Ganz klar: Mobile Advertising kommt in Fahrt. Immer mehr Werbebanner liefern die Adserver auf den mobilen Webseiten und Apps aus. Doch wie unterscheidet sich eigentlich das mobile Adserving von jenem fürs stationäre Internet? So groß sind die Unterschiede inzwischen gar nicht, wie wir von einigen Adserver-Anbieter erfahren konnten. So sind die meisten Arbeitsabläufe bei Buchung und Reporting identisch mit denen für Display Advertising im stationären Internet. Ein paar Unterschiede fanden wir aber dann doch noch.
Jetzt geht’s los
Jörg Klekamp, Vorstand von Adition Adserver, zeigt sich noch immer erstaunt, wenn er die Anzahl der Ad Requests, ausgelöst durch mobile Endgeräte im Adition-Portfolio, mit der Zahl von vor gut zwölf Monaten vergleicht. „Vor einem Jahr hatten wir noch etwa 20 Millionen Ad Requests im Monat, jetzt sind es deutlich mehr als 100 Millionen alleine im deutschsprachigen Raum. Besonders im letzten Quartal konnten wir einen kräftigen Anstieg verzeichnen“, berichtet Klekamp. Dabei sei die Auslastung auf den einzelnen mobilen Werbeträgern höchst unterschiedlich berichtet Klekamp: „Je nach Platzierung schwankt diese zwischen 20 und knapp 100 Prozent.“
Manuel Koubek, Vertriebschef von Smart Adserver in Deutschland, bestätigt diese durchweg positive Entwicklung. Er macht die Rechnung bei den Werbeauslieferungen eines großen Kunden auf: „Anfang 2010 hatten wir dort vielleicht 150 Millionen Werbemittel im Monat ausgeliefert. Jetzt sind es deutlich über 400 Millionen und weltweit liefern wir gar 2 Milliarden Ads aus.“ Koubek ergänzt: „Das sind aber kaum aussagekräftige Zahlen für den Gesamtmarkt, weil wir in der Zwischenzeit sehr viele Vermarkter als Neukunden hinzugewinnen konnten. Was wir aber definitiv sagen können: Pro Monat steigt das weltweite Auslieferungsvolumen mobiler Ads bei unseren Kunden um mindestens 10 Prozent, in einigen Monaten lag dieser Zuwachs sogar deutlich darüber.“
Diese Erfolgsmeldungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, das Mobile Advertising noch immer ein zartes Pflänzchen ist. Dennoch haben sich die meisten Publisher-Adserving-Anbieter bereits mit speziellen Zusatzmodulen oder auch kompletten Dashboard-Integrationen auf diesen noch jungen Markt eingestellt, um mit der schier unübersichtlichen Zahl von unterschiedlichen mobilen Endgeräten mit wiederum unterschiedlichen Displaygrößen zurechtzukommen. Neben dieser Gerätevielfalt und den damit verbundenen technologischen Konsequenzen im Ad Delivery Workflow unterscheidet sich das mobile Adserving zudem beim Aussteuern des Werbedrucks, im speziellen Umgang mit den mobilen Apps und nicht zuletzt in einem höheren Volumenpreis für die Publisher. Und irgendwie scheinen viele dieser Punkte miteinander verwoben zu sein. Doch eins nach dem anderen:
Viel Arbeit mit der Vielfalt
Der wohl größte Unterschied zwischen dem bekannten Adserving und dem mobilen Adserving sind die zahlreichen unterschiedlichen Geräte und Geräteklassen wie WAP-Handys (Feature Phones) Smartphones und Tablets, die derzeit am Markt sind und deren Vielfalt stetig zunimmt. Inzwischen gibt es Tausende unterschiedliche Geräte, mit denen ein Homo Mobile mehr oder weniger gut das mobile Internet ansteuern kann.
Um das zu jedem Gerät passende Ad ausspielen zu können, brauchen die Adserver die Information, um welche Geräteklasse und welches Gerät mit welcher Displaygröße es sich handelt. Diese Geräteerkennung, die „Device Detection“, realisieren Drittanbieter, die aktuelle Datenbanken für alle auf dem Markt befindlichen Gerätetypen unterhalten und mit den Adservern kommunizieren. „Unsere im Einsatz befindliche Datenbank, in der alle ‚devices‘ hinterlegt sind, wird laufend aktualisiert so wie andere Datenbanken z. B. für IP-Adressen auch. Die Geräte-Identifizierung erfolgt durch die Header-Info. Mit der Identifikation des Gerätes ist gleichzeitig klar, über welche Leistungsmerkmale es verfügt: Hersteller, Gerätename, Bildschirmbreite und -höhe, Support von Javascript und Java, Video- und Audiofähigkeit. Zudem liefert der Header Informationen über den Browser und das Betriebssystem“, berichtet Erhard Neumann, CEO & COO des Adserver Anbieters ADTECH.
Der Smart-Adserver-Dienstleister DeviceAtlas kennt beispielsweise über 15.000 Geräte. Diese Datenbanken müssen möglichst schnell die Information verarbeiten und weitergeben. „Daher haben wir uns dazu entschieden, die Gerätedatenbank unseres Drittanbieters in gespiegelter Form auf unseren Servern liegen zu haben. Diese wird jeden Tag einmal aktualisiert“, erläutert Klekamp das Vorgehen bei Adition Adserving.
Werbemittelmanagement
Aufgrund der unterschiedlichen Displaygrößen der Handys müssen auch die Advertiser bei den Werbebannerformaten einige Unterschiede berücksichtigen. Die Mobile Marketing Association (kurz: MMA) hat sich mit diesem Thema bereits auseinandergesetzt und dazu fünf Bannergrößen als Standardwerbeformate definiert. Ihre Namen lehnen sich an die Bezeichnungen für T-Shirt-Größen in S, M, L, XL, XXL an: „Für jedes Banner – etwa ein Fullsize oder ein Rectangel –, das der Advertiser schalten will, muss er fünf Werbemittel erstellen und buchen“, erläutert Neumann beispielhaft das Prozedere am eigenen System und versichert: „Die Buchungsabläufe für Mobile Ads sind bei ADTECH dieselben wie bei Display-Kampagnen. Alle Kampagnenbuchungen – Display, Video und Mobile – sind zudem in einer gemeinsamen Arbeitsoberfläche gebündelt.“
Damit sind die MMA-Werbeformate der kleinste gemeinsame Standard, der sowohl auf WAP-Handys als auch auf Smartphones und Tablets funktioniert. Doch während bei WAP-Handys bereits das Ende der Mobile-Advertising-Fahnenstange erreicht ist, beginnen auf den Smartphones und den Tablet-Flundern erst die Werbemöglichkeiten, die mit Rich Media und Video Advertising keinen Vergleich mit dem stationären Internet scheuen müssen. Aber noch immer sollen knapp 40 Prozent der Seitenaufrufe in Deutschland von sogenannten Feature Phones, also WAP-Handys stammen.
Spezialfall Apps: Von jedem Adserver eine SDK
Komplizierter wird das Adserving in den Apps. Und gerade die sind mit ihren guten Branding-Möglichkeiten über Interaktionen und Rich Media besonders interessant für die Advertiser. „Der Standardwerbemittelaufruf in Apps funktioniert zwar grundsätzlich, häufig muss aber der Aufruf des Werbemittels gerade bei Sonderformen auf die App abgestimmt werden“, erläutert Klekamp. Daher stellen einige Adserver-Anbieter den App-Entwicklern eigene Software Development Kits (SDK) zur Verfügung, in denen der Entwickler dann selbst Ort und Art der Werbung innerhalb der App bestimmen kann. Eine Standardisierung dieser SDKs wäre für die Advertiser und App-Entwickler zwar wünschenswert, ist aber eher unwahrscheinlich, weil „wie im Bereich des stationären Display Advertising jeder Adserver-Anbieter selbst entscheiden möchte, wie seine Adserver-Funktionen angesprochen werden sollen“, meint Klekamp.
Datenlast bei Rich Media kein Problem
Advertiser brauchen übrigens nicht zu befürchten, dass der Adserver aufgrund der Datenschwere der Werbemittel Probleme mit der Auslieferung bekommt. „Rich-Media-Inhalte lassen sich bereits vor ihrer Verwendung auf Abruf vorspeichern. Im Push-Modus wird die Rich-Media-Werbung von einem zentralen Server an den Cache ausgeliefert und damit lokal verfügbar gemacht, noch bevor die Anfrage zum Abspielen vorliegt“, erläutert Neumann. Durch diese Maßnahme steht also auch schwergewichtige Werbung zum richtigen Zeitpunkt für das Abspielen bereit. Davon sollen auch die Werbungtreibenden profitieren können, denn: „Mit mobilen Video-Interstitials zum Beispiel kann nun auch die noch elitäre und hochkaratige Zielgruppe der mobilen Nutzer mit emotionalen, großformatigen, bewegten Werbemitteln angesprochen werden, wie es sich in TV, Kino und Online-Videoadvertising bewährt hat“, erläutert Carola Frost, Spezialistin für Vermarktungskonzepte und strategische Medienvermarktung.
Frequency Capping
Da ältere Geräte mit anderen Technologien und Softwarestandards arbeiten als die aus Adserver-Sicht eher unproblematische „Generation Smartphone“, beeinflusst dieser Umstand bereits den Ad Delivery Workflow – also den Weg vom Seitenaufruf des mobilen Clients bis zum Ausspielen des passenden Werbebanners. Ohne zu technisch zu werden: „Adserving für Smartphones und für das stationäre Internet unterscheidet sich kaum, da viele Targeting-Kriterien sowie die Buchungslogik ähnlich, wenn nicht gleich sind. Zudem akzeptieren auch die Browser der Smartphones Cookies, was bei WAP-Handys aber nicht möglich ist“, sagt Klekamp.
Hendrik Kempfert, Deutschlandchef von Adform, einem Adserver-Anbieter für Agenturen und Direktkunden, ergänzt: „Was natürlich nicht möglich ist, ist, dass der Adserver zwischen mobiler Nutzung und stationärer Nutzung den Werbedruck aussteuert. Denn das sind ja unterschiedliche Clients.“ Bei den WAP-Handys ist entgegen vielen Annahmen auch ohne Cookies ein Frequency Capping möglich. Allerdings ist dieses technisch etwas umständlicher zu realisieren. Soweit kein Cookie gesetzt werden kann, arbeiten die Adserver-Spezialisten mit sogenannten Unique User-IDs oder Session IDs, die vom Webprovider der mobilen Webseite ausgegeben werden. So lässt sich der Werbedruck auch bei den WAP-Handys einstellen.
Third Party Adserving
Wie beim stationären Internet kennen die Publisher und ihre Vermarkter die Adserver-Logiken, die nach Premium, Secondary Premium und nicht verkauften Restinventar unterscheiden. „Auf jeden Fall gibt es hier die gleiche Unterscheidung wie beim stationären Internet“, bestätigt Koubek von Smart Adserver. Zwar sei mobiles Inventar eigentlich bereits genügend vorhanden, doch dieses müsse nun erst einmal verkauft werden. Daher hat bei den Adserver-Anbietern die Integration von möglichst vielen Ad Networks, die Werbung auf Klickbasis einspeisen, eine hohe Priorität. „Da findet gerade ein Wandel in Deutschland statt. Ich glaube schon, dass immer mehr Ad Networks und damit Third Party Adserver an die Publisher Adserver angeschlossen werden müssen, um das nicht selbst verkaufte Inventar als Backfill zu verkaufen“, schätzt Koubek, der sich durchaus vorstellen kann, dass auch der dynamische Mediahandel über Realtime Bidding für das Mobile Advertising mittelfristig ein Thema wird.
Anders verhält sich die Situation beim Adserving für den Premiumbereich. Hier wird auf Third Party Adserving eher verzichtet und die Werbemittel liegen meist bei den Publisher Adservern. „Der Trend ist sichtbar, dass vor allem die Rich-Media-Werbemittel nicht über einen Redirect gehostet sind, sondern tatsächlich bei uns auf den Servern liegen“, sagt Koubek und gesteht: „Das ist auch in unserem Interesse.“ Kempfert von Adform bestätigt das: „Für unsere Kunden macht es zurzeit weniger Sinn für den Bereich Mobile eine neue Baustelle aufzumachen. Tatsächlich ist es aber so, dass wir über einen Ad Tag für unsere Kunden die Kampagnen mitmessen und optimieren, obwohl das Werbemittel beim Vermarkter liegt.“ Als zusätzliche Kontrollinstanz will Kempfert das zwar nicht sehen, sagt aber auch: „Wer Geld dafür bezahlt, dass die Werbung auch mobil ausgeliefert wird, möchte auch sicherstellen, dass sie korrekt ausgeliefert wurde.“
Kosten
Ein ganz wesentlicher Unterschied liegt in der Preisgestaltung für das Mobile Adserving. Bis zu einem 10-fachen Preis als beim stationären Internet lassen sich manche Adserver-Anbieter ihren Mehraufwand im Adserving kosten. Durch die Buchung der fünf Größen (S, M, L, XL, XXL) für jedes Format kann man von einem geringen Mehraufwand bei der Buchung sprechen. Doch die Auslieferung durch den Adserver ist eindeutig komplexer als die Auslieferung auf stationäre PCs. Das liegt vor allen an der Geräteerkennung durch die Drittanbieter und dem Einsatz der Session IDs, die wie beschrieben, ein Tracking des User-Verhaltens auch ohne Cookies ermöglicht.
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