Es ist die News schlechthin, welche weltweit die Schlagzeilen beherrscht: Die Rettung der 33 Arbeiter aus der San-José-Mine in Chile. Grenzt das Überleben der Kumpels nach dem Mineneinsturz und 69 Tagen banger Hoffnung in 700 Meter Tiefe schon fast an ein Wunder, wird die Berichterstattung von dem Gesetz des Marktes diktiert.
Vor Ort tummeln sich 2000 Journalisten bewaffnet mit Handy, Notebook und Kamera. Die Live-Ticker sämtlicher Onlinemedien geben durch, wann welcher Kumpel gerettet wird. Und das Beste: msnbc zeigt in Echtzeit die Rettungsaktion, welche u.a. von der New York Times gezeigt wird. Um die Dramaturgie zu erhöhen ist extra eine Kamera im Bergwerk installiert. Am Standort der Verschütteten, vis-a-vis des Rettungsschachts, also dort, wo die Männer in die Rettungskapsel steigen.
Überhaupt läuft die Rettungsaktion wie geschnitten Brot. Die Inszenierung ist perfekt. Niemand kann sich dieser entziehen: „Popstars aus der Grube“ titelt stern online auf der Startseite, „Wunder in der Wüste“ heißt es auf SPON, „Heute sind wir alle Chilenen“, weiß SZ Online. Nur FAZ.Net gibt sich mit „Die ersten Kumpel sind gerettet“ gewohnt zurückhaltend. Wenn auch der letzte Mann aus der Dunkelheit ins Licht aufgestiegen ist, haben nicht allein 33 Bergarbeiter samt ihren Familien und dem Rettungsteam Grund zu feiern. Die Bergungsaktion in San José setzt neue Maßstäbe. Sowohl in der Berichterstattung von Rettungsaktionen als auch in der Erfolgskombi Online und TV: Hauptsache Live. Zumindest dann, wenn ein glückliches Ende abzusehen ist.