Fast 28 Millionen Zuschauer fieberten beim überzeugenden WM-Auftakt der deutschen Nationalmannschaft mit, meldet media control. Doch wer zum Beispiel mit Sportwetten sein Haushaltsgeld aufbessern möchte, sollte lieber nicht auf Jogis Jungs wetten. Derzeit haben Nordkorea oder Neuseeland die beste Quote. Wettfreunde, die auf diese Nationen als Weltmeister tippen, denen zahlt beispielsweise bwin das 1.500-Fache des Einsatzes zurück (Quote 1.500). Ist das eigentlich legal?
Eigentlich nicht. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2006 und dem im Januar 2008 in Kraft getretenem Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) sind bekanntlich gewerbliche Glücksspiele, worunter auch Sportwetten fallen, im Internet wegen des staatlichen Glückspielmonopols zum Zwecke der Suchtprävention in Deutschland genauso untersagt, wie auch Werbung der Glückspielanbieter.
Dies ist der Grund, warum Sportwetten-Anbieter allesamt ihre Webseiten im Ausland gehostet haben. Dass dies dem Wetteifer des deutschen Michels nicht zwangsläufig ein Strich durch die Rechnung macht, zeigt die Beliebtheit und Anzahl der Sportwettenanbieter im Internet.
Die Buchmacher des wohl weltweit führenden börsennotierten Online-Gaming-Portals bwin aus Österreich hatten bereits zur EURO 2008 bis zu 400 Wetten pro Spiel und insgesamt mehr als 11.000 Euro-Wetten im Angebot. Zur WM 2010 bietet bwin gar 32.000 verschiedene Wetten an. Vor Anpfiff stehen jeweils 300 Wetten und während der einzelnen Partien zusätzlich jeweils 200 Live-Wetten zur Auswahl. bwin-Vorstand Norbert Teufelberger: „Ein sportliches Großereignis wie die Fußball-WM in Südafrika stellt ein Umsatzpotenzial eines zusätzlichen Monats dar. Letztendlich hängen dann die Erträge aber sehr stark von den Resultaten - vor allem in der Vorrunde - ab: Außenseitersiege sind gut für den Buchmacher, häufige Favoritensiege schlecht.“
Wie viele Wettbegeisterte davon aus Deutschland kommen, wollte bwin auf unsere Anfrage nicht beantworten. „Im Jahr 2009 hatte bwin 20 Mio. registrierte, davon 2,4 Mio. aktive Kunden“, so ein bwin-Sprecher. Und gewettet wird neben den Ergebnissen auf die skurilsten Begebenheiten wie etwa „Welcher Torhüter welchen Teams berührt in der 2. Halbzeit als letzter den Ball?“, „Ist die Rückennummer des 1. Torschützen gerade oder ungerade?“, „Erhält Wayne Rooney eine oder mehrere Rote Karten im Turnier?“
Glückspielverbot bröckelt auf europäischer Ebene
Doch der Glückspielstaatsvertrag steht nicht nur beim wettbegeisterten Klientel in der Kritik. So hat das Beratungsunternehmen Goldmedia in einer aktuellen Studie „Glücksspielmarkt Deutschland 2015“ die Auswirkungen des Glücksspielstaatsvertrages eingehend analysiert und mögliche Entwicklungsszenarien bis 2015 beschrieben.
"Durch die restriktiven Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages entwickeln sich große Teile des deutschen Glücksspielmarktes unkontrolliert und werden von ausländischen Anbietern abgeschöpft. Die Folgen sind fiskalische Einbrüche bei Staatseinnahmen und Sportsponsorings sowie das weitere Abwandern der Spieler auf ausländische Glücksspiel-Angebote, ganz besonders im zunehmend attraktiven Online-Bereich", heißt es in einer Goldmedia Pressemeldung zur aktuellen Studie.
Kaum verwunderlich, dass Sportwettenanbieter wie bwin in Zeiten klammer Staatskassen davon ausgehen, dass gesetzliche Regelungen wie in Deutschland nicht für ewig in Stein gemeißelt sind. Auftrieb bekommt bwin dabei aus den jüngsten Entwicklungen in Frankreich. Als einer der ersten Betreiber erhält bwin französische Online-Gaming-Lizenzen. Ausgestellt von der Regulierungsbehörde ARJEL, berechtigt die Online-Sportwetten-Lizenz das französische Tochterunternehmen bwin Entertainment Services (B.E.S. SAS), bereits ab 9. Juni 2010 Online-Sportwetten für französische Kunden anzubieten.
Damit wurden alle Voraussetzungen geschaffen, rechtzeitig zum Start der Fußball-WM ein französisches Label zu launchen. „Wir waren immer zuversichtlich, noch vor Beginn der Fußball-WM in einem regulierten französischen Markt starten zu können. Mit der Lizenzerteilung ist die größte Hürde dafür genommen“, so Norbert Teufelberger, Co-CEO der bwin Interactive Entertainment AG. Die Marktöffnungen in Frankreich und letztes Jahr auch in Italien seien ein gutes Zeichen. "Der Zug in Europa fährt in Richtung Marktöffnung", ergänzt ein bwin Sprecher gegenüber ADZINE.
„Forderungen nach einer staatlich regulierten und kontrollierten Öffnung der Glücksspielmärkte werden derzeit sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf politischer Ebene wieder häufiger diskutiert“, beschreibt Studienautor Dr. Michael Schmid die Erfahrungen aus den Goldmedia Marktanalysen. „Eine Regulierung, die den Onlinevertrieb im Allgemeinen und in der EU lizenzierte private Onlineangebote im Speziellen ausklammert, geht allerdings schlichtweg an der Realität vorbei. 2009 hatte Online-Glücksspiel (inklusive Lotto) bereits eine Marktgröße von rund 1 Mrd. Euro nach Bruttospielertrag“, sagt Schmid.