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DISPLAY ADVERTISING

Kommt der Browser oder machen wir uns App-hängig?

Ralph Suda, 14. Februar 2011

Es ist kein Geheimnis: Die sogenannte Medienbranche und vor allem die Onlinebranche definieren sich gerne über ihre Begrifflichkeiten. Da ist das Mobile Business keine große Ausnahme. Wer verbal ganz vorne dabei sein will, lässt die „App“ nicht aus. Dementsprechend haftet browserbasierten Lösungen der Ruf des antiquierten, grauen Entleins an und Publisher und Dienstleister vermeiden den Begriff WAP-Portal mittlerweile konsequent. Zu Unrecht.

Denn mithilfe von HTML5 und Javascript lassen sich viele Info- und Entertainment-Portale extrem hochwertig darstellen. Usability und Bedienbarkeit stehen dem vermeintlich „cooleren“ Bruder App innerhalb der Basisfunktionalitäten in nichts nach! Dennoch setzen viele Publisher weiterhin auf native Applikationen, das heißt auf nahezu vollständig geschlossene mobile Anwendungen. In vielen Fällen macht das Sinn. Vor allem dann, wenn das Bedienkonzept auf 3-D-Darstellung und das Ansprechen von speziellen und/oder vielen APIs fußt. Für Zeitungsverlage, TV-Sender und Informationsportale allerdings, die Mehrwert überwiegend über die Bereitstellung von dynamischen, aktuellen Informationen erzeugen und die ihre mobilen Portale über Mobile Advertising monetarisieren, sind reine Browserportale eine nutzwertige Alternative. Hierbei gibt es zusätzlich zu bedenken: Auch wenn der Short Tail der mobilen Endgeräte auf dem Markt sehr überschaubar ist, werden bei einer Fokussierung auf iPhone Apps 97 % der theoretischen Gesamtreichweite komplett vernachlässigt.

Mittlerweile sind nahezu alle großen Entertainment- und Informationsportale „mobilisiert“. Auf den ersten Blick ist es jedoch verwirrend, dass es nicht jeweilig EINE mobile Dependance, sondern für viele der großen Informations- und Entertainment-Portale eine Browser- und mindestens eine „Applösung“ gibt. Das ist nicht nur für den User verwirrend, sondern auch für den Advertiser. Nicht viel leichter wird die Situation durch die wachsende Marktbedeutung des Betriebssystems Android sowie weiterer „App-Mütter“ wie Bada (Samsung), RIM (Blackberry) und Windows Phone 7.

Nun gilt es nicht mehr nur zwischen Mobile Internet und (iPhone)App zu unterscheiden, sondern zusätzlich auch zwischen den Apps selbst. Dieses Problem stellt den Publisher im Rahmen seiner mobilen Strategie vor Probleme und auch der Werbungtreibende bzw. seine Mediaagentur muss sich die Frage stellen, welche Plattform bei Werbebuchungen berücksichtigt werden soll: Mobile Application, mobiles Internetportal oder gar beides? Und wenn App, dann welche? Gibt es Unterschiede zwischen den Usern der Browser- und Application-Plattform(en)? Und: Was ist – technisch gesehen – bei der Ausspielung von Werbeformen zu beachten? Gibt es hierbei signifikante Unterschiede bzw. Einschränkungen bei der einen oder der anderen „Variante“?
 
Bezogen auf die Nutzergruppen lassen sich keine eindeutigen Auswahlkriterien bzw. signifikanten Unterscheidungsmerkmale zwischen den Usern der Browser- und App-Lösung feststellen. Im Einzelfall ist die Vermutung erlaubt, dass der App-User in der Regel „kaufkräftiger“ und für einzelne Brands relevanter sein kann. Fakt ist aber, dass der Browser-User eines Sportportals ebenso „vorwiegend männlich“ und „haarpflegemittelaffin“ ist wie der App-User.

Die AGOF Mobile hat 2010 mit den Mobile Facts und der Implementierung der Erhebungsdaten in das TOP Tool ein hervorragendes Planungsinstrument für Mediaplaner geschaffen. Damit lassen sich vor dem Hintergrund einer klaren Zielgruppenvorgabe geeignete mobile Werbeumfelder auswählen, die bis auf einzelne Belegungseinheiten heruntergebrochen werden können. Daraus folgt, dass die Grenzen zwischen App und Mobile Internet möglicherweise fallen, da vorrangig harte Fakten wie demografische Daten und Anzahl der UMUs (Unique Mobile User) zählen.

Eigentlich sollte es vor diesem Hintergrund unerheblich sein, ob sich die Zielgruppe über Apps oder Browser erreichen lässt. Dennoch wird weiterhin das Bauchgefühl des einen oder anderen Planers regieren, der sich von Fall zu Fall zugunsten der App und gegen eine Browserlösung entscheidet. Vor dem Hintergrund einer größtmöglich zu erzielenden passenden Reichweite wird für solche „Liebhabereien“ mittelfristig kein Platz mehr sein. 

Rein technisch gesehen bietet die App bei der Auslieferung von Standard-Display Ads keine erkennbaren Vorteile gegenüber der mobilen Internet-Lösung. Im Gegenteil, spezielle Sonderwerbeformen wie eine Kompletteinfärbung lassen sich innerhalb der App-Welt nur sehr aufwendig und im Grunde umständlich umsetzen. Die Vorteile des Browsers sind dagegen offensichtlich: Sobald sich HTML5 als Auszeichnungssprache im Markt auf ausreichend vielen Endgeräten etabliert hat, lassen sich auch sehr viel kreativere und interaktive Werbeformen innerhalb von Browserlösungen anbieten.

Ungeachtet dessen, sind aktuell jedoch bei der Ausspielung von aufwendigen Rich-Media-Kampagnen iPhone-Applikationen das Maß der Dinge. Dabei wird in Kauf genommen, dass die Einbindung von komplexeren Werbemitteln innerhalb von mobilen Apps für den Publisher die Integration von SDKs (Software Development Kits) erfordert, um alle notwendigen Funktionalitäten des jeweiligen Endgeräts auch tatsächlich einsetzen und reporten zu können. Ungeachtet dessen weist der mobile Adserver für die Auslieferung von Standardwerbeformen aber keine signifikanten Einschränkungen in puncto App versus Browser auf. Es ist und bleibt zwar wenig sinnvoll, eine Bewerbung von iPhone-Apps auf Symbian-Endgeräte auszuspielen, doch dies ist kein funktionales Problem, sondern ein leicht lösbares Targeting-Thema.
 
Die iPhone-App bleibt uns also zunächst auch 2011 als „Placebo des Marketingentscheiders“ erhalten und ist in zum Teil unreflektierten, spontanen Spendings ein auf jeden Fall willkommener Treiber für den jungen, schnell wachsenden Mobile-Advertising-Markt. Spätestens mit der zunehmenden Marktbedeutung von Android werden jedoch viele Publisher zum Nachdenken gezwungen. Was ist, wenn weitere Betriebssysteme wie Bada, Windows Phone 7 und/oder RIM „App-Relevanz“ erhalten? Müssen am Ende vier bis fünf proprietäre Systeme bedient werden? Eine willkommene Alternative bietet hier zurzeit die Web-App, eine App als „Touchpoint“ in den Stores plus einer In-App-Browserlösung für den Transport der Inhalte. Spätestens wenn sich eine solche Lösung vollständig im Markt etabliert, fallen die Grenzen zwischen App und Browser bei der objektiven Bewertung bezüglich ihrer Vermarktbarkeit. Für den User sollte, die entsprechende Qualität der Portale vorausgesetzt, das Mischverhältnis unsichtbar bleiben. Und das ist für alle am mobilen Business Beteiligten eigentlich die Hauptsache.

Über neun Millionen UMUs (Unique Mobile User) sprechen eine deutliche Sprache: Die „mobile“ Nettoreichweite ist im Media-Mix absolut relevant. Mobile Advertising ist tatsächlich eine eigenständige Mediengattung geworden. Man sollte es daher vermeiden, Erfahrungswerte aus dem stationären Internet auf diesen Channel eins zu eins zu übertragen. So würde es im Online-Advertising keinem Marketingverantwortlichen einfallen, eine Display-Kampagne ausschließlich für Rechner mit dem Betriebssystem Windows XP zu planen. Im Mobile Advertising hingegen werden auf Basis eines iPhone-Targetings „iPhone only“-Kampagnen gebucht. Und um es zu wiederholen: Für eine iPhone-App-Bewerbung oder Rich-Media-Kampagnen macht das auch tatsächlich Sinn. Entscheidend ist jeweilig, Sinn und Ziel der Kampagne genau zu durchleuchten, nicht nur die Mobile Facts der AGOF Mobile, sondern auch die Expertise der mobilen Vermarktungsexperten bieten hier mittlerweile Sicherheit und Unterstützung bei der Planung und Umsetzung von Kampagnen. Unsere Erfahrungen von als Vermarkter und Spezialist für Mobile Marketing zeigen, dass die mobile Kompetenz sowie die Akzeptanz bei den Werbungtreibenden und Institutionen wachsen. Fest steht: Mobile Marketing und Advertising bekommen einen festen Platz im Media-Mix der Werbungtreibenden und Agenturen.

Bild Ralph Suda Über den Autor/die Autorin:

Ralph Suda ist seit 2005 Vorstand des Full-Service-Anbieters und Mobile Vermarkters CONTNET AG (AGOF Mobile Facts:Top 3). Suda verantwortet den Bereich Marketing und Vertrieb. Zuvor leitete Suda gemeinsam mit Martin Warnke von 1999 bis 2005 als Geschäftsführer die Münchener Produktionsfirma „Das Ministerium GmbH“.

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