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Nichts ist, wie es scheint – manchmal ist es sogar besser. Im E-Mail-Marketing gilt das für die Öffnungsraten. Tatsächlich öffnen nämlich weit mehr Empfänger werbliche E-Mails, als viele Standardreports das ausweisen. E-Mail-Programme mit Bildunterdrückung und das flüchtige Lesen der Mail im Vorschaufenster verhindern das Laden des für die Öffnungsrate nötigen Zähl-Pixels. Doch welcher Marketer würde deshalb gleich auf Bildmaterial verzichten wollen?

Die wenigsten. Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte. Die Bedeutung visueller Darstellungen zur Steigerung der Konversion ist im Online-Marketing hinlänglich bekannt und nachgewiesen. Das gilt auch für das E-Mail-Marketing, wie Martin Bucher, Managing Director von Inxmail, Anbieter von E-Marketing-Lösungen, noch einmal bestätigt. „Bilder wirken stark auf Menschen – und tragen somit viel zur Konversion bei.“ Einige Anbieter gehen daher so weit, dass Online-Marketer ihre Bilder so einbinden können, dass diese selbst bei restriktiven E-Mail-Clients garantiert angezeigt werden. „Diese ‚Embedded Images‘ empfehlen wir für Bilder, die Empfängern im Vorschaubereich von E-Mail-Clients wie Microsoft Outlook oder Google Mail angezeigt werden. Damit ist das Markenlogo des Absenders und der Top-Seller auch bei unterdrückten Bildern sichtbar sind“, erläutert Bucher.

Motive der Pixel-Unterdrücker

Denn gerade die Bilder sind es, die auf Empfängerseite absichtlich im Postfach und bei der Voransicht im Postfach gnadenlos unterdrückt werden. Die Beweggründe sind dabei vielfältig. Neben Performance-und Kostenfragen des mobilen Internets spielen beim Empfänger auch Sicherheitsaspekte eine Rolle. Zum Leidwesen der E-Mail-Marketers, die dadurch mit falschen bzw. schlechteren Öffnungsraten arbeiten müssen, wie eine jüngste Studie zur Akzeptanzforschung von E-Mailings des E-Mail-Dienstleisters Agnitas eindrucksvoll beweist.

Nach ihren eigenen Testmessungen sei die Reichweite von E-Mailing-Aktionen in der Regel um bis zu 40 Prozent höher als in den Reports der Mail-Programme ausgewiesen. 18 Millionen kommerzielle E-Mails ließ Agnitas nach Öffnungen und Klicks auswerten. Dabei unterschied Agnitas zwischen „Öffner“, die eine E-Mail mithilfe des „Mess-Pixels“ nachweislich öffneten, und „Reagierer“, die mindestens auf einen im Mailing integrierten Link klickten. Die Tests hatten gezeigt, dass 28 % aller Reagierer die E-Mails nicht messbar öffneten, gleichwohl sie reagierten. Das bedeutet, dass zahlreiche Empfänger, die von den Versandlösungen als „Nicht-Öffner“ bewertet werden, ihre E-Mails dennoch gelesen haben. Diese Zählabweichungen kommen technisch dadurch zustande, dass E-Mail-Versender die Öffnungsrate der elektronischen Post über einen „Mess-Pixel“ zählen, was im Textmodus der E-Mail nicht mehr möglich ist. Gerade beim E-Mail-Empfang auf mobilen Endgeräten würden die Nutzer aufgrund ihrer vergleichsweise kleinen Bildschirme auf die Bilderanzeige verzichten.

Im E-Commerce führe die Bildunterdrückung laut Agnitas zum kuriosen Phänomen, dass auch „Nicht-Öffner“ über einen werblichen Newsletter auf den Webshop gelangen und eine Warenbestellung auslösen. Diese Zählabweichungen kommen technisch dadurch zustande, dass E-Mail-Versender die Öffnungsrate der elektronischen Post über einen „Mess-Pixel" zählen, was im Textmodus der E-Mail nicht mehr möglich ist. Gerade beim E-Mail-Empfang auf mobilen Endgeräten würden die Nutzer aufgrund der vergleichsweise kleinen mobilen Bildschirme auf eine Bilderanzeige verzichten, so die Studie.

Ulf Richter

Problem bekannt

Das Problem der von der Realität abweichenden Öffnungsraten in E-Mailings ist dem Markt schon länger bekannt. Doch nicht nur die Bildunterdrückung zeichnet sich dafür verantwortlich. „Eine ‚Öffnung‘ wird technisch meist durch einen Bildabruf erfasst. Das kursorische Durchblättern von E-Mails im Posteingang kann das Ergebnis daher genauso verzerren wie das Lesen der Newsletter ohne aktivierte Bildanzeige”, erläutert Ulf Richter, Mitbegründer und Geschäftsführer des E-Mail-Marketing-Dienstleisters Optivo in Berlin. In der Branche gibt es daher immer wieder Überlegungen, die Öffnungsrate in „Rendering-Rate“ umzubenennen. „Aus meiner Sicht passt der Begriff besser“, sagt Richter.

Je nach Anbieter kursieren aber andere Zahlen zu den Abweichungen der Öffnungsraten. „Eigene Stichproben haben ergeben, dass etwa 10 bis 15 % der Öffnungen nicht gemessen werden, unabhängig davon, ob Newsletter primär mobil oder stationär gelesen werden“, sagt etwa Ralf Engler, Geschäftsführer der E-Mail-Marketing-Agentur Promio.net.

Auch für Bucher von Inxmail sind die Erkenntnisse nichts Neues: „Die Messung der Öffnungsrate rein über ein Zählpixel resultiert tatsächlich in mindestens 40 % geringeren Ergebnissen.“ Allerdings macht Bucher nicht nur die Bildunterdrückung, sondern auch die Spamfilter für die falschen Messungen verantwortlich: „Nicht nur wegen unterdrückter Bilder, sondern weil einige Spamfilter diese 1x1 Pixel großen Bilder auch automatisch als ‚Web-Bugs‘ aus Mailings herausfiltern und den Mailings gleichzeitig auch noch einen höheren Spamwert zuweisen. Damit verringern solche Zählpixel auch die Zustellbarkeit“, sagt Bucher.

Martin Bucher

Überschätzte Öffnungsrate?

Doch Bucher warnt davor, gleich deshalb den Erfolg eines E-Mailings allein nach der Öffnungsrate zu gewichten: „Die Öffnungsrate wird als Kenngröße oft überbewertet und falsch angewendet. Auf die Frage, ob eine Öffnungsrate von 25 % gut oder schlecht ist, kann man seriöserweise in der Realität keine Aussage machen. Wichtig ist doch der tatsächliche Erfolg einer Kampagne im Sinne des erzielten ROI!“ Die Öffnungsrate sei daher nur ein Indikator, der Aussagen in Relation zu vorherigen Kampagnen zulässt, keinesfalls sollte man diese mit E-Mail-Kampagnen des Wettbewerbs vergleichen: „Optimiert ein Marketer seine Kampagnen, sollte die Öffnungsrate steigen. Es ist aber relativ egal, wie diese Rate im Vergleich zu einem anderen E-Mail-Marketer ist.“

Ähnlich sieht es Engler von Promio.net, für den die Öffnungsrate für sich betrachtet nur wenig Aussagekraft hat. „Es ist wichtig, dass sich Versender bewusst sind, dass eine Öffnungsrate keine absolute Erfolgskennzahl ist. Sie ist vielmehr mit anderen Zahlen in Verbindung zu bringen: beispielsweise ein Vergleich von mehreren Aussendungen an dieselbe Zielgruppe oder die Betrachtung der Klick- und Konversionsraten sind viel aussagekräftiger.”

Eine isolierte Betrachtung der Öffnungsrate zur Erfolgsmessung wird also von den E-Mail-Experten kritisch beäugt. Und dennoch zählt Ulf Richter von Optivo die Öffnungsrate noch immer zu einer der „auf absehbare Zeit … wichtigen Kennziffern für die Performance“ eines E-Mailings. Richter weiter: „Erfahrene Marketer sind sich jederzeit bewusst, dass es sich hierbei nicht um das Öffnen eines Briefumschlags handelt, sondern um die Messung einer Bildanzeige. Eine vergleichende Betrachtung der Öffnungsraten mehrerer Mailings ist absolut valide. Im Zeitverlauf sind stetig sinkende Öffnungsraten praktisch immer ein Indiz für eine nicht funktionierende Kundenansprache oder für einen zu aktualisierenden E-Mail-Verteiler.“

Technische Alternativen

Richter sieht auf der technischen Ebene derzeit keine bessere Methode als das Zählpixelverfahren zur Ermittlung der Öffnungsrate: „Ich bin deshalb strikt gegen die Einführung einer weiteren Kennziffer für Öffnungen. Der Zählpixel ist in der gesamten Online-Branche fest etabliert – er gilt auch als ‚Vergleichswährung‘ im E-Mail-Kanal.“ Bucher würde hingegen von den 1x1-Zählpixel Abstand nehmen wollen und beliebige Bilder messbar machen, um so der Spam-Problematik, also der „Web Bug“-Falle zu entgehen und gleichzeitig die Zustellungsraten zu erhöhen. „Gleichzeitig sollte man Klicks in Mailings ebenfalls als Öffnung werten. Denn es ist naheliegend, dass ein Mailing geöffnet worden ist, wenn Empfänger dort Webadressen klicken.“ Mit dem Partner rabbit eMarketing hat Inxmail vor über einem Jahr mit der POR (Projected Opening Rate) eine neue Kenngröße ins Leben gerufen, die eine Annäherung an die wirkliche Öffnungsrate erbringen soll.

Ralf Engler

Ob die falschen Zahlen bei den Öffnungsraten vorrangig mobile Mailings betrifft, wird von den hier befragten Experten bezweifelt. Eine getrennte Ermittlung mobiler und stationärer Öffnungsraten hält Engler von Promio.net daher für wenig sinnvoll. „Zwei Öffnungswerte für stationäre oder mobile Newsletter zu ermitteln, macht aus unserer Sicht wenig Sinn, weil die Zielgruppen nicht vergleichbar sind. Viel wichtiger ist die Überlegung, wie die Darstellung für den Leser optimiert werden kann.“ Promio.net entwickelt daher gerade ein Feature, welches dem Leser in jeder E-Mail eine Auswahl bietet: Text, HTML oder Mobile. „Diese Einstellung merkt sich das System und versendet ab sofort im vom Empfänger gewünschten Format. Und dann kann man auch über einen Vergleich der mobilen bzw. stationären Öffnungsraten sprechen“, sagt Engler.

Was Sie schon immer wissen wollten – Die Leichtigkeit des Bildes

Aber natürlich gibt es bei den Datengrößen, also der Schwere der Bilder, generell einige Regeln zu beachten, die durch das mobile Internet an Bedeutung gewinnen. Dabei sei aber der Umfang des HTML-Codes nach Meinung von Engler weniger entscheidend. „Es sollte nur beachtet werden, dass Bilder in mobilen E-Mails 80 Kilobyte nicht überschreiten. Bei stationären E-Mails können es ruhig bis zu 250 Kilobyte sein“, so Engler.

Richter zieht hierzu das W3C-Konsortium heran. „Das empfiehlt für mobile-gerechte Webseiten eine Maximalgröße von 20 Kilobyte. Je nach verfügbarer Bandbreite kann der Download unterwegs schon mehrere Sekunden beanspruchen. Für stationäre E-Mails sind 20 KB hingegen nicht besonders viel. Um volumenabhängige Datentarife, geringere Bandbreiten oder CPU-Taktungen zu unterstützen, empfehle ich, die verwendeten Grafiken kleiner zu skalieren oder weiter zu komprimieren. Bei größeren Datenmengen wird der Marketer auch nicht darum herumkommen, auf die eine oder andere Grafik für den mobilen Nutzer zu verzichten. Für die stationäre E-Mail gilt die Faustregel, so groß wie nötig und so klein wie möglich. Technische Einschränkungen gibt es hierbei nicht“, so Richter.

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin: