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Interview mit "Frag Mutti"

Sandra Goetz, 28. Januar 2011

Baden-Württemberg hat mit seiner Sympathiekampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ Maßstäbe gesetzt. Nur Insider wären zuvor auf die Idee gekommen, den Schwaben Humor zu attestieren. Und wie viel Humor diese haben, stellen Bernhard Finkbeiner und Hans-Jörg Brekle seit nunmehr sieben Jahren unter Beweis. Im Sommer 2003 kamen die beiden Schwaben nämlich auf die Idee die Hilfeseite Frag-Mutti.de aus der Taufe zu heben. Innerhalb kürzester Zeit avancierte die Haushaltstipps- und Rezepte-Seite zum Shootingstar.

Auf Frag-Mutti.de folgte das männliche Pendant Frag-Vati.de und drei erfolgreiche Bücher als Spin-off, die über 100.000 Mal verkauft wurden. Adzine fragt nach dem Geheimnis des Erfolges – und was die beiden Schwaben im neuen Jahr in Sachen Online-Marketing-Aktivitäten planen.

Adzine: In Sachen Selbstmarketing läuft es bei Ihnen ja rund. Ihr Kollege und Sie gehören zu den Medienlieblingen, sind u. a. bereits diverse Male bei Günter Jauch eingeladen gewesen. Zahlt das auch auf die Nutzerzahlen von Mutti.de und Vati.de ein?

Hans-Jörg Brekle (l.) und Bernhard Finkbeiner,

Finkbeiner: Dass die Medien so gerne bei uns anklopfen, ist für uns natürlich ein Glücksfall: Sie wirken sich positiv auf unsere Besucherzahlen aus. Vor allem Fernsehsendungen bringen immer neue Besucher auf unsere Websites, von denen dann ein Teil auch zu Stammusern wird.

Adzine: Nun reicht ein gutes Selbstmarketing nicht aus, um ein Produkt zum Laufen zu bringen, schon gar nicht längerfristig. Wie vermarkten Sie Ihre Seiten, was ist das Geheimnis?

Finkbeiner: Wir haben die ersten zwei Jahre überhaupt keine Werbung auf Frag-Mutti.de geschaltet, da wir den Surfspaß in den Vordergrund stellen wollten. Nur haben wir irgendwann festgestellt, dass der Arbeitsaufwand über den eines einfachen Hobbys hinausging. Da haben wir angefangen, langsam Textwerbung zu schalten, um unseren Aufwand zu entschädigen.

Adzine: Hatten Sie eine Strategie oder wurde diese erst später entwickelt. À la Learning by doing?

Finkbeiner: Unser Leitgedanke war damals, dass die Werbung zur Seite passen muss und nicht zu aufdringlich ist. Dieser Strategie bleiben wir bis heute treu. Konkret bedeutet das: Wir setzen Werbung verhältnismäßig sparsam und unauffällig ein. Wir muten unseren Besuchern nichts zu, was wir selbst beim Surfen nicht mögen. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir keine lästigen Pop-ups und Flashlayer einsetzen.

Adzine: Frag-Mutti.de hat 26.500 und Frag-Vati.de 3.700 Mitglieder. Also eine tolle Community für Werbung. Wie binden Sie Ihre User, also auch diejenigen, die noch nicht eingetragene Mitglieder sind, ein? Und: Wie hoch sind die Page Impressions?

Finkbeiner: Ich nehme die letzte Frage vorweg: Frag-Mutti.de hat 5,1 Millionen Page Impressions. Frag-Vati.de 400.000. Für inhaltsspezifische Werbung verlassen wir uns hauptsächlich auf die Vermarktung über Google AdSense. Display-Werbung nutzen wir über unseren Vermarkter sixx.de, der erfolgreich zielgruppenspezifische Kampagnen für uns bucht.

Hintergrund ist der, dass wir wiederkehrende Besucher binden und nicht mit Werbung überfordern möchten und gleichzeitig relevante Anzeigen für diejenigen Besucher bieten, die uns z. B. über Suchmaschinen finden, ihr Problem schnell bei uns lösen und dann gleich weitersurfen wollen. So wollen wir auch nachhaltig unsere Seiten weiterwachsen lassen.

Adzine: Über 130 000 Leute folgen Mutti.de und Vati.de via Twitter, Facebook & Co.? Welche Rollen spielen Social Networks für Sie?
 
Finkbeiner: Social Networks, aber auch unser RSS-Feed und der Newsletter dienen uns dazu, Besucher zu erreichen, ohne dass diese direkt auf Frag-Mutti.de oder Frag-Vati.de nachschauen müssen, ob es etwas Neues gibt. Wer z. B. Facebook oder Twitter nutzt, sieht unsere Tipps immer im jeweiligen Feed. Bei Interesse klickt man auf einen Tipp und landet bei uns. Dasselbe Prinzip gilt für unseren RSS-Feed (z. B. über unser iGoogle-Gadget) und den Newsletter.

Weiterhin setzen wir erfolgreich YouTube ein, um in unserem Kanal „FragMuttiTV“ unsere selbst gedrehten Videotipps zu verbreiten. Unsere Clips sind so beliebt, dass sie schon mehrmals auf der deutschen YouTube-Startseite redaktionell erwähnt wurden. Hinzu kommt noch der „virale Effekt“, d. h. unsere Tipps und Seiten werden in den Social Networks an Freunde weiterempfohlen.

Adzine: Habt ihr eine Art Community-Management?

Finkbeiner: Um unsere Communitys zu führen, verlassen wir uns auf ein treues Team von freiwilligen Helfern, die als Moderatoren die Foren betreuen.

Adzine: Aktuell gibt es einen Henkel-Produkttest. Welche Unternehmen haben bereits die Plattformen „Mutti“ und „Vati“ genutzt, um Produkttests zu machen? Und: Habt ihr diesbezüglich keine Bedenken, dass das die Glaubwürdigkeit in der Community untergräbt? Oder fördert es gar die Glaubwürdigkeit?

Finkbeiner: Wir führen mit Henkel in Sachen Produkttests eine langjährige und erfolgreiche Partnerschaft. Der erste Produkttest wurde bereits 2007 durchgeführt. Da Henkel ein Unternehmen mit sehr gutem Ruf ist, hat dies die Glaubwürdigkeit sogar gesteigert!

Die Produkte von Henkel haben bisher jeden Test „bestanden“. Die Henkel-Verbraucherberatung und wir gehen individuell auf das Feedback und die Fragen aller Tester ein und scheuen uns auch nicht, negativere Stimmen zu veröffentlichen. Dies kommt sehr gut und glaubwürdig bei unseren Besuchern an, sodass wir weitere Produkttests für die Zukunft geplant haben.

Adzine: Wie bzw. nach welchen Kriterien werden die Produkttester ausgewählt? Und was haben die Tester davon, Tester zu sein?

Finkbeiner: Die Produkttester werden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt. Dazu zählt zum Beispiel wie viel und wie in einem Haushalt geputzt wird, oder wie "kommunikativ" ein Bewerber ist. Es gilt natürlich, den "viralen Faktor" so hoch wie möglich zu treiben.

Die Tester erhalten kostenlos ein hochwertiges Paket mit meist vier bis zehn Produkten von Henkel und eines unserer Bücher. Es handelt sich dabei nicht um kleine Produktproben, sondern um vollwertige Produkte.
Diese Produkte dürfen die Testerinnen und Tester selbstverständlich behalten.

Adzine: Was müssen Unternehmen zahlen, um via „Mutti“ oder „Vati“ zu werben oder Tester zu bekommen?

Finkbeiner: Es liegt in der Natur der Produkttests, dass es keine Pauschalpreise bei uns gibt. Das heißt, wir stimmen die Tests und Aktionen sehr genau mit dem Unternehmen ab und passen sie an die Bedürfnisse des Partners an. Daher ist die Preisgestaltung sehr individuell.

Adzine: Frag-Mutti.de hat eine Kooperation mit Amazon, wie schaut diese genau aus?

Finkbeiner: Wir nutzen das Amazon-Partnerprogramm, um unseren Besuchern den einfachen Kauf unserer drei Bücher zu ermöglichen.

Adzine: Dabei ist Amazon ja nicht der einzige Kooperationspartner. Welche haben Sie noch? Und: Gibt es einen Re-Investitionsplan?

Finkbeiner: Ähnlich wie bei unserer regulären Vermarktung sind wir immer auf der Suche nach Kooperationspartnern, die unsere Seiten mit hilfreichen Zusatzservices bereichern können. So bieten wir unseren Besuchern zum Beispiel mit unserem Kooperationspartner KaufDa die Möglichkeit, ganz bequem online in den Angeboten aus der eigenen Stadt stöbern zu können oder über die Medikamentensuche von medipreis günstige Medikamente online zu finden. Diese Services sind natürlich ebenfalls vermarktet. Der Vorteil liegt auf der Hand: Wir bieten unseren Besuchern einen Mehrwert und helfen ihnen beim Sparen und wir verdienen etwas dabei.

Wir reinvestieren sowohl in den Ausbau unserer Seite als auch in die Suchmaschinenoptimierung.

Adzine: Was ist für 2011 an Online-Marketing-Aktivitäten geplant?

Finkbeiner: Aktuell beschäftigen wir uns mit dem Thema mobiles Marketing. Hier haben wir noch einiges nachzuholen.

Adzine: Was ist damit gemeint? Was haben Sie hier nachzuholen?

Finkbeiner: Zuerst einmal wollen wir mit angepassten Online-Versionen und Apps unserer Website auf mobilen Endgeräten besser vertreten sein. Danach werden wir schauen, welche Möglichkeiten sich auftun.

Adzine: Aus dem Schwabenland hat es Sie und Ihren Kollegen Hans-Jörg Brekle in die Weiten Kanadas gezogen. Wie schaut das Leben aus, wie koordinieren Sie Ihre Geschäfte?

Finkbeiner: Kanada ist für mich in den letzten drei Jahren zu meinem neuen Zuhause geworden. Die Landschaft und Natur in British Columbia, gepaart mit dem jungen, pulsierenden und multikulturellen Lebensstil in der Metropole Vancouver haben eine große Anziehungskraft. Deutschland besuche ich ca. einmal im Jahr, um Familie und Freunde zu treffen, aber natürlich auch um Geschäftsbeziehungen zu pflegen.

Adzine: Das heißt, Sie können von der Vermarktung der Sites leben?
 
Finkbeiner: Ja, die Vermarktung unserer Websites hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt. Seit 2009 firmieren wir als Frag Mutti Services Inc. in Kanada und beschäftigen neben uns selbst einen Studenten, der die Verwaltung der Seite unterstützt.

Herr Finkbeiner, wir danken für das Gespräch und wünschen keine Scheidung, sondern weiterhin viel Erfolg für Vati und Mutti auch im neuen Jahr.

Über den Autor/die Autorin:

Sandra Goetz ist seit 2006 als freie Autorin für ADZINE an Bord. Ihr Fokus liegt auf Interviews zu aktuellen Innovationsthemen im digital Media und Marketing. Außerdem schaut sie sich bei ihren Auslandsreisen immer wieder nach spannenden Geschichten aus der globalen Marketing-Welt um, Interviews inklusive. Seit 2016 verantwortet Sandra die ADZINE Entscheider-Serie.

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