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Mit der Macht der Crowd zum Werbeerfolg

Jens von Rauchhaupt, 4. November 2010

Jede Community, jeder Blogger, jeder Twitter- und jeder Facebook-User ist auf seine Art Publisher und eignet sich damit auch prinzipiell als Werbeträger und zur Weitergabe von Online-Werbung. Inzwischen gibt es Plattformanbieter, mit denen Werbungtreibende ihre Werbebotschaft völlig kontrolliert über diese Art von „Social Media Publisher“ in den Mid und Long Tail distribuieren können. Im Gegenzug erhalten diese eine Vergütung.

Witzige oder emotionale Videos von oder um eine Marke wie der jüngste T-Mobile Flashmob werden in den Social Networks oder Communitys besonders gerne weitergeleitet und geklickt. Dies ist lange bekannt. Doch die erste Verbreitungsphase, also das Seeding von Viralspots ist seit jeher eine Herausforderung für die Agenturen – der Erfolg ist niemals garantiert und die Zahl der Rohrkrepierer übersteigt bei Weitem die Erfolgsgeschichten wie etwa die der Rollschuh fahrenden EVIAN Babys.

Bezahlmodelle sichern die Verbreitung

Diese Ungewissheit über Erfolg oder Misserfolg eines Viralspots rief Seeding-Anbieter wie etwa Goviral auf den Plan. Goviral hatte sich früh auf das Paid Seeding von Viralvideos spezialisiert. Dazu baute das internationale Unternehmen aus Dänemark neben einem Videoplayer mit Weiterempfehlungsfunktion ein großes internationales Publishernetzwerk auf, zu dem laut Alexander Gösswein, Geschäftsführer Goviral Deutschland, inzwischen 14.000 Publisher gehören.

Alexander Gösswein, goviral Deutschland

Der Werbungtreibende muss hier für generierte Views seines Spots über einen Cost-per-View- (CPV) Modell zahlen und der Publisher, bei dem der Viralspot abgerufen wurde, wird am Werbeerfolg beteiligt. „Publisher erhalten einen Revenue Share von uns und werden ebenfalls auf Performance-Basis pro View bezahlt. Die Ausbezahlung erfolgt ab 25 Euro“, sagt Gösswein. Inzwischen will sich Goviral aber gar nicht auf Viralspots reduzieren lassen. Ganz im Gegenteil: „Wir distribuieren tatsächlich nahezu jeglichen Videocontent vom TV-Spot über Branded Content, Interaktive Spots, Serien, Applikationen, Filmtrailer bis hin zum viralen Video. Die wenigsten Spots sind allerdings wirklich viral, schätzungsweise weniger als 5 Prozent“, so Gösswein.

Goviral liefert laut Gösswein Realtime-Informationen über Views, Impressions, Klickrate und der View-to-end-Rate. Letztere zeigt, wie viel Prozent der User die Videos bis zum Ende angesehen haben oder ob das Video abgebrochen wurde. Auch virale Aktionen wie Weiterleitung, Empfehlungen, Embeds und Kommentare kann Goviral ausweisen. „Alle Informationen können auf jede einzelne Website, über die wir distribuieren, heruntergebrochen werden“, erläutert Gösswein
Zu den Publishern von Goviral zählen themenspezifische Websites, Blogs, Portale, Video- und Entertainmentseiten und Social Communitys. „Seit zwei Monaten kann man sich auch mit einem Facebook-Profil als Publisher anmelden, solange die Inhalte unseren Qualitätsanforderungen entsprechen. So dulden wir beispielsweise keine gewaltverherrlichende, rassistische oder pornographische Inhalte“, sagt Gösswein. Damit hat Goviral die Crowd zum Werbeträger gemacht.

v.l.n.r. Martin Dräger, Christian Wilfer, Dialog Solutions Group (DSG)

Die Online Crowd besteht aus Millionen von Affiliates

Doch Goviral steht auf diesem Gebiet nicht allein da. Just im Oktober hat die Dialog Solutions Group (DSG) um die Geschäftsführer Martin Dräger und Christian Wilfer eine neue Social-Media-Distributions-Plattform mit dem Namen Shareifyoulike gestartet, die sie gemeinsam mit der Internet-Agentur Pier 314 entwickelt haben. Auf dem ersten Blick erscheint dieser „Marktplatz“ dem Goviral-Prinzip sehr ähnlich. Doch gehen die Hamburger noch ein kleines Stück weiter in die Tiefe der Crowd. Denn neben einzelnen Sites, Blogs, Communitys und den Facebook-Usern mit mindestens 25 Freunden können sogar Twitter-Account-Inhaber für die Distribution eines kommerziellen Werbespots Geld kassieren. Freilich erst wenn Shareifyoulike den „Distributor“ überprüft hat, um so Brand Safeness gewährleisten zu können. „Jeder der Publisher kann für sich entscheiden, ob er einen Inhalt mit seinem Netzwerk teilen möchte oder nicht. Die Plattform trägt kommerziellen Content als persönliche und echte Empfehlung in private Netzwerke. Und Shareifyoulike tut dies absolut transparent und immer von einem klaren Absender“, sagt Martin Dräger.

Der Wunsch nach Kostentransparenz bei Viralspots käme laut Dräger von den Advertisern und war ein Grund für die Idee von Shareifyoulike: „Klassische Seedingmodelle sind zum einen meist nicht transparent genug und Werbetreibende investieren somit in ein schwarzes Loch. Zum anderen sind sie nur auf einige trafficstarke Multiplikatoren beschränkt. Das Web ist aber mit den Jahren vielschichtiger und fragmentierter geworden.“

Die Mehrheit der Videoabrufe und der Weiterempfehlungen finden im Longtail Bereich statt. Quelle: goviral.

Bestand vor dem Launch von Shareifyoulike das Distributionsportfolio ausschließlich aus Content Sites, hat sich dies inzwischen deutlich in Richtung Social-Media-User verschoben: „Im Augenblick liegt die Quote bei ca. 40 zu 60. Facebook- und Twitter-Nutzer verbuchen ein viel stärkeres Wachstum als Content Sites“, berichtet Dräger. Damit wird die Online Crowd bei Shareifyoulike theoretisch millionenfach zu Affiliates der Advertiser. Und hier ähnelt sich wieder das Angebot von Goviral und Shareifyoulike. Bei beiden Plattformen können die Distributoren frei den Werbespot auswählen oder es auch lassen. „Viele Publisher sind wählerisch was den Content angeht. Sie arbeiten nicht nur mit uns zusammen, um Geld zu verdienen. Der Content muss zu ihrer Seite passen“, berichtet Gösswein über die Erfahrungen bei Goviral.

Kontrolle für den Advertiser

Shareifyoulike will die Distributionen zu „sehr effektiven Kosten“ anbieten. Der Advertiser legt zu Beginn das Budget und den Kampagnenzeitraum fest. Auf dieser Grundlage errechnet das Team von Shareifyoulike die garantierte Reichweite und somit auch den spezifischen Cost Per View für den Advertiser aus. Twitter und Facebook werden über einen Pauschalpreis vergütet. Shareifyoulike erhält 30 Prozent und die Distributoren 70 Prozent vom Budget der Advertiser und die scheinen mit dem neuen Modell zufrieden zu sein: „Ein Kunde hat uns neulich mit einer sechsmal höheren CTR als Google via Twitter gelobt. Auf Twitter selbst finden Shares mit einer pauschalen Vergütung statt. Der Tweet wird durch einen Link auf die entsprechende Content Site verlinkt“, sagt Dräger.

Jede Aktivität der Verbreitung wird von Shareifyoulike dokumentiert und die verschiedenen Kennzahlen wie Ad Impressions, aktive Views und Response-Clicks stündlich aktualisiert und transparent dargestellt. Ebenfalls einsehbar ist, welche Sites, Blog und Social-Network-Profile die Inhalte eingebunden haben. Die bisher größte bei Shareifyoulike gebuchte Reichweite betrug 650.000 aktive Views. „Hier war die Distribution allerdings mit einer Tagesdeckelung versehen. Ohne diese Deckelung sind durchaus 7-stellige Reichweiten drin. Die Kampagne hatte dabei eine Dauer von 21Tagen“, berichtet Dräger von DSG.

Werbecontent: Bisher vorwiegend Videos

Bisher bieten sowohl Goviral als auch Shareifyoulike ihre Plattformen in erster Linie für Videos an. „Filme sind das populärste Medium. Die Filme brauchen nicht zwangsläufig ein virales Potenzial zu haben. Nur sind sie dann natürlich noch effektiver. Wichtig ist, dass wir relevante Inhalte distribuieren“, erläutert Dräger und weiter: „Das können auch Tutorials sein oder andere interessante Teaser für spannende Themen. Es können auch interaktive Medien sein, z.B. Apps oder Spiele. Wenn Advertiser einen Banner distribuieren wollen, ist Shareifyoulike vielleicht nicht die erste Adresse. Aber Advertiser sollten sich die Frage stellen, was sie Konsumenten an die Hand geben können, das sie präsentiert, aber letztlich für den Konsumenten gemacht ist. Wenn solche Inhalte in Netzwerken angeboten werden, hat das fantastische Folgen. Shareifyoulike bietet dafür ein vielschichtiges und effektives Netzwerk.“

Bei Adfly verdient der Linkpublisher mit

Auch Werbebanner können durch Communitys in den Long Tail „distribuiert“ werden, wie uns das Beispiel des Linkshrinkers Adfly zeigt. Adfly-Links haben es gewissermaßen in sich, klickt der User auf einen durch Adfly generierten Link, wird seine digitale Reise durch ein ganzseitiges Interstitial Ad für 5 Sekunden unterbrochen, bis er dann auf die gewünschte Zielseite gelangt. Jeder User kann bei Adfly Linkpublisher werden, indem er sich bei Adfly mit einer E-Mail-Adresse und einem Paypal-Konto anmeldet. Die Preise für den Advertiser bewegen sich je nach Land zwischen 1 und 5 US Dollar TKP. Dem Advertiser wird eine Plattform bereitgestellt, wo er sein Werbemittel hochladen, das Budget und den Kampagnenzeitraum angeben kann. Dazu erhält er ein einfaches Reporting. Zurzeit ist aber die Beteiligung aufseiten der Linkpublisher eher niedrig, was dem mühsamen Weg der Verlinkung geschuldet sein mag. Brandsafeness kann dieser Dienst natürlich nicht garantieren, denn wer weiß schon, wohin ein solcher Link den User schickt. Doch hat die dazwischengeschaltete Werbung auch wenig mit der Zielseite zu tun.

Über den Autor/die Autorin:

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