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PROGRAMMATIC - Editorial

Keine blinde Werbung mehr in fünf Jahren

Arne Schulze-Geißler, 28. Oktober 2010

Wenn ich mir anschaue, wie viel digitale Werbung man heute schon bekommt, die man recht verlässlich auf das eigene Surfverhalten zurückführen kann, dann darf man davon ausgehen, dass in 3–5 Jahren kaum noch Kampagnen laufen werden, die „blind“, ohne jegliche Profilinformation ausgeliefert werden. Das Paradoxe daran ist, dass man heutzutage von einer Blindschaltung (z.B. über Ad Networks) spricht, wenn der Advertiser die Platzierungen nicht kennt, und in Zukunft wird man von „blind“ sprechen, wenn man die Profile nicht kennt.

Ein geeignetes Medienumfeld wird zwar für die meisten Kampagnen immer noch Voraussetzung sein, aber über die Auslieferung eines Werbemittels entscheidet das Nutzerprofil. Medien werden zunehmend nicht mehr wissen, auf Basis welcher Information Werbung auf ihren Seiten ausgeliefert wird, da sie für große Teile des vermarktbaren Inventars die Hoheit abgeben. Agenturen, Ad Adnetworks, Exchanges oder Yield-Optimierer haben heute schon Zugriff auf Platzierungen und liefern in bekannten und sicheren Umfeldern Kampagnen auf Basis ihrer eigenen Nutzerinformationen aus. Publisher liefern damit zwar auch weiterhin die wertvolle Audience, allerdings entscheiden andere darüber, wer welche Werbung bekommt. Sollte sich in den nächsten Jahren im Display-Werbegeschäft die Auktionierung einzelner Impressions durchsetzen, dann wird irgendwann der Preis darüber entscheiden, für welche Impression welche Werbung ausgeliefert wird. Nimmt man nur einmal an, dass immer mehr Shops ein Retargeting einsetzen und ein potenzieller Konsument drei Onlineshops für Notebooks besucht hat, werden diese drei Shopbetreiber ziemlich sicher irgendwann auf genau die gleichen Impressions bieten, vorausgesetzt natürlich sie nutzen die gleichen Media-Aggregatoren als Trafficquellen.

Grundsätzlich ist es durch den zunehmenden Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des einzelnen Nutzers sehr gut vorstellbar, dass sich auch für Publisher durch eine offene Preisbildung positive Effekte ergeben. Für den Performance Bereich halte ich es mittelfristig zumindest für nachvollziehbar, nämlich dann, wenn Advertiser Kaufabsichten bei einem Profil vermuten können.
Auf der anderen Seite muss man aber auch befürchten, dass das sogenannte Premiumgeschäft durch die Trennung von Profil und Inventar angegriffen wird und gerade große Agenturen mit eigenen Profilbeständen kaum noch zu den üblichen Konditionen bei den Medien für ihre Kunden einkaufen möchten, schließlich bringen sie ihre Daten selbst mit. Publisher könnten zu einem Selbstbedienungsladen für Medialeistung werden, jeder nimmt sich genau das, was er braucht. Premiumgeschäft wird dann vielleicht noch an der Käse – und Fleischtheke gemacht, natürlich mit Beratung.

Publishern wird möglicherweise nichts anderes übrigbleiben als ebenfalls ihre Nutzerprofile aktiv zu vermarkten, ohne Medialeistung.

Bei uns geht es heute um die Besonderheiten der Kosmetikbranche in der Online-Kommunikation und um die Anwendung von Webanalytics beim Unternehmen Philips.

Viel Spaß mit Adzine!

Über den Autor/die Autorin:

Arne Schulze-Geißler, Herausgeber ADZINE

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