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PERFORMANCE - Couponing

Schnäppchen-Navi für ortsbezogene Gutscheine

Frank Puscher, 3. Februar 2011

Mit dem Eintritt von Facebook, VZ, Google und Foursquare in den deutschen Markt wird die Landschaft der überregional agierenden Gutscheinanbieter durcheinandergewirbelt. Adzine sorgt für Klarheit.

„Die Gutscheinaktion mit Foursquare war sehr gut, um erste Erfahrungen zu sammeln“, meint Desirée Hochkirchen, die für die Szene-Restaurantkette Vapiano das mobile Couponing organisiert. Vapiano verschenkt bereits seit April 2010 einen Kaffee an den Mayor, also den Foursquare-Nutzer, der sich am häufigsten in einem bestimmten Vapiano-Restaurant blicken ließ und dies auch mittels Check-in seinem Netzwerk kommunizierte.

Vapiano ist auch Startpartner von Facebooks neuem Dienst „Angebote“. „Die Möglichkeit, gemeinsam mit drei Freunden einzuchecken und dafür eine Flasche Prosecco und Bruschetta geschenkt zu bekommen, entspricht eher unserem Marketingansatz, der vor allem auf Empfehlungsmarketing basiert“, unterscheidet die Hamburgerin zwischen Foursquare und Facebook.

Desirée Hochkirchen

Insgesamt 90 Prosecco-Flaschen gingen in den ersten drei Tagen über die Ladentische der 41 Vapiano-Filialen. Die meisten in Hamburg. „Mobile Couponing muss Teil einer stringenten Strategie sein“, so Hochkirchen. „Vapiano sieht sich als junges, trendiges und kommunikatives Unternehmen. Da passt das. Für andere Unternehmen passt der klassische Gutschein von Groupon oder DailyDeal vielleicht besser.“ Zur Bewerbung des Angebots produzierte Vapiano Aufsteller für die Restaurants. Vapiano lässt den Gutschein nur eine Woche laufen. Eine Implementierung eines dauerhaften Rabatts via FB-Angebote kann sich Desirée Hochkirchen schwer vorstellen. „Wir wollen die Vapiano-Gäste immer wieder überraschen.“

Michael Rotermund

Die Parfümerie-Kette Douglas probierte Gutscheine in zwei Varianten aus. Entweder gab es ein kleines Fläschchen eines neuen Dufts von Tommy Hilfiger gratis oder der Einlöser erhielt einen 15-prozentigen Rabatt auf jedwede Rechnung. „Als die Kunden zwischen Duft und Rabatt wählen konnten, waren die Düfte natürlich beliebter“, meint Michael Rotermund, Pressesprecher von Douglas. Die 2000 angebotenen Fläschchen waren nach zwei Tagen vergriffen. Hier zeigte sich das meiste Interesse in den Großstädten Hamburg, Berlin und München. Wie Hochkirchen sieht auch Rotermund den Einsatzbereich von „Angebote“ eher in einzelnen Aktionen als permanent. „‚Facebook-Angebote‘ bietet uns die Möglichkeit, neben Geschenk- oder Rabattaktionen auch besondere Serviceleistungen vorzustellen. Beispielsweise das beliebte kostenlose 5-Minuten-Make-up, Fotoshootings mit professionellem Styling oder Pflege-Workshops. Das Besondere an ‚Facebook-Angebote‘ ist die unmittelbare Relevanz und der unmittelbare Nutzen, den der Kunde hat.“

Facebook macht Foursquare das Leben schwer

Durch den Markteintritt von Facebook, den für Ende Februar avisierten Launch der Coupies-Gutscheine innerhalb der VZ-App sowie die im Sommer zu erwartende Präsentation von Google Offers kommt viel Bewegung in den Markt. Die schiere Reichweite dieser Dienste könnte dafür sorgen, dass das Thema Mobile Couponing auch beim Nutzer schnell an Fahrt gewinnt.

Und so funktioniert Facebook Angebote: Ruft der Nutzer im Smartphone die Facebook-App auf, so bietet ihm Facebook die „Orte“ in seiner Umgebung an. Das können sowohl Sehenswürdigkeiten als auch Läden oder Restaurants sein. Ist ein Angebot mit einem Ort verknüpft, zeigt der Eintrag ein gelbes Kästchen. Tippt der Nutzer darauf, sieht er den Gutschein und kann ihn über ein Check-in freischalten und an der Kasse einlösen.

Scott Woods

Für die Anbieter ist die Voraussetzung, dass sie einen Ort beanspruchen. Facebook verifiziert diesen Eigentümer oder Betreiber eines Ortes per Telefon oder Postkarte. Mit der übermittelten PIN schaltet der Eigentümer seinen Ort frei und kann Angebote platzieren. „Die Erfahrungen aus den USA zeigen, das wir ungefähr 48 Stunden im Durchschnitt benötigen, um einen Ortsanspruch zu verifizieren“, erläutert Facebooks deutscher Statthalter Scott Woods gegenüber Adzine.

Damit tritt Facebook Angebote frontal gegen Foursquare an, deren Mechanik hinsichtlich Check-in und Gutschein sehr ähnlich ist. „Einen spielerischen Ansatz mit Major-Badges haben wir nicht geplant“, so Woods. Im Gegensatz zu Foursquare ist ein Check-in nur mittels erfolgter Ortserkennung möglich. Dafür kann der Facebooknutzer auch Freunde einchecken, die ebenfalls mindestens in der Nähe eines Ladengeschäfts sind, und auf diesem Weg Gruppendeals freischalten.

Die Sichtbarkeit der Gutscheine

Während die Systeme von Facebook und Foursquare vor allem darauf ausgerichtet sind, die frohe Kunde vom Gutschein via Check-in und somit als Post auf der Pinnwand des Nutzers zu verbreiten, arbeiten die Gutschein-Platzhirsche Groupon und DailyDeal mit einem sehr differenzierten, ausgefeilten Werbekonzept. Deren Deals stehen meistens nur für einen Tag zur Verfügung und sie werden auch direkt per Google Ads, Facebook Ads, Newsletter oder auf der Facebookseite beworben. Im Umfeld des Angebots oder nach dem Kauf setzen auch sie wiederum auf die Verbreitung durch Share und Like.

„Was Facebook bisher zeigt, ist ein komplett anderes Geschäftsmodell als unseres. Die so genannten ,Deals' von Facebook ähneln viel eher einem Give-Away als einem wirklich umfassenden Angebot“, meint DailyDeal-Chef Fabian Heilemann. „Unsere Gutscheine sind in der Regel vorbezahlt und vollständig, sie sind an keine weiteren Umsätze gebunden. Bei den Gutscheinen auf Facebook und Foursquare handelt es sich in der Regel um Zusatzleistungen oder Rabatte auf Rechnungen.“ Aus diesem Grund sieht sich DailyDeal in der Lage, auch sehr hochwertige Gutscheine anzubieten. „Die Anzahl der Deals über 100 Euro hat sich in den letzten Monaten verfünffacht“, so Helmer.

DailyDeal hat das Thema Mobile Couponing voll auf dem Radar. Die Nutzer der Apps (Groupon hat in Deutschland noch keine) sehen die gleichen Gutscheine wie die Empfänger von Mails oder die Facebook-Fans. Sie können diese direkt aus der App heraus bestellen. Neben den höherwertigen Gutscheinen aus dem DailyDeal-Portfolio, die in der Regel nur einen oder zwei Tage laufen und von denen jeweils nur zwei pro Ort zugelassen sind, präsentiert die DailyDeal-App gleichzeitig die Gutscheine von Coupies. Diese ähneln stark den Möglichkeiten, die auch auf Facebook und Foursquare zu sehen sind. „Unsere Stärke ist, dass wir aktiv mit den Händlern zusammenarbeiten. Wenn Sie die erste Registrierung abgeschlossen haben, bekommen Sie zum Beispiel ein Informationsblatt für die Mitarbeiter, denn die müssen den Gutschein dann reibungslos einlösen.“ Außerdem gehört ein Werbeaufkleber für den Verkaufstresen zum Welcome-Paket. Henrik Helmer, Head of Strategic Business Development & Mobile bei DailyDeal ist sich sicher: „Facebook steht in Deutschland vor einer kaum zu bewältigenden vertrieblichen Herausforderung. Ohne die Erweiterung des Geschäftsmodells und hierfür geeignete lokale Partner wird es schwer, sich auf dem deutschen Markt zu behaupten."

Die Werbung für die neuen Facebook-Angebote muss der Händler unterdessen selbst in die Hand nehmen. Natürlich erhofft sich Facebook mehr Buchungen bei Facebook-Ads zu eben diesem Zweck. In der App selbst ist allerdings bislang kein Werbeplatz vorgesehen. Vermutlich werden in Kürze Aggregationsdienste auftauchen, die die Sichtbarkeit der Facebook Angebote verbessern. Zum Beispiel wäre in der Facebook-App eine Kartenansicht wünschenswert, die unabhängig vom aktuellen Standort Angebote zeigt. Coupies hat eine solche Karte. Friendticker hat bereits angekündigt, die Facebook-Gutscheine in den eigenen Dienst einzuarbeiten und dadurch das bestehende System, das ähnlich wie Foursquare vor allem auf Kundenbindung ausgerichtet ist, zu ergänzen.

Auch die VZ-Netzwerke kooperieren mit Coupies. In der neuen App, die Ende Februar gestartet wird, sind die Coupies-Gutscheine zu sehen und mit ihnen wird das Selbstbuchungswerkzeug von Coupies in die VZ-Werbefabrik eingebaut. VZ hat durch diese Partnerschaft aus dem Stand weit mehr Gutscheine im Angebot als Facebook. Coupies erzielt plötzlich eine Million Nutzer mehr an Reichweite und schließt zu Erzkonkurrent MyMobai auf. Letztere haben sich stark auf die Vollintegration der Abwicklung spezialisiert und besitzen sogar Patente für Technologien, die die Auswertung der Gutscheine in bestehenden Kassensystemen wie NCR oder IBM ermöglicht. Zum Verteilungsnetzwerk von MyMobai gehört Immobilienscout. Zu den großen Gutscheinanbietern zum Beispiel Möbel Höffner.

MyMobai-Gründer André Reif beobachtet den Markteintritt von Facebook gelassen: „FB-Deals sind ein guter Wegbereiter für das Thema. Die Agenturen werden sehen, dass da Musik drin ist. Die Industrie wird mit denen aber kein Couponing abwickeln, weil es kein Clearing gibt.“ 

Facebook-Deals heute starten?

Es spricht einiges dafür, so schnell wie möglich den eigenen Laden zu „beanspruchen“, sowohl in Facebook als auch in Foursquare. In Facebook wird es noch 14 Tage dauern, bis die Schnittstelle „Angebote“ geöffnet wird. Bis dahin genießen die Startpartner Exklusivität. Für beide Dienste gilt, dass in der momentanen Frühphase die Gutscheinangebote eine hohe Sichtbarkeit in den Suchergebnissen erzielen, die dann angezeigt werden, wenn der User in den jeweiligen Apps nach „Orten“ oder „Venues“ in seiner Nähe sucht.

Ob damit eine signifikante Reichweite zu erzielen ist, bleibt zunächst fraglich. Da Coupies und MyMobai auf CPS-Basis abrechnen, spricht ebenfalls nichts dagegen, die gleichen Gutscheine auf diesen Plattformen zu platzieren und einfach mal abzuwarten, wo sich mehr Zielgruppe findet.

Bild Frank Puscher Über den Autor/die Autorin:

Frank Puscher arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist in der Online-Branche. Er schreibt regelmäßig für Publikationen wie ADZINE, InternetWorld Business, Ct, Internet-Magazin oder die Absatzwirtschaft. Seine Lieblingsthemen sind Usability, E-Commerce und Online-Marketing. Seit 12 Jahren arbeitet Puscher außerdem als Moderator auf Online-Veranstaltungen. Außerdem berät er Unternehmen und öffentliche Institutionen im Umgang mit Online-Marketing und Social Media.

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