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BRANDING

Online trommeln für Cremes und Düfte

Christina Rose, 28. Oktober 2010

Die Ausgaben für Körperpflege wachsen überdurchschnittlich: Sie werden in diesem Jahr erstmals mehr als 2.300 Euro oder fast acht Prozent des durchschnittlichen Jahresbudgets deutscher Haushalte von knapp 40.000 Euro für Konsum beanspruchen.

Ein erheblicher und vor allem stetig steigender Teil dieses Umsatzes wird über das Web generiert. Studien der Arbeitsgemeinschaft Online (AGOF) und Fittkau & Maaß (W3B) zufolge interessieren sich drei Viertel der deutschen Onliner für Körperpflegeprodukte. Vier von zehn Nutzern recherchieren online zu Cremes, Shampoos und Parfums, ein Fünftel kauft diese Produkte regelmäßig im Web.

Knapp 80 Prozent dieser Käufer sind zwischen 14 und 49 Jahren alt, knapp 52 Prozent sind weiblich. Das bedeutet, dass erstaunliche 48 Prozent der Online-Creme- und -Parfümkäufer männlich sind. Männer sind auf dem Vormarsch, da sie mehr als früher in gepflegtes Aussehen investieren. Entsprechend umworben sind sie von Markenartiklern als eine der letzten Zielgruppen in der Kosmetikbranche, die noch echtes Wachstumspotenzial versprechen. So wurde Fußballprofi Michael Ballack pünktlich zur WM das neue Gesicht für L'Oréal in Deutschland. Pech für die Werbestrategen, dass ausgerechnet er zur WM ausfiel.

Schmink-Videos funktioneren, der Diskurs über Produkte weniger

Auch im Web sehen Branchenexperten noch viel Potenzial für Männer als Zielgruppe, weil sie online sind und dort die Schwellenangst beim Kosmetikkauf leichter zu überwinden ist als in einer Parfümerie. Hauptanspruch der männlichen wie weiblichen Kunden an die Sites sind laut W3B-Studie ausführliche Preisinformationen (für 70,6 % aller Nutzer wichtig). Detaillierte Textinformation wünschen sie 70,2 % und Testergebnisse zu Produkten 65,4 % der Online-Nutzer.

Web-2.0-Funktionalitäten schneiden dagegen durchwachsen ab. Während Meinungen und Bewertungen anderer Nutzer via Communitys und Foren nebensächlich sind, kommen Beratungsformate zu Körper-, Haut- und Haarpflege und auch Videos mit Schminktipps gut an. So hat ein Tutorial für Smokey Eyes auf YouTube schon weit über eine Million Abrufe. Nahezu Kultstatus erlangte dort eine junge Dame namens „EbruZa“ mit ihren Schminktipps per Webcam vom Küchentisch aus. Ihr Erfolg zog Kreise bis hin zu Bild Online, wo sie einmal pro Woche exklusiv per Video Tipps gab, wie man seine Füße Flip-Flop-tauglich macht und welcher Lidschatten zu welcher Augenfarbe passt.

Kunden sind Online weiter als die Hersteller

Kosmetik-Luxusgüterhersteller sind von Web-2.0-Marketing weniger überzeugt, konstatiert der Münchner Unternehmensberater Kilian Manninger, der zuvor bei Procter & Gamble das Marketing für ein Portfolio aus Parfümlizenzen in Deutschland verantwortete. Manninger und seine Kollegen bei Keylens haben anhand einer Umfrage unter 100 Entscheidern ermittelt, dass Luxusgüterhersteller noch starke Ressentiments gegenüber dem Web haben. Ein Drittel dieser Hersteller glaube nicht, dass ihre Kunden bei ihnen online einkaufen würden, schließlich passe das Internet nicht zu Marke und Vermarktungsstrategie. Die Kunden scheinen aber schon einen Schritt weiter zu sein als die Hersteller. Denn laut einer Keylens-Segmentierung des Luxusmarktes ist in den vergangenen Jahren eine neue Luxuszielgruppe entstanden „mit hoher Internet-Affinität und intensiver Nutzung sozialer Netzwerke“.

Beate Hafeneder, Specific Media

Exklusive Düfte werden vermehrt Online gekauft

Das Sortiment im Kosmetikmarkt ist so breit gefächert wie die Zielgruppe. FMCG-Produkte wie Deo und Rasierschaum verkaufen sich hauptsächlich stationär. „Entsprechend selten sind Abverkaufskampagnen, da Verbraucher wissen, dass sie diese Produkte in jedem üblichen Drogeriemarkt zu günstigen Preisen finden“, erklärt Beate Hafeneder, Country Manager von Specific Media Germany. Daher seien Kampagnen für günstige FMCG-Produkte meist branding-orientiert. Luxusprodukte lassen sich dagegen schon eher online verkaufen. Für deren Erfolg sei, insbesondere bei Düften, das Konsumentenverständnis für die Marke von großer Relevanz, betont Hafeneder. Online-Branding spiele hierfür eine große Rolle, denn Kunden sollen so für eine Produktprobe am POS sensibilisiert werden. „Weil die Zielgruppe zwar oftmals das Geld, aber keine Zeit hat, zum POS zurückzukehren, werden exklusive Produkte zudem stärker online vertrieben als FMCG-Produkte – deshalb ist das Internet für Luxuskosmetik sowohl ein wichtiger Branding- als auch Performance-Kanal“, erklärt die Specific Media-Managerin.

Bei Kampagnen über digitale Kanäle sei die Incentivierung in Form von Coupons oder Produktproben zentral und biete dem Werbungtreibenden und der Zielgruppe einen Vorteil, erklärt Dagmara Greve, Media Supervisor Zed digital: „Das Incentive ist auch ein wichtiger Faktor, um die Erfolge messbar zu gestalten. Unsere Erfahrungswerte zeigen, dass die Auswirkung der digitalen Maßnahmen nicht nur im E-Commerce einen positiven Effekt hervorrufen, sondern auch positive Auswirkungen auf die Abverkäufe im Handel haben.“

Emotional geladene Güter wie Parfum leben vom Markenimage

FMCG-Produkte gehören zum täglichen Leben, sie werden ganzjährig beworben. „Das Image einer Marke muss daher stetig aufrechterhalten werden, um sich vom großen Wettbewerb abzuheben. Der Abverkauf der Produkte am POS lebt von der Sympathie zur Marke, die zuvor mit Branding-Kampagnen gestärkt wurde“, betont Beate Hafeneder. Auch Branding-Kampagnen für Luxusartikel haben das ganze Jahr Konjunktur. Da sich diese Produkte jedoch gut als Geschenk eignen, werden sie daher zu besonderen Anlässen wie Muttertag, Weihnachten, Valentinstag etc. verstärkt mit Branding und besonders mit Abverkaufskampagnen beworben.

Dagmara Greve, Zed digital

Um dauerhafte Branding-Effekte generieren zu können, ist eine langfristige Präsenz in Form von Kooperationen und content-orientierten Integrationen erforderlich. „Da unterscheiden sich die digitalen Medien kaum von anderen Kanälen“, unterstreicht Dagmara Greve. Auch thematisch orientierte Kampagnen böten Gelegenheiten, Höhepunkte zu setzen, erklärt sie und führt als Beispiel die Kooperationen zwischen Zed-digital-Kunde Maybelline und „Germany’s next Topmodel“ an: „Wir konnten in den letzten Jahren feststellen, dass gezielte Maßnahmen, die an dem TV-Ausstrahlungstag oder unmittelbar danach stattgefunden haben, das Interesse der User und damit auch die Responseraten deutlich in die Höhe treiben.“

Fazit

Körperpflegeprodukte verkaufen sich über die Marke. Und auch wenn der Vertrieb online recht unproblematisch ist – es muss nichts anprobiert werden, es sind keine verderblichen oder sperrigen Waren –, werden sich Deo & Co. auch weiterhin vorrangig am POS verkaufen. In die Entscheidung, wie gut es einem Produkt gelingt, ein Markenimage zu transportieren, was den Kunden dann zum Kauf bewegen kann, greift das Web aber erheblich ein, Tendenz steigend.

Über den Autor/die Autorin:

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