Profilierung für sie einen echten Mehrwert schafft. Nur so können die Zustimmungen zur erweiterten Datennutzung erfolgreich eingeholt werden. Die vorgenommenen Bewertungen erlauben dann die individuell angepasste, zielgruppengerechte Ansprache einzelner Segmente. Hoch affine Abonnenten können erkannt und anders behandelt werden als solche mit geringem Involvement. Nachlassendem Interesse kann frühzeitig mit adäquaten Maßnahmen begegnet werden. Intelligente Technologien auf Basis aktivitätsbasierter Scoring-Methoden und Segmentierungsmodelle helfen bei der automatisierten Steuerung der Mailings und der Steigerung von Frequenzen. Dies ist besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass ein subjektiv zu häufiger Kontakt der zweitwichtigste Grund für Abmeldungen ist.

Möglichkeiten der Reaktivierung

Eine besondere Herausforderung stellt die Reaktivierung von vollständig oder weitgehend inaktiven Abonnenten dar. Im ersten Schritt ist es ratsam zu prüfen, ob möglicherweise technische Gründe die Ansprache der Abonnenten behindern. Manche E-Mail-Provider könnten Zustellprobleme verursachen oder die Newsletter als Spam klassifizieren. Weitere Fehlerquellen bedingen sich durch die Anzeige in den E-Mail-Clients (z. B. durch HTML). Sollten keine technischen Hindernisse bestehen, könnte die Frequenz der Schlüssel zur Reaktivierung sein. Das Auslassen einiger Mailings und ein späteres Wiederauftauchen in der Mailbox kann ein Mittel für erneute Aufmerksamkeit sein.

Der erste Eindruck einer E-Mail entsteht über die Betreffzeile. Sollte diese den Abonnenten nicht ansprechen, landet die E-Mail oft ungelesen im Papierkorb. Der Einsatz veränderter Betreffzeilen, mit anderem Stil, anderem thematischen Fokus oder einer besonders direkten und persönlichen Ansprache (z. B. „Wir vermissen Sie, Herr/Frau …!“), kann inaktive Abonnenten wieder zum Lesen der E-Mails bewegen. Eine Veränderung des Absenders kann ebenfalls Wirkung zeigen. Gerade für den B2B-Bereich bietet es sich an, Personen als Absender anzugeben, welche die Relevanz des E-Mailinhalts unterstreichen (Geschäftsführer) oder welche der Empfänger persönlich kennt (Account Manager).

Besondere Angebote können ebenso zu neuer Aufmerksamkeit beitragen. Besonders im Retail-Bereich bestehen mannigfaltige Möglichkeiten, um die Abonnenten mit Rabatten oder Gutscheinen zu locken. Im B2B-Bereich lässt sich das Interesse oft durch den Zugang zu exklusiven Whitepapers oder interessante Marktdaten erneut wecken.

Anstatt auszuprobieren, wie Abonnenten reaktiviert werden können, kann auch eine Befragung der Empfänger vorgenommen werden. Man erfährt aus erster Hand, was dem Kunden gefällt oder nicht gefällt und warum sie weniger aktiv sind. Allein das Interesse an der Kundenmeinung kann oft schon viel bewirken. Aus erster Hand erfahren Sie Informationen über die Aktivität der Empfänger und die Qualität der einzelnen Inhalte. Es lässt sich festhalten, dass Anbieter einen erheblichen Wert durch aktive Abonnenten erhalten, diese Aktivität ist allerdings nicht leicht zu erzeugen und zu halten. Nur eine Abkehr von alten Denkmustern der Massenwerbekommunikation hin zu einem individuellen, serviceorientierten und nach Kundenlebenszyklus differenzierten Dialog führt nachhaltig zu interessierten und wertvollen Kontakten.

Vier Tipps für aktive User

Segmentieren Sie nach Aktivität: Mindestens sollte unterschieden werden zwischen sehr aktiven Usern, durchschnittlich aktiven und inaktiven. Denn diese Segmente müssen unterschiedlich behandelt werden.
Versandfrequenz nach Lifecycle: Optimalerweise wird bei mehr als zwei Mailings im Monat die Frequenz individuell nach Aktivität bzw. Stadium des Lebenszyklus gesteuert. Mindestens aber sollte man mit weniger starten und die Frequenz für den Nutzer anpassbar halten. Erlauben sie dem Empfänger, selbst die Versandfrequenz zu bestimmen, indem sie mehrere Abonnements anbieten. Bei festgestellter Inaktivität sollten die Mailings unterbrochen werden, um erst nach einer Reaktivierung fortgesetzt zu werden.

Individuelle Reaktivierung: Reaktivierung ist keine jährliche Kampagne, sondern eine individuelle Maßnahme! Reaktivierungskampagnen sollten automatisch und permanent laufen, um Nutzer direkt bei eintretender Inaktivität wieder abzuholen. Denn Aktivität kann man trainieren – umgekehrt wird es im Zeitablauf immer schwieriger, Inaktive zurückzugewinnen.

Nutzen Sie Service- und Transaktionsmails: Diese Kommunikation hat regelmäßig deutlich mehr Aufmerksamkeit als Newsletter oder werbliche Kommunikation. Aktivitätsprofile müssen sich also über alle Kommunikationsmaßnahmen erstrecken. Reaktivierung kann sich dem Charakter einer Service-E-Mail bedienen. Dankeschön- oder Kundenbindungsmails („Vielen Dank für Ihr Vertrauen“) erzielen hohe Quoten bei einer Reaktivierung.

Über den Autor

Stefan von Lieven ist Vorstandsmitglied der artegic AG. Die artegic AG unterstützt Unternehmen beim Aufbau von loyalen und profitablen B-to-B und B-to-C Kundenbeziehungen mit Online Dialogmarketing.

Bild Stefan von Lieven Über den Autor/die Autorin:

Stefan von Lieven studierte Maschinenbau und BWL an der RWTH Aachen und ist Mitgründer der artegic AG – einem Anbieter von Online-CRM-Technologie und -Beratung. Von Lieven verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Online-Branche und engagiert sich in Verbänden und als Gastdozent für die Modernisierung von Kundenbeziehungen über digitales Dialogmarketing.