Seit Anfang dieses Jahres ist das Unternehmen Adform mit einer Filiale in Deutschland vertreten. Der Name lässt zwar keine Rückschlüsse auf die dänischen Wurzeln zu, die ersten Buchstaben verraten aber unmissverständlich, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist. Technologie für den digitalen Werbemarkt, Hauptaugenmerk liegt dabei auf Lösungen für Agenturen und Advertiser. Trotz der weiten Verbreitung des Adform-System bei vielen namhaften Mediaagenturen in Skandinavien hat in Deutschland wohl niemand so recht auf die Dänen gewartet.
Adform engagierte daher zum Jahreswechsel Hendrik Kempfert als Commercial Director für den deutschen Markt. Kein Unbekannter im deutschen Agentur-Adserving, vor seinem Sabbatical im Jahr 2010 sammelte er fast vier Jahre Adserving-Know-how bei Newtention, kennt somit die Bedürfnisse der Kunden und den Anbietermarkt in Deutschland. Um uns zu erklären, dass Adform nicht nur ein weiterer Adserver ist, reisten die Adform-Vorstände Gustav Mellentin, Vertrieb & CEO, und Jakob Bak, Business Development, aus Kopenhagen an. Der deutsche Markt scheint die Dänen magisch anzuziehen, nicht ganz grundlos, werden in Deutschland doch die meisten Display Ads in Europa ausgeliefert.
Adzine: Wohin bewegt sich das Thema Agentur-Adserving aus Ihrer Sicht?
Mellentin: Das Adserving von Display-Werbung, die Basisfunktionalität unserer Technologie, die wir bereits 2002 entwickelt haben, wird den heutigen Anforderungen von Agenturen und Advertisern schon lange nicht mehr gerecht. Agenturen beschäftigen sich heute sehr viel mehr mit der Frage, wer wo welche Botschaft zu welchem Zeitpunkt zu sehen bekommen soll und das kanalübergreifend. Eine Antwort auf diese Fragen versuchen sie aus zuvor gesammelten Daten herauszulesen. Über das Adserving werden in der Regel die entsprechenden Daten zuvor gewonnen, daher liegt es nahe, das Adserving zu einer integrierten Datenlösung weiterzuentwickeln. Genau das haben wir in den letzten Jahren mit unserem System getan. Die technische Auslieferung eines Werbemittels, Videospots oder einer Textanzeige ist dabei die reine Grundfunktionalität. Inzwischen können unsere Kunden mit Adform auch nur Tracking von Userströmen durchführen oder die Webanalyse ihres Internetauftritts durchführen und optimieren.
Adzine: Wo sehen Sie momentan ganz konkret die Bedürfnisse bei Agenturen?
Bak: Agenturen arbeiten heute in der Regel mit einer Vielzahl von Systemen z. B. zur Umsetzung von Kampagnen in den einzelnen Kanälen wie E-Mail, Search, Mobile, Video, Display. Hinzukommen spezielle Lösungen für Rich-Media-Kampagnen. In jedem einzelnen System fallen bei der Auslieferung Daten an, die an einer Stelle wieder zusammengeführt werden müssen. Agenturen stehen heute damit vor der Herausforderung, alle eingesetzten Systeme zu integrieren oder die Anzahl der Systeme zu reduzieren, um ein Hilfsmittel zu haben, das eine gemeinsame schlüssige Datenbasis liefert. Daten sind die Entscheidungsgrundlagen zur Auslieferung von Kampagnen. Unser Kerngeschäft und auch das der Agenturen verlagert sich deutlich in Richtung Data-Intelligence. Über die letzten Jahre haben wir bei Adform daher ein komplettes Tracking und eine Datenmanagementlösung für Werbekunden und Agenturen entwickelt.
Adzine: Welche Daten erheben und verwerten Sie?
Mellentin: Da wir mittlerweile eigene Lösungen für die einzelnen digitalen Kanäle haben, können wir alle gewonnenen Daten problemlos nach den Bedürfnissen des Advertisers zentral aufbereiten. Das fängt bei der Website-Analyse eines Advertisers an, bewegt sich dann über die Off-Site-Kanäle E-Mail, Display-Werbung, Affiliate und Search. Herauszustellen ist momentan noch, dass auch Social Media für das Gesamtbild an Bedeutung gewinnt. Die Herausforderung liegt in der strukturierten Erhebung von Daten, mit einem Ziel und einem Plan, ansonsten ist eine sinnvolle Verwertung kaum möglich. Natürlich müssen unsere Kunden nicht alle Daten mithilfe der Adform-Module erheben. Wir setzen zur Integration in unser System auf offene Schnittstellen und können ebenso Ergebnisse aus externen Analysetools und Adservern verarbeiten und auf Basis dieser Daten wiederum eine Entscheidung darüber treffen, wer wann welches Werbemittel zu sehen bekommt, um die gewünschte Aktion herbeizuführen.
Adzine: Das hört sich nach einer starken Ausrichtung auf E-Commerce-Kunden an?
Bak: Sie haben sicher Recht, dass unser System gerade bei transaktionsorientierten Kampagnen seine Stärken ausspielen kann. Retargeting ist hier beispielsweise ein wichtiges Einsatzgebiet. Gerade bei solch datengetriebenen Kampagnen kommt es darauf an, die Daten auch durch die Definition individueller Business-Rules differenziert nutzen zu können. Diese Rules sind bei uns frei gestaltbar und werden dann unmittelbar vom Werbemittelgenerator umgesetzt.
Wir bewegen uns aber im Grunde noch ein Stück weiter. Man darf seine Maßnahmen in den einzelnen Kanälen nicht länger isoliert betrachten. Advertiser und Agenturen benötigen in Zukunft den übergreifenden Blick auf die eingesetzten Kommunikationskanäle. Letztlich wollen wir doch die Frage beantworten, wie man für ein definiertes Ziel Budgets optimal auf unterschiedliche Maßnahmen verteilt. Um so eine Path-to-Lead- oder Conversion-Betrachtung zu erhalten, müssen Daten möglichst vollständig aus allen Kanälen in ein System zurückfließen. Über solche integrierten Betrachtungen kann man dann nach und nach die einzelnen Maßnahmen aufeinander abstimmen und so zu einer annähernd optimalen Kampagnen-Performance gelangen.
Adzine: Ihr Hauptaugenmerk liegt damit auf Performance?
Bak: Wir richten uns nach den Anforderungen der Advertiser und Agenturen, denn Performance-Marketing ist heute ein wichtiges Standbein für fast alle Agenturen. Wir möchten aber mit Adform eine vollständige Technologielösung für Agenturen anbieten, daher haben wir auch den Anspruch, den Anforderungen von Brand Advertisern mit unserem System gerecht zu werden. So sind uns auch Interaktion und Engagement nicht fremd und wir können mit unserer Rich-Media-Lösung und unserem Toolkit ein Produkt anbieten, mit dem man aufwendige Rich-Media-Kampagnen umsetzen und die Interaktion natürlich auch messbar machen kann.
Adzine: Gerade bei Brandingkampagnen, bei denen hohe TKP für ausgesuchte Platzierungen gezahlt werden, wird die Qualität der Medialeistung auch schon mal infrage gestellt. Haben Sie das Thema aus Advertisersicht berücksichtigt?
Mellentin: Ja, das ist in der Tat ein Thema, das auch in Skandinavien in den letzten Jahren diskutiert wurde. Bei unserem System ist beispielsweise die Dokumentation der tatsächlichen Visibility der ausgelieferten Werbemittel ein Bestandteil des Standardreports. Es hilft den Wert und die Qualität von Medialeistung genauer zu bestimmen. Die Einführung dieses Reports in Dänemark hat zuerst für einige Diskussion zwischen Publishern und Advertisern gesorgt. Wir halten es aber für ein faires Mittel für die Agenturseite, die Auslieferung auf ihre Qualität hin zu überprüfen. Das gilt auch für den Sitereport, den wir anbieten. Die Agentur kann im Nachhinein den Mediaplan mit den tatsächlich erfolgten Platzierungen abgleichen. Dies funktioniert auch bei Blind-Networks. Hier kann es dazu dienen, unerwünschte Seiten für die Zukunft auszuschließen.
Adzine: Muss Ad-Technologie auf Agenturseite in Zukunft auch gleichzeitig Zugang zu Ad Exchanges bieten?
Bak: Ganz sicher, denn die bisherigen Targetinglösungen über Vermarkter skalieren nicht immer zufriedenstellend. Die Agenturen möchten selbst in der Lage sein, zu entscheiden, wie viel ihnen ein User für den Werbetreibenden wert ist. Bei den bestehenden Lösungen aus Behavioral oder Predictive Targeting schränken sich die Planer meist durch das Planen von Zielgruppenkriterien selbst ein.
In diesem Bereich sehen wir mit Realtime Bidding und den Ad Exchanges eine Lösung, die ein zukunftsfähiger Adserver unbedingt ergänzend unterstützen muss. Aber es bleiben auch noch einige Fragezeichen bestehen. Durch RTB und Ad Exchanges werden Mediabudgets für technische Dienstleister wie Adserveranbieter schwerer zu planen, mangels aktuell verbindlicher Standards von Seiten der Vermarkter ist aktuell eine Integration noch sehr früh und für uns noch nicht umsatzrelevant. Ob sich die US-Marktentwicklung für RTB und Ad Exchanges kurzfristig auch auf den deutschen Markt übertragen lässt, das muss sich zeigen. Technisch sind wir bei Adform mit den Integrationsmöglichkeiten in unsere Lösung schon recht weit fortgeschritten.
Adzine: Herr Bak, Herr Mellentin, wir danken für das Gespräch.
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