Der durchschnittliche deutsche Handwerksbetrieb hat sieben Mitarbeiter: Der Firmenchef, der oft selbst zum Hammer greift, die Ehefrau, die für die Buchhaltung zuständig ist, sowie drei Monteure und ein Azubi. Von diesen Firmen gibt es in Deutschland mehr als 975.000, unter denen inzwischen schon jeder fünfte Kunde den Handwerker seines Vertrauens im Web sucht. Dies hat eine Studie von Artland Marketing ermittelt, die sich auf Handwerk spezialisiert hat.
Und umgekehrt nutzen immer mehr Handwerker das Web, um neue Kunden zu gewinnen. Jeder dritte Elektroinstallateur, Heizungsbauer oder Malermeister nutzt Online-Portale, um Aufträge einzuholen, hat eine Befragung der Quotatis GmbH unter 1.600 Handwerksbetrieben ergeben. Dabei spielen die Portale der Handwerkskammern und regionale Suchverzeichnisse wie Meinestadt.de oder Wer-liefert-was.de zunehmend eine Schlüsselrolle.
So wird beispielsweise die Suchmaske der Münchner Handwerkskammer 1.500 Mal im Monat aufgerufen. Gut 1.000 Nutzer lassen sich daraufhin Ergebnisse anzeigen, immerhin noch 700 Nutzer klicken dann einen Anbieter an. Wie viele der Handwerksbetriebe eine eigene Website betreiben, kann Handwerkskammersprecher Jens-Christopher Ulrich nicht beziffern. Der Anteil sei aber „hoch“. „Der Einsatz des Webs zur Kundenakquise ist eine Generationenfrage. Vor allem jüngere Unternehmen sind sich der steigenden Bedeutung des Internets für ihr Geschäft bewusst“, erklärt Ulrich.
Der mit Abstand wichtigste Weg zum Neukunden führt nach wie vor über persönliche Empfehlungen. Mehr als drei Viertel aller Aufträge (76,3 %) generieren Handwerker laut Quotatis-Befragung via Mundpropaganda. Und auch die verlagert sich zunehmend ins Web, hat Meinestadt-Sprecher Thorsten Laumann beobachtet: „Social Media ist die moderne Antwort auf die Mundpropaganda von früher. Wenn heute jemand Kritik oder Lob zu einer Dienstleistung oder zu einem Produkt loswerden möchte, macht er das immer öfter über das Internet.“ Auch nach der Auftragsvergabe besuchen immer mehr Bestandskunden von Elektroinstallateuren, Heizungsbauern und Malermeistern die Website des Unternehmens, hat Reinhard Lange festgestellt, der ein Beratungscenter für Handwerksbetriebe betreibt.
Mittlerweile hat jede dritte Suche bei Google regionalen Bezug. Das Web ist bei der Suche nach Branchen und Unternehmensinformationen inzwischen beliebter als gedruckte Branchenbücher. Und auch das mobile Internet wird bei der regionalen Suche nach Handwerkern wichtiger. Schon jede zehnte internetbasierte Abfrage wird laut Studien von GfK und Telegate über Handy gestellt. Mehr noch: Nutzer von mobilen Endgeräten recherchieren viermal häufiger lokale Brancheninformationen als Nutzer von Laptop und PC.
Funktionalität vor Schönheit
Für Handwerker heißt dies, neben regionalen Branchenverzeichnissen in verstärktem Maße über die eigene, suchmaschinenoptimierte und zunehmend auch an Handy-Displays angepasste Website präsent zu sein. Texte spielen hierbei die Schlüsselrolle. Aber was für andere Branchen längst praktizierte Basics im Web sind, stellt den durchschnittlichen Sieben-Mann-Betrieb vor erhebliche Probleme. Denn auch für die Erstellung und Pflege einer Basis-Website mit Auflistung von Leistungen und Referenzen und einer Kontaktmöglichkeit reicht die knappe Zeit zwischen Baustellen und Buchhaltung nicht. Abgesehen davon, dass Texten selten zu den Kernkompetenzen oder gar Vorlieben von Handwerkern gehört. Ein externer Dienstleister muss also her, der die speziellen Ansprüche dieser Nischenzielgruppe bedient.
Denn die Probleme fangen schon bei Begrifflichkeiten an. Die meisten, die ein Problem mit einem tropfenden Wasserhahn haben oder jemanden suchen, der ihnen die Waschmaschine anschließt, googlen statt sich durch Telefonbücher zu wühlen.
„’Waschmaschine anschließen Stuttgart’ oder ‚günstiger Maler Bochum’ erscheinen mir dabei weit mehr gute Begriffe, unter denen der Handwerker gefunden werden sollte“, rät Prof. Mario Fischer, Professor für Wirtschaftsinformatik an der FH Würzburg und Experte für Web Usability und Online-Marketing. ’Spenglereibetrieb Jena’ würden wohl die wenigsten suchen, weil sie gar nicht wissen, was ein Spengler überhaupt macht. „Die Website-Texte müssen Begriffe und Formulierungen enthalten, die auch Laien in Suchmasken eingeben“, fordert der Experte. Hierbei können schon Kleinigkeiten wie die Verwendung von Singular oder Plural über Finden oder Nichtfinden entscheiden. Denn als Kunde habe ich in der Regel nur eine Waschmaschine anzuschließen. „Die Site sollte zum Unternehmen passen. Für Handwerker sollte sie robust und funktionell sein, also eher Blaumann als Golfclub“, resümiert Reinhard Lange.
Dienstleister, die Maler, Maurer & Co. bei ihrer Webpräsenz unterstützen, müssen zudem oft vorab einige Überzeugungsarbeit leisten. Denn es gilt, dem in Handwerkskreisen häufig grassierenden „Neffensyndrom“ („Ich kenn‘ da einen, der kann das auch“) entgegenzutreten. Denn Handwerksbetriebe sind „sehr sensibel bei laufenden Betriebskosten“, formuliert es Lange vorsichtig. Da viele Nutzer, die im Web nach einem Handwerker suchen, von der Professionalität der Website auf die Arbeitsweise des Handwerkers schließen, sollten diese nicht grundsätzlich die billigste Site-Variante wählen, mahnt Mario Fischer: „Handwerker weisen selber gerne darauf hin, dass man mit Profis (also mit ihnen) arbeiten sollte. Selber haben sie das aber noch nicht verinnerlicht, wenn sie Kunde sind.“
Handwerk-Sites müssen gefunden werden, aber nicht unbedingt schön sein, sind sich die Experten einig. Das gilt nicht nur für Technikbetriebe, sondern auch für gestalterische Unternehmen wie Optiker, Maler und Schreiner. Bei deren Produkte kommt es zwar auf Schönheit an, aber auch erst dann, wenn der Kunde sie gefunden hat.