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DATA - Editorial

Branchensport Datensammeln

Arne Schulze-Geißler, 11. November 2010

Wer die letzten Jahre nicht komplett verpennt hat, wird mitbekommen haben, dass Online-Nutzerdaten zu einem wichtigen Asset im Online-Werbegeschäft geworden sind und auch noch immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dabei sprechen wir natürlich in erster Linie von anonymen Daten, die in irgendeiner Form einen Anhaltspunkt über den Nutzer oder die Nutzer des Endgerätes geben.

Informationen über die Webnutzung werden in den meisten Fällen in Gestalt von Cookies im Browser des Users gespeichert. Informationen gibt der Nutzer allerdings nur preis, wenn er auch Seiten mit Inhalten besucht, die irgendetwas über seine Interessen und Absichten aussagen können. So ist es weitestgehend üblich, dass man als Websitebetreiber seine User markiert, um eventuell Content auf Basis der erhobenen Information vorzuschlagen oder aber auch als Publisher die Werbeschaltungen nach Platzierungen und Frequenz zu steuern. Soweit hat der Publisher noch sämtliche Daten für sich. Nun sind wir aber gerade bei Adzine nie müde geworden, darüber zu berichten, dass angebotsübergreifende Online-Werbung nicht nur für Werbungtreibende Sinn macht, sondern auch für Publisher zu höheren Erlösen führen kann, wenn es gelingt, funktionierende Produkte zu schnüren, die einen übergreifenden Blick zulassen. Für solche Produkte ist ganz offensichtlich die angebotsübergreifende Datenanalyse und auch Werbeauslieferung zwingend notwendig.

Mittlerweile beteiligen sich aber so viele Marktteilnehmer an der Erhebung der anonymen Nutzerdaten auf den Medienangeboten, dass es für den einzelnen Websitebetreiber schwierig wird abzuwägen, was ihm nützt und was vor allem anderen weiterhilft. Denn immer mehr Unternehmen entwickeln Geschäftsmodelle, die in erster Linie auf Userdaten basieren. Dazu gehören Beteiligte der gesamten Wertschöpfungskette, angefangen bei den Advertisern über Agenturen, AdNetworks bis hin zu anderen Aggregatoren der Einkaufs- und Angebotsseite. Sie alle sammeln Profile, wenn man sie lässt.

Gerade ging ein Aufschrei durch eine Reihe von Fachpublikationen in den USA, da offenbar die Cross-Industry-Studie von Krux Digital ermittelt hat, das 167 Unternehmen Daten auf 50 analysierten US-amerikanischen Internetseiten sammeln. Viele von ihnen tun dies ohne das Wissen und somit offenbar auch ohne die Zustimmung der Publisher. Um ganz ehrlich zu sein, mich wundert es, dass es dort jemanden wundert. Denn das ist der Preis für die wachsende Dynamik im Online-Mediageschäft. Bindet man beispielsweise einen Yield-Optimierer ein, holt man sich auch gleichzeitig Cookies sämtlicher angeschlossener AdNetworks und anderer Kampagnenlieferanten ins Haus bzw. auf den Browser seiner User.

Manche US-Publisher zeigen sich allerdings überrascht und einige kündigen sogar an, in Zukunft mit weniger AdNetworks zusammenarbeiten zu wollen. Krux Digital schätzt den Schaden für die beobachteten 50 Websites durch Datenabfluss auf ca. 850 Mio. Dollar an entgangenen Werbeerlösen. Ohne da jetzt allzu tief ins Detail zu gehen, halte ich diese Schätzung für etwas problematisch. Die meisten Third-Party-Cookies werden ja bei der Auslieferung von Werbemitteln gesetzt, was bedeutet, dass die Publisher von der ausgelieferten Werbung zunächst mal profitiert haben. Daher müsste man die Frage stellen, ob die Websites auch ohne die Rubicons und Pubmatics dieser Welt in der Lage gewesen wären, ihren Traffic und ihre Daten ähnlich zu monetarisieren. Denn es ist nun mal so, dass Daten oft erst in aggregierter Form ein schlüssiges Bild zulassen und auch dann erst eine Entscheidung getroffen werden kann, welche Kampagne gerade in diesem Moment zu welchem Nutzer passt. Ich persönlich bezweifele, dass den Publishern bisher ein Schaden entstanden ist.

Damit allerdings die aktive Steuerungsmöglichkeit beim Publisher bleibt, ist es extrem wichtig, dass Websitebetreiber wissen, was auf ihren Websites passiert. Ich denke, jeder Publisher sollte ganz genau darüber im Bilde sein, wer seine Nutzer mit Cookies versorgt und wohin möglicherweise Nutzerdaten abfließen. Erst dann kann man sich auch im Einzelnen mit den Playern auseinandersetzen und abwägen, wer nutzt und wer eher schadet. Diese Abwägung müsste z.B. auch schon bei der Einbindung der Facebooks Like-Buttons anfangen, denn Facebook gehört mittlerweile zu den Top Datensammlern auf externen Medienangeboten.

Viel Spaß mit Adzine!

Über den Autor/die Autorin:

Arne Schulze-Geißler, Herausgeber ADZINE

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