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VIDEO

„Es gibt zu wenig Inventar für Video Advertising“

Jens von Rauchhaupt, 9. September 2010

Bevor die Masse der Bevölkerung hybrides Fernsehen nutzt, wird noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen. Mediaplaner beschäftigen sich schon länger mit einer übergreifenden Kampagnenplanung für TV und Internet. Wir sprachen mit Uli Kramer, Geschäftsführer der unabhängigen Media-Agentur pilot 1/0 über die Herausforderungen im Online Video Advertising.

Adzine: Schalten Sie bei pilot für Ihre Kunden schon deutlich mehr Online-Kampagnen mit Videospots als noch vor einem Jahr und welche Formate kommen zum Einsatz?

Uli Kramer, pilot 1/0

Uli Kramer: Wir stellen in diesem Bereich ein deutliches Wachstum fest und schalten weit mehr Bewegtbild als noch vor einem Jahr. Das hat auch damit zu tun, dass wir mit „Double Play“ einen kombinierten Planungsansatz für TV und Online entwickelt haben, der es natürlich nahelegt, dass man TV-Spots auch durch Online-Videos ins Netz verlängert. Zum Einsatz kommen dabei eigentlich alle im Markt verfügbaren Formate. Die Effizienz jedes einzelnen Formats im Vergleich zu TV beforschen wir permanent im Hintergrund, um das optimale Zusammenspiel zwischen TV und Online zu finden.

Adzine: Wann empfehlen Sie überhaupt Online Video Advertising?

Uli Kramer: Video Advertising ist für Branding-Aufgabenstellungen optimal. Natürlich kann man damit auch Klicks generieren, aber dafür gibt es deutlich günstigere und effizientere Werbeformen. Wenn es um die Vermittlung emotionaler Markenbotschaften oder einen optimalen „Fit“ zwischen TV- und Online-Kampagne geht, macht es absolut Sinn, im Videobereich zu investieren. Das gilt auch unter wirtschaftlichen Aspekten, denn bestimmte Zielgruppen können trotz der teilweise hohen Schaltpreise für hochwertiges Video Advertising im Internet günstiger erreicht werden als in TV. Für breitere Zielgruppen sind die Online-Video-Preise allerdings noch zu hoch. Hier müssen sich die Anbieter bewegen, um den Zuschlag für größere Kampagnenbudgets zu bekommen.

Adzine: Favorisieren Sie generell In-Stream Ads oder In-Page-Formate oder ist Ihnen die Differenzierung bei der Planung gleichgültig?

Uli Kramer: Das ist uns nicht gleichgültig. Bei einem In-Stream Ad wissen wir sehr zuverlässig, dass der Nutzer seine Lautsprecher eingeschaltet hat und sich in einer Video-Nutzungssituation befindet. Schließlich hat er ein Video aktiv aufgerufen. Das ist bei einem In-Page-Video nicht zwingend der Fall. Hier kann es vorkommen, dass ein Video bereits ohne Ton zur Hälfte abgespielt ist, bevor der Nutzer es registriert. Oder der Nutzer befindet sich am Arbeitsplatz, dann kann ein Videospot mit Ton sogar stören. In-Stream-Videos geben uns also eine höhere Planungssicherheit für eine gute Kontaktqualität.

Adzine: Könnten Sie Aussagen dazu machen, wie hoch bei pilot der Anteil der ausgelieferten Videos In-Stream bzw. In-Page Ads sind?

Uli Kramer: Dazu möchte ich keine Aussage machen. Aber grundsätzlich beschränkt sich das im Markt verfügbare Volumen an In-Stream-Werbekontakten auf die Abrufe von Videos, die den Qualitätsanforderungen der Werbungtreibenden genügen. Dagegen kann praktisch die gesamte Reichweite des Internets für In-Page Ads genutzt werden, indem man ein Video in ein „normales“ Werbemittel einbindet. Das hat aber die geschilderten Nachteile, daher sehen wir die Zukunft eher in den In-Stream-Formaten.

Adzine: Wie gehen Sie dann planerisch vor, buchen Sie für In-Stream gleich alle großen Bewegtbildvermarkter wie IP, SevenOne, Smartclip und Tremor Media, um auf die nötige Reichweite zu kommen?

Uli Kramer: Das hängt ganz von den Zielgruppen und Rahmenbedingungen ab. Bei hohen Reichweitenanforderungen oder strengen Targeting-Vorgaben kommt man kaum daran vorbei, sämtliche im Markt verfügbaren Reichweiten in Betracht zu ziehen, sofern die Konditionen stimmen. Gerade bei TV/Online-Double-Play-Kampagnen muss Online analog zu TV schnell Reichweiten aufbauen, um als „weiterer TV-Sender“ im Mediaplan berücksichtigt werden zu können.

Adzine: Also müssen sie in der Planung die Mediagattungen Online und TV auch vergleichen?

Uli Kramer: Ja, natürlich, jedes Medium muss sich in der Double-Play-Planung vom ersten Budget-Euro an qualifizieren. Dort, wo TV aufhört sinnvoll zu sein, weil bestimmte Zielgruppensegmente wie Jüngere oder Besserverdiener nicht mehr effizient erreicht werden können, kann es sinnvoll sein, auf Online umzuschwenken. In der Konsequenz erreicht man damit eine bessere Leistung der Gesamtkampagne. Dieser Ansatz setzt voraus, dass man Online Werbeformate einsetzt, die in ihrer Effizienz mit TV Spots vergleichbar sind. Das muss übrigens nicht immer Video Advertising sein. Wir wissen heute, dass auch andere Online-Formate hervorragend für Branding-Kampagnen arbeiten.

Adzine: Eine unabhängige Reichweitenmessung gibt es ja beim In-Stream Video Advertising noch nicht, sind sie in der Planung eigentlich den Zahlen der Werbeträger völlig ausgeliefert?

Uli Kramer: Nein, das sind wir nicht. Zunächst einmal stehen uns die Page Impressions und Nutzer-Reichweiten der Seiten, auf denen Video läuft, zur Verfügung. Außerdem haben wir unsere Agentur-Adserver, auf denen wir in Echtzeit die Video-Abrufe tracken. Und zu guter Letzt werden viele Branding-Kampagnen mit einer kundenindividuellen Marktforschung begleitet, die uns ebenfalls wichtige Erkenntnisse liefert.

Adzine: Aber mit der PI, also dem Seitenbesuch der Websites weiß man noch nicht, wie viele User den Videoplayer nutzen?

Uli Kramer: Nein, das stimmt. Aber Sie haben einen Anhaltspunkt, wie stark Ihre Zielgruppe die Seite frequentiert, auf der Sie Videowerbung schalten. Wenn es sich bei dieser Seite um ein „echtes“ Video-Umfeld handelt, ist die Wahrscheinlichkeit eines Video-Plays groß. Dafür ist der User schließlich auf diese Seite gekommen. Die letzte Gewissheit gibt uns aber die Adserver-Auswertung, die uns bereits in der Kampagnenlaufzeit die Möglichkeit gibt, die Kampagnenperformance zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Das schnelle Reaktionsvermögen ist ja einer der großen Vorteile von Online.

Adzine: Welche In-Stream-Werbeform ist in ihrer Werbewirksamkeit eigentlich mit TV vergleichbar?

Uli Kramer: Darüber möchte ich keine Auskunft geben, weil unsere Erkenntnisse aus umfangreicher Forschung natürlich einen wichtigen Wettbewerbsvorteil darstellen. Aber so lange keine Woche vergeht, in der die Online-Branche nicht mindestens eine neue Werbeform erfindet, wird es dazu auch keine abschließende Aussage geben können …

Adzine: Also weiterhin ein weites Feld für die Werbewirksamkeitsforschung. Ist der IAB-VPAID-Standard für interaktive Ads im In-Stream Video Advertising eigentlich bei den Agenturen ein Thema?

Uli Kramer: Standardisierung ist wie überall in der Online-Kommunikation ein Thema. Das gilt insbesondere für den Video-Bereich, wo der Produktionsaufwand beträchtlich sein kann. Es ist nicht akzeptabel, wenn Budgets wegen mangelnder Standardisierung nicht in gute Kreation oder Media fließen, sondern in die technische Anpassung der Werbemittel an eine Vielzahl von Playern und Plattformen.

Adzine: Was wünschen Sie sich aus Agentursicht (oder auch FOMA) bei der weiteren Entwicklung des Videowerbemarktes?

Uli Kramer: Auf jeden Fall brauchen wir mehr qualitativ hochwertige Reichweite. Immer mehr klassische Werbungtreibende prüfen Online-Video-Werbung im Rahmen einer modernen audiovisuellen Gesamtansprache ihrer Zielgruppen. Das spürt man gerade in den letzten Wochen und Monaten deutlich vor dem Hintergrund der Jahresplanungen für 2011. Der Bedarf wird also immer größer und kann mit dem bestehenden Inventar nicht mehr gedeckt werden.

Sicherlich brauchen wir auch eine stärke Standardisierung im Videobereich, um mit möglichst geringem Aufwand große Kampagnenvolumina bewegen zu können.

Und nicht zuletzt spielen Planungsdaten und Effizienznachweise eine große Rolle. Diese Anforderung richtet sich aktuell vor allem an die Hüter der Online-Reichweitenwährung, die ag.ma und die AGOF. Die Aufnahme der Dimension Zeit in die Reichweitenmessung ist für uns Abnehmer von Media-Leistung von großer Bedeutung. ag.ma und AGOF haben den Ball gefangen und widmen sich diesem Thema zurzeit umfassend.

Adzine: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Redaktionstipp für die dmexco:
„Durchbruch in der strategischen Mediaplanung: SevenOne Media und pilot präsentieren erstmals ein brandneues Double Play Instrument zur integrierten Steuerung von TV- und Online Branding-Kampagnen“

Mittwoch, den 15. September 2010
15:00 – 15:45 Uhr
Seminarraum Nr. 1

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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