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Kein Entweder-oder

Karsten Zunke, 6. August 2010

Targeting ist en vogue. Mit klassischen Methoden wie Geotargeting oder soziodemografischem Targeting, aber auch mit profilbasiertem Targeting wie Re-Targeting oder Behavioral Targeting lassen sich Zielgruppen gezielt ansprechen. Ist nun das Ende umfeldgetriebener Buchungen absehbar? Nein, sagen Agenturen und Vermarkter. Selbst wenn das profilbasierte Targeting weiter um sich greift, werden Umfelder in der Mediaplanung bedeutend bleiben, so die Erwartung. Nichtsdestotrotz ist der Targeting-Trend für Premium-Werbeträger und ihre Vermarkter ein zweischneidiges Schwert.

Die hohe Kunst ist es, die eigene Medienmarke mit ihren hochwertigen Umfeldern weiterhin in den Vordergrund zu stellen, aber gleichzeitig extrem hohe Reichweiten zu bieten, die auch ein profilbasiertes Targeting ermöglichen.

Mediaplanung fokussiert schon immer auf Zielgruppen; die digitalen Medien eröffnen dafür ausgeklügelte Möglichkeiten. Doch Targeting im Web hat einen Haken: Je stärker das Targeting, desto mehr schrumpft die Reichweite. Macht nichts, meinen die Befürworter, denn es sind die Streuverluste, die durch das Targeting eliminiert werden. Die Auslieferung von Online-Werbung wird immer technischer, der emotionale Einfluss des Umfeldes nimmt ab. Aber auch wenn Werbungtreibende zunehmend die Nutzer im Blick haben und weniger die Inhalte der Websites, auf denen ihre Werbemittel platziert werden: Ganz ohne Umfeld möchte man auch künftig nicht planen.

Sascha Jansen, OMG 4CE

„Werbung wirkt, wenn die richtige Botschaft die richtige Zielgruppe in der passenden Situation ausreichend aufmerksamkeitswirksam erreicht. Targeting verbessert damit unsere Möglichkeiten in einem Punkt deutlich im Vergleich zu früher. Die anderen Punkte sind aber nach wie vor wichtig“, sagt Sascha Jansen, Managing Director OMG 4CE. „Umfeldbuchungen überwiegen in der aktuellen Mediaplanung. Aber es ist keine Frage von entweder-oder“, so Jansen. Auch Umfeldbuchungen erhalten demnach immer mehr Anreicherungen aus der Targeting-Technologie. Angefangen beim Frequency Capping oder Boosting. „Gleichzeitig beobachten wir, dass das technische Zielgruppen-Targeting immer mehr den Aspekt der Kontaktqualität aufgreift. Sei es durch die Formatfrage oder durch das Herstellen kontextueller Nähe.“ Bei der herkömmlichen Buchungsoption geht es laut Jansen nicht nur um imagegerechte Umfelder, sondern um gelernte performante Kombinationen aus Format, Platzierung, Nutzungsintensität und redaktioneller Qualität. „Diese kann das Targeting nach derzeitigem Stand nicht immer kompensieren.“

Ergänzen statt ersetzen
„Targeting wird die klassische Umfeldplanung nicht ersetzen, aber perfekt ergänzen“, ist sich auch Frank Herold, Geschäftsführer von AdAudience, sicher. Schließlich setzt das Vermarkter-Joint-Venture von G+J Electronic Media Sales, IP Deutschland, Seven One Media und Tomorrow Focus auch auf vereinte Reichweite und den nutzerorientierten Targeting-Ansatz aus dem Hause Wunderloop. Gleichzeitig funktioniere die Co-Existenz von AdAudience-Reichweitenansatz und der jeweiligen Titelvermarktung der Teilnehmer der Allianz.

AdAudience führt nach eigenen Angaben keine Umfelddiskussionen mit Werbekunden und Agenturen, denn alle Websites im Portfolio haben einen starken redaktionellen Fokus, bieten also Premium-Platzierungen. Der Vermarkter-Allianz geht es darum, Reichweite in diesen hochwertigen Umfeldern zu generieren und mit starken Marken und Inhalten zu arbeiten. Dadurch unterscheide man sich von Blind-Networks, die nur auf Targeting und Reichweite setzen und Kunden meist in Unkenntnis lassen, wo ihre Kampagne tatsächlich läuft. „Wir garantieren Planungssicherheit und gehen davon aus, dass dieser Aspekt zukünftig immer wichtiger wird“, sagt Herold. Einen starken Umfeldbezug werde es sowohl für die individuelle Vermarktung als auch für AdAudience immer geben „aufgrund der Tatsache, dass man starke Umfelder immer gut für Zielgruppenplanung nutzen kann. Wir sind der Meinung, dass wir genau dadurch signifikante Wachstumsmöglichkeiten haben“, sagt Herold.

Das Geschäft hat mittlerweile Fahrt aufgenommen und die ersten Kampagnen wurden für diverse Branchen wie Telekommunikation, Dienstleistungen, Automobil, und IT umgesetzt. Auch durch zusätzliche personelle Verstärkung ist AdAudience nach eigenen Angaben im Regelbetrieb angekommen. „Die Marktpartner haben längst verstanden, an welchen Stellen eine Umfeldplanung Sinn ergibt und wann eine Zielgruppenplanung das Kampagnenziel erfüllt. Vereinzelt leisten wir Aufklärungsarbeit hinsichtlich Targeting“, sagt Herold. Besonders erklärungsbedürftig seien die einzelnen Hochrechnungsmethoden und das Thema Datenschutz. Beim Predictive Targeting werden beispielsweise Marktforschungsdaten einer Stichprobe auf anonyme Nutzerprofile hochgerechnet. „Natürlich werden wir in naher Zukunft auch den Beweis antreten, dass Targeting wirkt und sowohl Werbe-Awareness als auch Kampagnen-Performance steigert.“

Targeting fürs Branding
Die Ansicht, dass Branding-Kampagnen nach Umfeldern gebucht werden und Targeting performancegetrieben ist, überholt sich selbst. Immer öfter wollen Werbungtreibenden alle Möglichkeiten des Web ausschöpfen, die dem Markenaufbau und der Markenpflege nutzen. Targeting hat sich als probates technisches Mittel erwiesen, auch Branding-Ziele zu erreichen, da zunehmend große Reichweiten verfügbar sind.

Christian Zimmer, Isobar

„Ziel einer jeden Mediaplanung ist die optimale Ansprache der Zielgruppe über alle Umfelder hinweg. Die umfeldbezogene Planung war nur eine übergangsweise Behelfsgröße in den Zeiten, in denen es keine von allen Marktteilnehmern anerkannte Marktmediastudie und somit Zielgruppenreichweiten je Umfeld gab“, sagt Christian Zimmer, Managing Director von Isobar Germany. Von einem Ablöseprozess könne nicht gesprochen werden, da die zielgruppengenaue Ansprache immer das primäre Ziel einer jeden Mediaplanung sein müsse, um die Kommunikationsziele zu erreichen. „Die Art und Weise, wie die zielgruppengenaue Planung verfeinert werden kann, liegt zum einen an der weiteren rechtlichen Entwicklung, dem Einverständnis des Users sowie der Verfeinerung und Spezifizierung der technischen Möglichkeiten“, so Zimmer. Bei der weiteren rechtlichen Entwicklung gehe es im Kern um die europäische Gesetzesnovelle des Datenschutzes und des Umgangs mit personenbezogenen Daten. Außerdem werden sich nach Ansicht des Mediaexperten die Technologien im Targeting in den nächsten Jahren verfeinern. Zum Beispiel verfolgt Google einen visionären Ansatz, bei dem das Mobiltelefon in Zukunft dem Konsumenten pro-aktiv relevante Informationen zukommen lässt, ohne dass erst eine Suchanfrage ausgelöst werden muss.

Die zunehmende Zielgruppenfokussierung wird es den Medienmarken immer schwerer machen, ihre Umfelder in den Vordergrund zu stellen. Dennoch kann Targeting Umfelder nicht ersetzen, weil aussagekräftige Profile gerade auch auf hochwertigen Umfeldern generiert werden. Gleichzeitig bestehen Werbekunden nach wie vor auf der Vorselektion einer adäquaten Werbeumgebung. Denkbar sind daher in der Zukunft dynamische Konstellationen, bei denen Angebot und Nachfrage kampagnenbezogen zusammenfinden und Werbebotschaften passend zu den hinterlegten Profilen auf den beteiligten Plattformen ausgeliefert werden.

Über den Autor/die Autorin:

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