Durch Zufall stieß ich gestern in dem Videoportal MyVideo auf den zweiten Teil von Ken Follets „ Die Säulen der Erde“, für den ich am Montag Abend, als er auf Sat.1 ausgestrahlt wurde, keine Zeit hatte. Ich war ziemlich überrascht, dass der Film in voller Länger auf dem Portal zur Verfügung steht, und für mich sollte es das erste Mal sein, dass ich einen abendfüllenden Film über eine Internetverbindung per Stream auf einem großen TV Bildschirm anschauen sollte.
Mal abgesehen von ein paar Anfängerfehlern, was die Bildschirmeinstellungen des Notebooks betraf, war ich doch erstaunt, wie gut TV und Computer zusammenarbeiten. Das Filmereignis begann mit Werbung, einer 30 sekündigen Pre-Roll Werbung, wie man das Werbeformat vor dem eigentlichen Inhalt im Internet nennt. Obwohl mich der Werbespot von o.b. nicht sonderlich interessiert hat, gab er mir doch Zeit noch ein paar Einstellungen an den Geräten zu optimieren. Grundsätzlich nehme ich aber bei einem 100 Minuten-Film diese vorgeschaltete Werbung gern zur Kenntnis. Ich musste dann aber feststellen, dass es bei dem Pre-Roll nicht bleiben sollte (wen wundert’s?), es folgten etwa im 10-Minutentakt Unterbrecherspots im Doppelpack von Otto und Vodafone, die den Entertainmentfaktor dann doch etwas beeinträchtigten. Alles in allem glaube ich aber nicht, dass es mehr Werbezeit gab, als in der TV-Ausstrahlung. Die Unterbrechungen waren in der Stream-Version lediglich etwas abrupter, kürzer und öfter. Einfach ungewohnt, weil man eben doch oft aus dem Geschehen gerissen wurde und die Pausen zu kurz waren, um sich weiter zu entfernen und andere Dinge zu erledigen.
Inhalte und damit auch Werbung machen anscheinend immer öfter den Umweg über das Internet, um wieder dort zu landen, wo wir sie sowieso schon gewohnt sind. Dennoch werden heute noch die meisten gestreamten Videoinhalte direkt am Computerbildschirm konsumiert und Video-Werbung spielt dabei natürlich auch eine wachsende Rolle.
Wir sprachen für die heutige Ausgabe mit Patrick Edlefsen, Country Manager von .FOX Networks über Entwicklungen im Video Advertising und im zweiten Beitrag schaut sich Jens von Rauchhaupt die Bewegung von Videowerbung in Richtung Mid- und Longtail Websites an.
Viel Spaß mit Adzine!
Adzine: Wachsende Umsätze im Video-Advertising gehören zu den Top-Themen der Branche. Wie groß ist die Bedeutung von Video bei .FOX Networks in Deutschland?
Patrick Edlefsen: Video spielt bei .FOX Networks zusammen mit den Performance-Produkten eine tragende Rolle und wird auch in Zukunft eines der bewegenden Themen in unserem Unternehmen sein, da es sehr gute Wachstumsprognosen gibt. Wir haben aufgrund des starken Umsatzwachstums bei .FOX Networks in diesem Kalenderjahr, der deutlich über den Marktangaben lag, unsere Teams ausgebaut und die Mitarbeiterzahl verdoppelt. Die Zukunftsprognosen für den Videomarkt stehen gut, unsere Kunden erwarten von uns das beste Angebot im Markt. Unsere Aufgabe ist es, dieses zu liefern und die steigende Nachfrage entsprechend auch nachhaltig zu bedienen. Für uns steht Qualität vor Quantität, allein dafür steht schon die Brand „FOX“.
Adzine: Wer wirbt denn heute überhaupt mit Bewegtbild im Netz?
Patrick Edlefsen: Die Frage sollte andersherum gestellt werden: „Wer wirbt denn heute nicht mit Bewegtbild?“ Es ist eine in der Tat eine bewegende und die werbewirksamste Werbeform, die den Kunden erreicht. Hatten wir Anfang 2008 noch einen kleinen Stamm an Werbekunden aus einer noch überschaubaren Branchenzahl, so gibt es heute kaum einen Industriezweig, der nicht mit Videowerbung online wirbt. Seitdem 2009 auch vermehrt die großen FMCG Kunden werben, hat der Markt noch einmal an Fahrt dazugewonnen. Auch für viele mittelständische Unternehmen ist Online-Video eine Möglichkeit, effizient für sich zu werben. Es gibt genügend Argumente und Studien pro Online-Video, die Zeit des Abtastens ist mittlerweile vorbei. Der Markt steckt in einer extrem spannenden und heißen Phase.
Adzine: Kann sich Online-Video-Advertising überhaupt zu einer eigenen Werbeform entwickeln oder ist es in erster Linie als experimentelle Ergänzung zur TV-Werbung zu betrachten?
Patrick Edlefsen: Lange, bevor TV-Werbekunden auf den Online-Markt als weiteren Kanal aufmerksam wurden, hatte sich Online-Video doch längst etabliert. Darüber hinaus kann man eine Werbeform, die nachhaltige Ergebnisse liefert und so zielgerichtet ausgesteuert werden kann, nicht als experimentelle Werbeform ansehen. Online ist längst „Above the Line“ und die Verknüpfung mit Bewegtbild-Content und Werbung ist eine attraktive und effiziente Maßnahme.
Genauer gesagt ist Video das wirkungsvollste Online-Produkt der letzten Jahre. Online hat mit der genauen Ansprache über Zielgruppenaussteuerung, Interaktionsmöglichkeiten und der Einbindung des Users seine Vorteile.
Trotz, ich betone, „noch“ vergleichbar geringer Reichweiten gegenüber TV ist das Zusammenspiel dieser Vorteile der entscheidende Erfolgsfaktor in der Zukunft. Insbesondere unter Berücksichtigung der wachsenden Online-Viewers wird Video-Advertising in den nächsten Jahren seine Stärken voll ausspielen können und auch in der Verknüpfung mit innovativen Technologien neue Möglichkeiten eröffnen.
Somit werden TV-Budgets, von denen der Online-Markt immer geträumt hat, greifbar. Voraussetzung für diese Entwicklung sind allerdings qualitativ hochwertige Umfelder, vergleichbar hohe Reichweiten, eine komparative Preisstruktur und einwandfreie technische Umsetzung. So kann online sowohl ergänzend als auch alternativ zu TV eingesetzt werden.
Adzine: Wäre das Wachstum der letzten Jahre ohne eine Bündelung der Angebote in der Vermarktung überhaupt denkbar gewesen?
Patrick Edlefsen: Sicherlich ist die Bündelung der Angebote einer der Treiber des Wachstums der letzten Jahre. So hat man es anfangs geschafft, das verstreute und kaum vermarktbare Video-Inventar zu bündeln und somit erst den Werbekunden ein werbetaugliches Produkt anzubieten. Der Erfolg der Videonetzwerke und Topvermarkter hat gezeigt, welches Potenzial vorhanden ist. Die Unternehmen, die in Entwicklung und Infrastruktur investiert haben, stehen heute sehr gut da.
Adzine: Verfügt Fox über eigenen Video-Content in Deutschland und Europa oder bündeln Sie ausschließlich externe Reichweite?
Patrick Edlefsen: Wir bündeln sowohl eigenen als auch externen Content. Allein durch die TV-Sender der FOX International Channel Deutschland (Sender u. a. National Geographic und FOX) haben wir Zugang zu qualitativ hochwertigem Content-Material, das wir zukünftig auch fokussiert monetarisieren werden. Und „The Walking Dead“, eine Zombie-Serie auf dem Pay-TV Sender FOX, zum Beispiel war nicht einmal 48 Stunden nach der Pilotsendung auf Sevenload zu sehen, LOST hatte seine Deutschlandpremiere der vierten Staffel auf FOX. Die von National Geographic produzierten Dokumentationen werden oft auch später von öffentlichen TV-Sendern gezeigt und erfreuen sich dort großer Beliebtheit.
Es wird also in Zukunft eine noch direktere Ausrichtung für das eigene Content-Management geben. Der Content ist eine unserer Stärken, auf die wir auch in Zukunft großen Fokus und großen Wert legen werden. Diese Karte werden wir zukünftig noch mehr ausspielen.
Adzine: Kann man schon sagen, welche Formate sich im Video-Advertising durchsetzen werden?
Patrick Edlefsen: Das Pre-Roll hat sich ja bereits durchgesetzt, weil es ein lineares Format darstellt. Mid-Roll und Post-Roll als ebenfalls lineare Formate haben im Vergleich zum Pre-Roll aber eine geringere Nachfrage. Darüber hinaus sind mittlerweile alle Display-Formate streamingfähig, wie zum Beispiel das klassische Content Ad oder das Video-Pop-under. Auch das Video-Interstitial wird weitverbreitet genutzt. Ich glaube aber, dass wir ganz klar die linearen Werbeformen aufgrund der Auslieferungsmechanik von all den anderen Formaten trennen sollten. Diese Werbeformen werden durch ihre „Vergangenheit“ (Pop-up, Pop-under, Klickraten bei Display) immer mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Aber das Monetarisierungspotenzial ist hier sehr hoch und daher wird der Markt bestimmt auch einen Weg finden, diese Produkte entsprechend zu positionieren.
Adzine: Es wird immer wieder gesagt Pre-Rolls seien so gut, weil es dem TV-Konsum ähnelt und daher eine hohe Nutzerakzeptanz genieße. Dennoch ist es eben kein TV und 15 Sekunden Werbung erscheinen oft wie eine Ewigkeit. Kann es sein, dass man die optimale Platzierung noch nicht gefunden hat?
Patrick Edlefsen: Die gute Nutzerakzeptanz ist Fakt. All diese Vergleiche zu TV sollen aber natürlich auch helfen, das Produkt besser zu verstehen und es entsprechend auch für TV-Werbekunden attraktiver zu machen. Die Möglichkeiten, die derzeit in der Online-Video-Werbung existieren, haben einen hohen Standard. Dennoch ist man „noch“ am Anfang der Möglichkeiten, die technische Entwicklung im Markt wird Bewegtbild in der Zukunft auf eine andere Ebene bringen und mit Sicherheit noch elegantere Lösungen hervorbringen. Über die optimale Ausrichtung von Videolänge zu Content-Länge und -Qualität wurde ja bereits ausführlich referiert und geforscht. Es liegt an den Vermarktern, das Gelernte entsprechend userfreundlich umzusetzen.
Adzine: Was wird denn heute bei In-Stream-Formaten abgerechnet, jeder angefangene View oder geht es auch schon differenzierter?
Patrick Edlefsen: Es wird in der Regel nach TKP oder CPV (Cost per View) abgerechnet. Performance-Modelle haben sich bisher nicht durchsetzen können, da sie für diese Formate schwierig umzusetzen sind.
Adzine: Wie plant man denn heute Videowerbung?
Patrick Edlefsen: Es gibt bei der Videowerbung mittlerweile verschiedene Herangehensweisen. Anfangs erfolgte dies über die Zielgruppe und über das Umfeld. Die Buchung auf Content-Ebene ist für die breite Masse relativ neu, da mangelnde Formate und Reichweiten diese Möglichkeit nicht bereitgestellt haben. Das Angebot an Inhalten wächst jedoch stark und bietet für die Zukunft für Werbekunden spannende Umfelder. Es gibt heute damit nicht mehr den einen Planungsweg, sondern die Planung muss immer individuell auf die Bedürfnisse und Ziele des Kunden abgestimmt werden, um so ein stimmiges und werbewirksames Ergebnis liefern zu können.
Adzine: Die momentane Nachfrage nach Video-Advertising, insbesondere nach Pre-Rolls übersteigt ja bereits anscheinend das Angebot, führt das auch zu unerwünschten Entwicklungen?
Patrick Edlefsen: Es ist in der Tat so, dass die Nachfrage im Premium-Bereich extrem groß ist und das ist ja grundsätzlich auch gut so. Unternehmen sind allerdings auch dann im Zugzwang, mehr Reichweite gerade auf professionellen Inhalten zu erzeugen. Allerdings übersteigen nicht nur die Nachfrage, sondern oft auch Preisvorstellungen der Kunden die Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Der Long Tail tut sich da natürlich gerade für volumenorientierte Unternehmen als wunderbare Ausweichmöglichkeit auf, um sowohl Bedarf als auch Preisvorstellungen auf Kundenseite zu decken. Grundsätzlich gibt es keine Einwände gegen die Maßnahme, Premium und Long Tail zu vermischen, ich denke aber, dass eine Klassifizierung des Contents und der Umfelder wünschenswert wäre, um so auch dem Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen Rechnung zu tragen. Diese Maßnahme würde Kunden und Anbietern gleichermaßen zugutekommen.
Adzine: Die Anbieterseite des Marktes hat erkannt, dass Budgets für Video-Advertising verfügbar sind, es startet daher eine ganze Reihe von Unternehmen mit Plattformen, die Videoinhalte auf kleinere und mittlere Seiten bringen wollen, um somit vermarktbare Reichweite zu erschließen. Kann man dem Wachstum so auf die Sprünge helfen?
Patrick Edlefsen: Die Ausweitung in den Mid und Long Tail, dorthin wo Mediennutzung stattfindet, ist natürlich durchaus sinnvoll. TV-ähnliche Reichweiten und Preise kommen nur durch einen entsprechenden Mix zustande. Das größte Wachstum liegt im Mid und Long Tail. Das haben Unternehmen erkannt. Mit geeigneten plattformübergreifenden und universellen Targeting- und Capping-Maßnahmen wird Video-Werbung sowohl erfolgreich als auch kosteneffizient.
Voraussetzung für das Wachstum ist natürlich, dass den Publishern weiterhin Videocontent angeboten wird, der auch tatsächlich für die Nutzer attraktiv ist, ansonsten wird kaum ein dauerhafter Zuwachs an Videonutzung auf den Websites stattfinden und die Nutzerakzeptanz sinken.