Ob Vermarkter, Mediaagentur, Publisher oder Advertiser: Im Online-Marketing geht es nicht mehr ohne Targeting. Da sind sich eigentlich alle Experten einig. Uneinigkeit herrscht hingegen bei der Frage, wie Targeting am besten funktioniert, wer die Daten sammelt und aufbewahrt, wer wo und mit wem wann sein Geschäft macht und nicht zuletzt: was Konsumenten und Werbekunden davon haben. Ich möchte das Thema vom Blick der Kapitänsbrücke eines global agierenden Advertisers angehen.
Denn globale Akteure wie beispielsweise die Automobilhersteller setzen derzeit einen neuen Kurs: volle Kraft voraus Richtung Targeting. Dabei bestimmen ein paar grundsätzliche Punkte die beste Route: Relevanz, Effizienz, Kontrolle, Handel, Vergleichbarkeit, Datenschutz, User-Experience und die Macht einer Flotte. Bevor ich mich diesen einzelnen Punkten widme noch ein anschauliches Szenario am Beispiel eines Automobilherstellers: Es gibt einen Nutzer XY, dessen Leasingvertrag in zwei Monaten ausläuft. Der Durchschnittsdeutsche benötigt etwa zwei Monate, um eine Kaufentscheidung für seinen Neuwagen zu treffen. Jetzt wäre also ein guter Zeitpunkt für mich, den Kunden anzusprechen. Alle User fallen für mich jetzt in vier verschiedene Personengruppen:
1. Bestandskunden. Hier habe ich die meisten Informationen. Die Kundenbeziehung ist etabliert, da ich über einen digitalen Touchpoint verfüge, weiß ich vielleicht gar konkret vom auslaufenden Leasingvertrag und dass es sich um einen Stammkunden handelt. Ich habe damit alle Daten, um den Kunden zur voraussichtlich perfekten Zeit mit Informationen zum neuen Mittelklassemodell anzusprechen.
2. Interessenten. Ich weiß, dass ein User XY meinen Online-Konfigurator für einen Neuwagen benutzt hat. Vielleicht hat er die Seite sogar schon öfter und mit steigender Frequenz besucht – bislang hat er allerdings noch nicht bei mir bestellt. Obendrein hat der Nutzer verschiedene Gebrauchtwagenbörsen besucht – er will also offensichtlich den Wert seines Gebrauchten eruieren. Höchstwahrscheinlich befindet sich der User also im Prozess der Kaufentscheidung.
3. Statistische Zwillinge. Das sind User, die die gleichen Merkmale aufweisen, wie meine Kunden, bislang haben sie aber noch nicht bei mir gekauft. Schlimmer noch! Diese User wollen gerade ein Auto kaufen, aber nicht bei mir, sondern bei einem Wettbewerber. Höchste Zeit also, um mit dieser Gruppe in den Dialog zu treten.
4. Der Rest. Alle übrigen, also wahrscheinlich mindestens 80 Prozent der User, die sich offensichtlich gar nicht in einer Kaufentscheidung befinden.
Wenn ich in diesem Szenario als Werbetreibender Conversions erzielen will, habe ich früher die vierte Gruppe einfach als Streuverlust toleriert. Dabei ist es in der Regel die größte Gruppe. Ich muss mir also schon überlegen, was ich tun kann, wenn ich den besten ROI erzielen will. Mit Targeting kann ich Gruppe 4 ausschalten und sehr genau sagen, ob und in welcher Kombination ich Gruppe eins, zwei oder drei ansprechen will. Unsere Daten zeigen, dass dadurch die „Intention to buy“ beispielsweise um 50 Prozent höher liegt als in der Gruppe der Nicht-Interessenten.
Das nur als kurzer Ausflug und als Grundlage. Zurück zu den Kriterien, die die Navigation auf den Meeren des Targetings aus Sicht eines Werbetreibenden derzeit bestimmen.
Relevanz
Das ist der grundlegende und schlichte Grund, warum es überhaupt zum Kurswechsel kommt. So haben Markenartikler zum Beispiel vor vier, fünf Jahren gerade einmal ein Prozent der gesamten Werbeausgaben ins Online-Marketing gesteckt. Da gab es keinen Grund, strategisch und umfassend vorzugehen. Targeting lief einfach mit. Wo man es buchen konnte, hat man es getan.
Heute gehen die gleichen Player eher in Richtung 30 Prozent Online-Spendings. Dieser gigantische Shift führt zwangsläufig dazu, dass Werbetreibende zunehmend Fragen stellen und nach optimaler Logistik für ihre „Fracht“, die Budgets, suchen. Ein weiterer Punkt der Relevanz ist ganz einfach, dass bestimmte Zielgruppen online besonders gut zu erreichen sind.
Effizienz
Die Frage nach dem effizientesten Targeting ist immer daran gekoppelt, wer am meisten über einen Nutzer oder Kunden weiß, wer also das beste Kartenmaterial hat, um potenzielle Interessenten gezielt anzusprechen. Das sind zweifelsohne die Advertiser selbst – meist hat kein anderer Marktteilnehmer bessere Consumer-Insights. Zurück zu unserem Beispiel: Der Automobilhersteller weiß am meisten über die eigenen Kunden und damit sind wir schnell beim nächsten Punkt. Mit den steigenden Budgets macht es plötzlich Sinn, in eigene Infrastruktur, also eigene Targeting-Systeme zu investieren. Mit dem Einsatz von Targeting kann ich Zielgruppen dabei zu einem sehr guten TKP erreichen – auch das gehört zur Effizienz.
Kontrolle
Werbetreibende und Vermarkter sehen nun, dass sie ein Interesse und ein Anrecht darauf haben, diese fürs Targeting essenziellen Daten vorrätig zu halten und zu nutzen. Sie suchen Schnittstellen zum Targeting, bei denen sie die Hoheit über ihre Gewässer behalten – also ganz konkret: bei denen sie Besitzer der Daten sind und bleiben. Sie wollen dabei nicht alle Daten an einen Dritten weitergeben, der vielleicht obendrein für direkte Wettbewerber tätig ist. Als Advertiser baue ich mir also eigene Audiences auf und habe zwei Vorteile:
- Ich kann in Realtime sehen, welche Konsumentengruppen sich gerade für was interessieren, Insights gewinnen und darauf reagieren.
- Bei Vermarktern, die die gleichen Segmente anbieten, kann ich genau die richtigen Personen ansprechen – und zwar zur richtigen Zeit. Das wird immer wichtiger, das Umfeld verliert hingegen eher an Bedeutung.
Handel
Die Targeting-Technologien ermöglichen mir, ganz neue Wege im Handel mit meinen Budgets zu gehen. So kann ich als Werbetreibender etwa über Re-Targeting mein Mediabudget versuchsweise in Low-TKP-Segmente geben. Dabei wird „Google Exchange“ zu so etwas wie die New York Stock Exchange des Online-Marketings und Advertiser brauchen Makler wie AudienceScience, die für sie in Echtzeit „auf dem Parkett“ handeln.
Vergleichbarkeit
Sitze ich als Marketing-Entscheider eines internationalen Konzerns in meinem Headquarter in Tokio, New York oder San Francisco, möchte ich meine Entscheidungen auf möglichst verlässliche Daten stützen. Sind mein Reporting und meine Infrastruktur einheitlich, kann ich verlässlich und begründet im einen Land das Budget hochfahren, während ich woanders die Maschinen drossele. Diese internationale Standardisierung erwarte ich dann über kurz oder lang auch von meinem Targeting-System.
Datenschutz
Wer beim Datenschutz schlampt, handelt sich massive Probleme ein. Um die vermeintliche Hürde zu meistern, muss ich schwarzen Schafen ausweichen und auf Systeme bauen, die Datenschutz in doppelter Hinsicht gewährleisten. Zum einen möchte ich als Advertiser, dass meine eigenen Daten geschützt sind, zum anderen wird Datenschutz weiterhin kontrovers diskutiert werden. Ich muss also Technologien nutzen, die weltweit im Rahmen der jeweiligen Landesbestimmungen Datenschutz gewährleisten.
User-Experience
Eine entscheidende Funktion zeigt, dass ich heute als Werbetreibender ohne Targeting nicht mehr weit komme: „Frequency Capping“. Also das Ziel, einen User nicht zu häufig mit immer derselben Botschaft anzusprechen, weil dessen Interesse sonst in Abwehr umschlägt. Schaue ich mir etwa an, wie ein großer Versicherer derzeit deutsche Kunden mit Online-Werbespots angeht, auf vielen Portalen und eben ohne Capping, kann ich nur sagen: Dieses Vorgehen wird sich so bald kein großer Advertiser mehr leisten wollen. Andersherum wird sich wohl kaum ein User beschweren, wenn er mit Werbung angesprochen wird, die ihn wirklich interessiert, die ihm einen Mehrwert bietet. Hier macht die User-Experience ausgefeiltes Targeting zur Pflichtübung.
Gemeinsame Flotte
Was meine ich mit der Stärke des Flottenverbandes? Ganz einfach: Bei all diesen Navigationspunkten für erfolgreiches Targeting eines Advertisers darf ich am Ende eine Sache nicht vergessen: Ohne die anderen Player habe ich es schwer, also gehe ich besser Bündnisse ein und sehe zu, dass auch Partner Erfolge aus den neuen Routen ziehen können. Hier sieht es gut aus:
- Agenturen können mit den neuen Tools die Mediaplanung deutlich verbessern und etwa mit vermarkterübergreifendem Kontaktklassen-Management arbeiten.
- Publisher, die mit ihren Daten die Erfolgsaussichten der Werbetreibenden deutlich aufwerten, müssen, können und sollen von dieser Datenlieferung deutlich profitieren.
- Vermarkter verbessern die Monetarisierung ihres Inventars und erhöhen die Transparenz ihrer Zielgruppenbildung.
Fest steht, dass die großen Advertiser dabei sind, sich zu emanzipieren. Sie werden zu Herrschern über die eigenen Daten und damit zu bestimmenden Kapitänen des Targetings. Die Frage ist nicht, ob dieser neue Kurs eingeschlagen wird, sondern wann die verschiedenen Akteure ihre Ruder umstellen. Als global agierender und führender Anbieter von Audience-Targeting sehen wir in diesem Bereich bereits großes Wachstum und eine enorm steigende Anzahl von Anfragen. Einige große Advertiser haben die ersten Boote bereits zu Wasser gelassen und auf unseren Targeting-Werften wird ordentlich geschweißt und gehämmert – die nächsten Stapelläufe sind in Sicht.
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