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Mediaplanung für Finanzumfelder

Karsten Zunke, 25. Juni 2010

„Mein Geld. Meine Freiheit.“ Unter diesem Titel steht das Image-Video, das einem seit Wochen in der TV-Werbung und auf Webportalen begegnet. Mit ruhigen Schwarz-Weiß-Sequenzen positioniert sich darin die Online-Bank Cortal Consors neu. Charakterköpfe, die ihre Finanzen selbst managen, stehen im Mittelpunkt. „… und dann vertraute ich alles dem abgebrühtesten, raffiniertesten und profitorientiertesten Menschen an, den ich kenne – mir selbst“, sagt die junge Frau und lächelt zufrieden in die Kamera. Abgebrüht und profitorientiert – ist das die Zielgruppe, die sich auch im Web auf die Finanzthemen stürzt? Adzine hat bei Mediaplanern nachgefragt.

Es sind überwiegend männliche Do-it-yourself-Anleger, die sich auf Finanz-Websites informieren. Sie sind entsprechend einkommensstark und wollen ihr Geld gewinnbringend anlegen oder sie haben es bereits angelegt. Daher sind sie besonders affin für sämtliche Finanzprodukte, aber auch für Luxusgüter aller Art – von Nobelkarossen über teure Uhren bis hin zur repräsentativen Immobilie.

Dominik Terruhn, Plan.Net Media

„Solche Klischees sind sicherlich nur Anhaltspunkte. In der effektiven Mediaplanung sollte man deutlich differenzierter vorgehen. Denn tatsächlich unterscheiden sich Zielgruppen beziehungsweise Nutzer unterschiedlicher Finanzumfelder“, sagt Dominik Terruhn, Geschäftsführer von Plan.Net Media in München. „So findet man in den Finanz- und Wirtschaftsrubriken großer Reichweitenportale eine andere Klientel als auf expliziten Finanz- und Anlegerportalen oder auf spitzen Special Interest Sites für Heavy Trader. Alles Erkenntnisse, die für eine effektive Zielgruppenansprache von hoher Relevanz sind“, so Terruhn.

Daher gibt es Portale, die harte Börsenzahlen liefern, andere fokussieren auf Wirtschafts- und Finanznachrichten und wieder andere sind sehr spitz zugeschnitten. Entsprechend unterschiedlich ist die Nutzerschaft. Den meisten gemein ist jedoch, dass ihre Online-Besucher Geld zur Verfügung haben, das sie gewinnbringend anlegen wollen.

Wer sich die Struktur- und Basisdaten ausgewählter Finanzumfelder auf Grundlage von IVW und AGOF internet facts 2009-IV genauer ansieht, stellt schnell fest: Auf den Portalen sind Männer im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in der Regel überproportional stark vertreten. Es sind meist die Haupteinkommensbezieher und sie verursachen den weitaus größten Teil der Seitenaufrufe. Die Anzahl der berufstätigen und pensionierten Nutzer macht auf diesen Portalen mehr als 90 Prozent aus. Charakteristisch für Finanzsites ist außerdem, dass die Nutzer bereit sind, für Qualität mehr zu zahlen.

„Insbesondere die Kaufkraft ist hier ein relevanter Planungsfaktor. Und nicht nur für Finanzprodukte, sondern auch im Premium-Automotive-Segment, wie für unseren Kunden BMW Group. Hier spielen für uns zum Beispiel Finanzumfelder eine deutlich wichtigere Rolle als generische Automobilrubriken, wo man zwar viele Autointeressierte und Zielgruppen für Massensegmente erreicht, diese sich aber nicht alle einen BMW leisten können und wollen“, sagt Terruhn.

Feine Unterschiede

Doch es gibt Unterschiede. Auf Yahoo! Finanzen findet man beispielsweise eine relativ junge Zielgruppe. Hier sind die 20- bis 39-Jährigen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überproportional stark vertreten. Hingegen trifft man zum Beispiel auf dem traditionsreichen Portal T-Online in der Kategorie Wirtschaft/Börse sehr viele Nutzer, die älter als 50 Jahre sind. Personen jenseits der 50 sind hier im Vergleich zur Gesamtbevölkerung 9 Prozent überproportional vertreten und sie verursachen mehr als die Hälfte der Seitenaufrufe in diesem T-Online-Channel. 40- bis 49-Jährige sind sogar mit 41 Prozent überproportional häufig in diesen Umfeldern zu finden.

Stefan Swertz, adisfaction

Der Hang zu älteren Nutzergruppen ist auf nahezu allen Finanzumfeldern zu beobachten. Die unter 29-Jährigen sind auf den meisten Portalen unterproportional vertreten. „Es sind überwiegend die älteren Jahrgänge, die man in den Finanzumfeldern antrifft“, bestätigt auch Stefan Swertz, Vorstand von adisfaction. Viele 50- bis 60-Jährige, aber auch ältere Menschen würden sich mittlerweile mit dem Thema Geldanlage im Internet beschäftigen. Doch viele Nutzer haben sich zurückgezogen, scheuen momentan Geldanlagen. „Die Zielgruppe ist in den vergangenen zwei Jahren etwas kleiner geworden, aber die Zugriffe auf die Finanzwebsites entwickeln sich schon wieder positiv – in Richtung der guten alten Zeiten. Es scheint, dass sich die Leute jetzt wieder intensiv mit dem Thema auseinandersetzen“, sagt Swertz.

Ingo Tenbrock, DIEONLINEFABRIK

Auch viele Banken wurden durch die Krise gebeutelt. Wer nun erwartet hat, dass sie mit großen Imagekampagnen beim Nutzer wieder punkten wollen, hat sich getäuscht. Es werden zwar wieder Imagekampagnen gefahren, aber wer sich die Portale momentan anschaut, findet vor allem eines: performance-orientierte Bild-Text-Kombinationen. Auch interaktive Werbebanner erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. „XML-basierte Werbemittel verbessern die Einsatzmöglichkeiten und Responsewerte enorm. Egal ob der Realtime-Börsenkurs angezeigt oder der aktuelle Preis des Angebots eingeblendet wird“, sagt Ingo Tenbrock, einer der beiden Geschäftsführer der Online-Media-Agentur DIEONLINEFABRIK.

Marco Wiechmann

Die Berliner Agentur arbeitet unter anderem für die Sparda-Bank Berlin und profitiert davon, dass Sparda zu den wenigen Imagegewinnern der Finanzkrise gehört. Die Planer können mit der Seriosität des Unternehmens sehr gut punkten. „Wir mussten kein Vertrauen zurückgewinnen, im Gegenteil. In Sachen Glaubwürdigkeit und Vertrauen gehörte die Sparda-Bank zu den Gewinnern. Für uns ist es jetzt – nach der Finanzkrise – sogar einfacher geworden, Kampagnen für diesen Kunden erfolgreich einzubuchen“, sagt Marco Wiechmann, geschäftsführender Gesellschafter von DIEONLINEFABRIK. Die Agentur plant für die Bank ausschließlich Regionalkampagnen für Berlin und alle neuen Bundesländer. Reichweiteneinbußen gab es nicht und auch die Response-Raten sind laut Wiechmann nicht gesunken.

Performance first

„Wenn man als Unternehmen aus der Finanzbranche aktuell Budgets im Web investiert, zieht man in der Regel zunächst einmal sämtliche Performance-Register von SEM bis leistungsorientiertem Display-Einkauf“, sagt Terruhn. Branding-Formate seien seit der Finanzkrise leider seltener geworden, obwohl hier eine große Chance zur Differenzierung im Markt bestünde. „Auch Bewegtbildwerbung kommt deutlich seltener zum Einsatz, was allerdings auch daran liegt, dass oft keine TV-Spots existieren – und für Bewegtbild-Produktionen fürs Netz keine Budgetressourcen investiert werden sollen. Dabei haben wir schon oft festgestellt, dass sich gerade diese Investitionen deutlich überdurchschnittlich auszahlen“, sagt Terruhn.

Generell ist der Vertriebsdruck in der Finanzbranche in den vergangenen zwei Jahren größer und die Frage nach dem ROI wichtiger geworden. „Dieser lässt sich allerdings nicht nur über performance-orientierten Einkauf, sondern auch über die performance-orientierte Optimierung einer Kampagne sicherstellen. Denn auch markenadäquate TKP-Platzierungen und Kooperationen können mit beachtlichem Erfolg auf CPO optimiert werden“, so Terruhn.

Nichtsdestotrotz dürfte die Mediaplanung für Finanzumfelder künftig aufwendiger werden. „Die Mediaplanung wird zwar kleinteiliger und komplexer, weil die Angebote für Online-Werbung immer vielfältiger werden. Aber das macht es auch so interessant. Man kann immer wieder neue Dinge probieren“, sagt Swertz.

Über den Autor/die Autorin:

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