Brandingkampagnen sind schön. Großflächig, emotional und wohldesignt werden die Creatives auf den digitalen Laufsteg geschickt. Die kreativen Meisterwerke brennen sich nachhaltig in die Gehirne der Betrachter. Man erinnert sich gern an sie. Und beim Performance-Marketing? Nicht Schönheit und Eleganz entscheiden über den Erfolg dieser Display-Ads, sondern in erster Linie ihre Platzierung. Sagt man. Doch welche Rolle spielt das Creative tatsächlich für den Werbeerfolg beim performanceorientierten Display-Advertising?
„Einen großen“, meint Harald R. Fortmann, Geschäftsführender Gesellschafter von Yellow Tomato. „Es wurde in der Vergangenheit viel optimiert im Performance-Marketing. Placements, Landing-Pages, CPOs und vieles mehr. Doch das Design und der Content der Display-Ads wurden vernachlässigt.“ Man setzte lieber auf die bewährte Monotonie des „Kauf mich“, statt auf appetitanregendes von der Frischetheke. „Die Bedeutung der Creatives nimmt im Zusammenhang mit den Landing-Pages zu“, ist sich Fortmann sicher. Bei der Optimierung der Creatives sei es vor allem wichtig, die Motive im Banner zu variieren und „auch mal eine regionale Ansprache zu versuchen“. Variabilität und Vielfalt sind gefragt.
„Viel hilft viel“, meint auch Andreas R. Heintze, Country Manager Media & Head of Corporate Sales, ValueClick Deutschland. Schließlich lässt sich mithilfe der Adserver Onlinewerbung bis auf Motivebene optimieren. „In der Praxis sehen wir in vielen performanceorientierten Kampagnen zum Teil deutliche Unterschiede. Es ist mitunter erstaunlich, welche Motive funktionieren und wie sie Kampagnenergebnisse beeinflussen. Um dieses Wissen – und den daraus resultierenden Mehrumsatz – zu heben, braucht man ein Set aus diversen Werbemotiven, die mit entsprechenden Call-to-Action-Elementen locken“, sagt Heintze.
Mit den richtigen Motiven motivieren
Eine besondere Rolle spielt die Motivvielfalt beim Retargeting. Geschickt eingesetzt können verschiedene Motive hier eine Geschichte erzählen. Hat der Nutzer im Shop ein Produkt genauer betrachtet, aber nicht gekauft, wird er in der Regel im ersten Schritt in einem Werbenetzwerk via Cookie wiedererkannt und bekommt über ein dynamisch erzeugtes Werbemittel Reklame für exakt dieses Produkt eingeblendet. Beim Storytelling werden die Motive in der Folge variiert. Man kann zum Beispiel dem Handyinteressenten im zweiten Retargeting-Kontakt mit einer Flatrate ansprechen. Wenn er nicht reagiert, wechselt für den dritten Kontakt die Werbeaussage erneut, preist zum Beispiel einen Handyvertrag ohne Gebühren an. „Man kann es geschickt aussteuern, sodass die Werbebotschaften aufeinander aufbauen. Das Retargeting setzt allerdings eine gewisse Größe und Reichweite des Netzwerkes voraus“, erläutert Heintze. Im Idealfall endet diese Story dann mit einem Happy End und der Kunde wird zum Käufer.
Die Klickraten sind beim Retargeting naturgemäß höher als bei klassischen Performance-Ads. Dies liegt nicht nur an den dynamischen Motiven, sondern ist vielmehr in der individuellen Werbebotschaft begründet. Es wird für ein Produkt geworben, für das sich der Kunde bereits interessiert hat. „Die Klickrate bei personalisierten Produktempfehlungen ist bei uns um das 5- bis 10-Fache höher als bei vergleichbaren Standard-Creatives“, sagt Johannes Falck, Director Partnerships beim Retargeting-Spezialisten Criteo. Und das ist für das Geschäftsmodell des Anbieters auch wichtig, denn das Unternehmen kauft bei den Publishern Inventar auf TKP-Basis ein und verkauft es auf CPC-Basis an seine Kunden. „Wir tragen das Risiko zwischen den Impressions, die wir einkaufen, und den Klicks, die wir generieren“, so Falck. Um die Werbemaßnahme besonders effizient zu machen, hat Criteo einen Empfehlungsalgorithmus entworfen, der genau bewerten kann, welche Produktwerbung für den jeweiligen User höchstwahrscheinlich zum Klick führt. Das System steuert das Banner entsprechend aus, auch Coupons oder sogenannte Streichpreise können in Echtzeit aus dem Produkt-Feed generiert werden. Mithilfe eines Cookies lässt sich nachvollziehen, welche Artikelnummer der User betrachtet hat. Die passenden Banner werden dann in Realtime aus dem vom Advertiser hinterlegten Produkt-Feed heraus generiert.
Attraktiver werben
Doch auch bei „klassischen“ Performancekampagnen kann sich Vielfalt lohnen. So macht es aus Sicht von Fortmann durchaus Sinn, für Performancekampagnen mit mehreren Motiven zu arbeiten. „Motive verbrennen wie TV-Werbung. Man sollte sie nicht länger als vier Wochen stehen lassen. Werden die Motive rotiert, ist die Kampagne erfolgreicher“, so Fortmann. Dynamische Banner sind keine Raketenwissenschaft und variierende Motive auch nicht. Doch sowohl an Formaten als auch an der Motivvielfalt wird bei den knallhart kalkulierenden Performancemarketern gern gespart. In vielen Fällen würden sich die Mehrkosten für die Kreation wahrscheinlich rechnen. Hier agieren Advertiser mitunter kurzsichtig. „Wem vier Motive zu teuer sind, der spart am falschen Ende“, meint Fortmann. In der Praxis sind stattdessen oft Standardbanner zu sehen. Nullachtfünfzehn im kreativen Blindflug.
„Wir können auch im Bannerbereich viel lustiger und attraktiver werben“, meint Fortmann, der mit seinem Team demnächst mit einem Kunden Spiele testet, die im Rectangle laufen. „Unser CPX Interactive Team macht das in den USA bereits sehr erfolgreich“, so Fortmann. Die Idee: Während beim direkten „Kauf-Mich-jetzt-sofort-AD“ der damit unvermittelt konfrontierte Nutzer gern dankend ablehnt (und im besten Fall später über andere Kanäle wie Search doch wiederkommt und abschließt), soll der Nutzer über das Spiel langsam an die Werbung herangeführt werden, wodurch die Chance zur Conversion steigen soll. In den USA funktioniert dies offenbar.
„Es gibt durchaus Werbekunden, die sich viele Gedanken um ihre Werbemittel machen und dann mit kreativen und neuen Display-Ads aufwarten“, bestätigt auch Jan Winkler, Geschäftsführer des Berliner Onlinevermarkters AdTiger.de. Insbesondere Kunden, die eine kleine Produktauswahl über einen sehr langen Zeitraum vertreiben und dabei ohne große Agentur auskommen, werben nach Winklers Erfahrung im Performancemarketing auffallend kreativ, zum Beispiel Klingeltonanbieter oder Adressbroker. Dagegen würden insbesondere Großkunden bei den Agenturen dazu neigen, langweilige Banner aus der Vorlagenpalette zu verwenden. „Zum einen spart man sich Designkosten, die bei großen Kunden locker einige Tausend Euro pro Monat verschlingen können. Zum anderen weiß man, dass ein bestimmtes Bannerdesign funktioniert und die Conversion Rate erwartungsgemäß gut sein wird. Hier geht Kostendruck und Conversion-Sicherheit vor Kreativität und guten Klickraten“, sagt Winkler.
Oft profitieren ideenlose Performance-Ads von der Kreativität ihrer Brandingpendants. Wenn die Brandingkampagne beispielswiese schon bekannt gemacht hat, dass eine Automarke ein neues Modell am Start hat, kommt ein Performancebanner auch ohne Kreativität aus. Der Schriftzug „Probefahrt“ dürfte ausreichen. Doch ohne Brandingunterstützung wird es schwer.
Hohe Klickrate und niedrige Conversion – oder lieber umgekehrt?
Das Creative hat einen direkten Einfluss auf die Klickrate, da sind sich die Experten einig. Und der Klick ist die erste Voraussetzung für eine Conversion. Für eine gute Klickrate eines Banners sind nicht nur der Inhalt und das Motiv entscheidend. Hier spielen Kriterien wie Platzierung, Position, Umfeld, Targeting, Frequency Capping, Sound und vieles mehr eine Rolle. Auch sind die Produktdarstellung, der Preis, die Produktvorteile und der Call-to-Action entscheidend.
Die Klickrate ist jedoch nicht alles. „Ausschlaggebend für den Erfolg einer Kampagne ist nicht die Klickrate, sondern dass sich die Elemente des Werbemittels auf der Landing-Page wiederfinden, sodass dem User der Weg zum Abschluss so leicht wie möglich gemacht wird, und dass die Werbung den User in der richtigen Nutzungssituation erreicht", sagt Anja Merkelbach, Director jaron Media. Kunden, die auf CPC-Basis einbuchen, ist die Klickrate ohnehin egal. Sie zahlen für die Klicks und nicht die Einblendungen. Doch die Folgen sind mitunter optisch trostlos. „Solche Kunden gestalten ihre Banner ausschließlich danach, welches Design die beste Conversion liefert. Insofern nehmen sie in Kauf, dass die CTR schlecht ist, solange die Conversion dadurch möglichst hoch ist“, erläutert Winkler.
Bei CPA- oder CPO-Deals muss zunächst möglichst viel Traffic auf die Website, damit überhaupt eine Conversion stattfinden kann. Doch auch hier führen hohe Klickraten nicht zwangsläufig zum gewünschten Erfolg. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es in den seltensten Fällen zwischen der Klickrate und dem CPO einen Zusammenhang gibt. Um genau zu sein, ist die Performance von Bild-Text-Teasern oder Standardformaten höher als die von großen Formaten wie Wallpaper oder Billboards und diese wiederum höher als die von Video-Ads. Bei der Klickrate verhält es sich bekanntermaßen genau andersherum“, sagt Anja Merkelbach, Director jaron Media. Wichtig sei an dieser Stelle eine optimierte Landing-Page, „um die Nutzer, die man mit viel Mühe auf die Seite gelotst hat, nicht gleich wieder zu verlieren.“
Doch die Optimierung der Creatives dürfte für die Performancebranche an Bedeutung gewinnen. Nach Ansicht von Fortmann ist es nach den ausgiebigen Kampagnenoptimierungen der Vergangenheit nun ohnehin an der Zeit, sich der Optimierung von Websites und Creatives zu widmen. Laut Heintze wird es in den kommenden Jahren wohl keine Kampagnen mehr geben, die nicht komplett durchgemessen und optimiert werden. Nach seiner Ansicht wird der ganze Markt immer performanceorientierter. Winklers AdTiger-Team spürt bereits, wie der Kampagnendruck der Kunden gegeneinander steigt. Einfallslose Performance-Ads könnten in Anbetracht dieser Entwicklung früher oder später zum kostengünstigen Bumerang werden: „Wenn ein Kunde sein Klickvolumen sicher erfüllt haben möchte, muss er künftig gute Banner liefern, sonst bekommt ein anderer Kunde mit besseren Klickraten den Traffic“, so Winkler.
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