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„Wir nennen das auch RTB-E-Commerce“

Jens von Rauchhaupt, 10. März 2011

Das Unternehmen Sociomantic verknüpft Social-Targeting-Verfahren mit dem auktionsbasierten Realtime-Mediaeinkauf (Realtime Bidding). Das klingt erklärungsbedürftig. Für die Leitung und Ausbau des internationalen Sales Teams hat Sociomantic jüngst die Verpflichtung von Lothar Krause bekannt gegeben. Wir sprachen mit dem Performance-Marketing-Spezialisten, der zuvor beim Online-Shop zalando und dem Affiliate-Netzwerk zanox tätig war.

Adzine: Herr Krause, beschreiben Sie uns bitte, was Sociomantic eigentlich macht.

Lothar Krause: Wir haben eine effiziente Datenbanktechnologie entwickelt, mit der wir in der Lage sind, für unsere Kunden als Realtime Bidder, also als Demand-Side-Plattform, aufzutreten. Die Berechnung, wie viel uns eine userspezifische Werbemitteleinblendung Wert ist, erfolgt hierbei über Social Targeting.

Adzine: Bevor wir zum Realtime Bidding kommen – überall hört man den Begriff Social Targeting. Was ist für Sociomantic überhaupt Social Targeting?

Lothar Krause

Lothar Krause: Ja, in der Tat wird dieser Begriff derzeit an unterschiedlichen Stellen angewendet. Für uns ist Social Targeting eine Kombination aus Retargeting und Behavioral Targeting: Je nach Tiefe der Integration bei unseren Kooperationspartnern nutzen wir anonymisierte Kundendaten aus dem Shop bzw. dem CRM-System, um die Kaufabbrecher und Bestandskunden erneut auf Webseiten mit personalisierten Werbemitteln anzusprechen. Darüber hinaus bieten wir die Möglichkeit,statistische Zwillinge für unsere Kunden anzusprechen.

Adzine: Wie funktioniert das mit dem statistischen Zwilling genau?

Lothar Krause: Über ein komplexes System des Vergleichs von exakten URL-Pfaden. In unserer Datenbank speichern wir anonymisiert die Informationen über die bisher besuchten Publisher-Websites zu jedem einzelnem User ab. Wenn ein User z. B. zehnmal die gleichen Webseiten besucht hat wie ein statistischer Zwilling aus unserer Datenbank, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der statistische Zwilling sich auch für die gleichen Produkte interessiert, die der entsprechende User erworben hatte. Für diese Produkte blenden wir dem Nutzer dann die passenden Produktempfehlungen in Form eines Werbebanners ein.

Adzine: Für ein genaues Matching werden doch massenhaft statistische Zwillinge, also auch massenhaft Datensätze benötigt, wie realisieren sie das bei Sociomantic?

Lothar Krause: In der Tat haben wir eine sehr große Datenbank, in der internationale Profile im zweistelligen Millionenbereich vorrätig sind. Auf diese Profile können wir in Realtime zugreifen, um passende Werbung auszuliefern, sobald wir die Möglichkeit dazu auf einer Website haben. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass unsere Kunden ausreichend Traffic auf ihrer Seite haben, um auf der Basis der Shopbesucher statistische Zwillinge zu generieren.

Adzine: Es geht also bei Ihrem Social Targeting ausschließlich um E-Commerce und nicht um Social Web oder Social Networks?

Lothar Krause: Das ist richtig. Unsere Kunden sind ausschließlich e-commerce-affine Advertiser, denen wir einen breiten Zugang zum Display Advertising auf Basis ihrer Performanceziele ermöglichen. Wir nennen das auch RTB-E-Commerce. Über RTB generieren wir den Traffic und über Social Targeting ermöglichen wir die Aussteuerung der passenden Banner für unsere Kunden – wir generieren Sales zu niedrigen effektiven CPOs in hochwertigen TKP-Umfeldern, wenn man so will.

Adzine: Und wie wird gegenüber dem Kunden abgerechnet?

Lothar Krause: Typischerweise rechnen wir bei unseren Kunden über einen CPC ab, um gemeinsam mit unseren Kunden einen möglichst niedrigen effektiven CPO zu erreichen.

Adzine: Privacy, ein Thema für Sociomantic?

Lothar Krause: Selbstverständlich. Wie halten uns an den Richtlinien der NAI und der deutschen Gesetzgebung. Sämtliche Informationen werden ausnahmslos auf Basis von Cookie-IDs abgespeichert. Es handelt sich also niemals um personenbezogene Daten wie Name, Adressen oder Geburtstag.

Adzine: Retargeting oder Social Targeting, wie sie es bezeichnen, ist jetzt nicht so neu, neu erscheint uns aber die Tatsache, dass sich Sociomantic als Demand-Side-Plattform aufstellt. Wo bekommen sie als DSP nun den RTB Traffic her? Wie funktioniert das?

Lothar Krause: Der Traffic, also die Ad Impression, auf die wir über unsere Plattform bieten, wird von der Publisherseite über eine Supply Side Platform (SSP) wie Admeld, DoubleClick, Improve Digital oder Rubicon zur Verfügung gestellt. Sobald Marktteilnehmer wie AdScale und Revenue Max die Funktionalitäten einer SSP zur Verfügung stellen, werden wir einen Zugriff auf diesen Traffic ebenfalls anstreben. Im Prozess, also das Matching der passenden Ad Impression mit dem entsprechenden User aus unserer Datenbank und das Gebot, muss alles in Millisekunden geschehen.

Adzine: Und das bildet Sociomantic auf Einkaufsseite alles selbst ab?

Lothar Krause: Unser System stellt in Echtzeit die Werbemittel für unsere Kunden zusammen. Auch das Adserving übernehmen wir komplett selbst. Der Adserver ist eine Eigenentwicklung, denn er muss aufgrund des Realtime Bidding besonders performant sein. Aber neben einem Fullservice-Angebot können unsere Kunden über ein User Interface einen Zugang zu unserer Plattform bekommen. Hier können die Kunden beispielsweise selbst die Bidding-Preise festlegen. So kann der Kunde selbst seinen Traffic über RTB generieren. In der Regel starten wir zuerst mit einem Fullservice für unsere Kunden, um einen zusätzlichen Traffic-Kanal auf Performancebasis zu erschließen.

Adzine: Damit das funktioniert, muss also auf der Gegenseite eine SSP ihren Dienst verrichten. Das bedeutet auch, dass Sociomantic von einer erfolgreichen Marktdurchdringung der SSP-Systeme abhängig ist.

Lothar Krause: Wir könnten prinzipiell unser System zwar dahingehend umstellen, dass wir Werbeplätze zu einem festen Preis ohne ein dynamisches RTB-System einkaufen. Der Vorteil von RTB ist aber gerade die Preisflexibilität. Wir suchen den Nutzer, von dem wir wissen, wann er bei unserem Kunden eingekauft, wann abgebrochen hat, wie hoch sein Warenkorb war und bei welcher Art von Publisher er bereits konvertierte. Um das alles über einen flexiblen Preis einkaufen zu können, braucht es eine dynamische Supply-Plattform (SSP).

Adzine: Wie schätzen sie generell den Markt für Realtime Bidding (RTB) ein?

Lothar Krause: Analysten gehen davon aus, dass in den USA im Jahr 2015 zwischen 20 und 50 Prozent des Traffics für Audience-Display-Kampagnen über RTB eingekauft wird. Wir sehen aber auch, dass der deutsche Markt hinsichtlich RTB noch einen Schritt zurück ist, aber sehr hohe Wachstumsraten hat. Dabei können wir schon jetzt bestätigen, dass RTB Traffic besonders effizienter Traffic ist. Ich bin deshalb zu 100 Prozent davon überzeugt, dass sich Realtime Bidding und die Verbreitung von SSP-Systemen mit der Zeit aus zwei Gründen durchsetzen werden: Der Publisher erzielt mit seinen Werbeplätzen einen höheren eCPM und der Advertiser kann seine Werbespendings deutlich effizienter einsetzen.

Adzine: Herr Krause, vielen Dank für das Gespräch!

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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