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DISPLAY ADVERTISING

Real-Time-Bidding sorgt für Dynamik im Performance-Marketing

Jens von Rauchhaupt, 22. April 2010

Das Bieten auf jede einzelne AdImpression, kurz RTB (Realtime Bidding), wird das performancebasierte Display Advertising grundlegend verändern. Da sind sich die Fachleute einig. Doch warum scheint der Realtime-Aspekt eine so wichtige Rolle zu spielen und profitieren alle Marktteilnehmer in gleichem Maß von einem dynamischeren Werbegeschäft?

Ob bei Suchmaschinen, beim Adserving, der Webanalyse oder der Yield-Optimierung für Publisher: Mit Echtzeit beschäftigen sich derzeit viele Marktteilnehmer. Auch oder besser vor allem Agenturen, die mit Performancemarketing ihr Geld verdienen und im Auftrag der Advertiser performante Werbeplätze für deren Kampagnen einkaufen. Dabei wird die Arbeit der Agenturen immer technologiegetriebener. „Wir organisieren derzeit unsere ganzen Arbeitsplätze wieder um. Jetzt bekommt jeder Mediaplaner einen Kampagnenmanager sowie einen Softwareentwickler zur Seite gestellt“, erläutert Rüdiger Hartung, sichtlich zufrieden während unseres Besuches bei Performance Media an der ABC Straße in Hamburg.

Rüdiger Hartung, Performance Media

Der Diplomkaufmann Hartung leitet zusammen mit Christoph Schäfer die Geschäfte von Performance Media. Die Agentur zählt wie andere Agenturen für Performancemarketing sicherlich zu den Gewinnern des Krisenjahres 2009. 40 Mitarbeiter beschäftigen die Hamburger und es werden immer mehr. Natürlich gäbe es einen „riesigen Boost“ im Performancemarketing. „Wir stellen weiter ein, aber vor allem Softwareentwickler sind schwer zu bekommen“, berichtet Hartung.

Hier vom 7. Stock eröffnet sich dem Besucher ein faszinierender Blick über die Hamburger City. Den Google-Leuten im Nachbargebäude kann man quasi auf den Schreibtisch gucken. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik. Gilt doch Google mit AdWords und AdSense als der Begründer des Auktionsmodells im Performancemarketing. Nun treiben Unternehmen wie Performance Media, Mexad, Quisma oder auch Mediascale bald den Einkauf von Medialeistung auf eine neue Stufe: das Bieten auf einzelne AdImpressions mithilfe von dynamischen Einkaufsystemen, den sogenannten Demand Side Plattformen, kurz DSP. Hier sorgen Algorithmen dafür, welche AdImpressions zu welchen Konditionen eingekauft werden. Im Wesentlichen entscheidet dabei die Performance eines Werbemittels auf einer bestimmten Platzierung über den Preis.

„Neben weiteren technischen Entwicklungen werden diese dynamischen Einkaufssysteme dazu führen, dass Online-Mediaagenturen mittelfristig mehr Softwareentwickler beschäftigen als Mediaplaner. Bei uns wird es schon Ende des Jahres so sein“, meint Christoph Schäfer, der in den letzten zwei Jahren große Veränderungen in der Branche festgestellt hat. Gründe dafür sind neben dem gestiegenen Kundenwunsch nach Performancemarketing auch der Aufstieg von Marktplätzen und Exchanges wie Right Media, Adjug, Adscale und Schaltplatz.de.

Sacha Berlik, Mexad

Sacha Berlik, Geschäftsführer von Mexad, dem ersten serviced DSP in Deutschland bindet relevante Trafficquellen wie Media-Exchanges über die eigene Plattform ein. Berlik definiert die Unterschiede zwischen Demand-Side-Plattform (DSP) und AdExchanges wie folgt: „Eine DSP aggregiert verschiedene AdExchange-Technologien & YieldManager (Pubmatic, etc.) in einer Plattform, ermöglicht somit den synchronisierten Zugriff auf verschiedene Technologien. Ist zusätzlich eine RTB (Real-Time-Bidding)-Technologie integriert, so ist auch ein direkter Anschluss von Publishern möglich. Aber unüblich. Eine AdExchange ist eine Auktionsplattform, welche das Inventar verschiedener Publisher aggregiert und dem Werbekunden auktionsbasiert Zugriff auf dieses ermöglicht, diese ist mehr und mehr auch RTB-fähig. Eine AdExchange ist aber kein DSP. Vielmehr aggregiert eine DSP verschiedene AdExchanges und Data-Provider. Zurzeit gibt es lediglich eine US-amerikanische Hybridtechnologie, welche sowohl Ad Exchange als auch DSP ist.“

Wer manuell bucht, zahlt mehr

Nun wollen die Performance-Agenturen dynamisch Media einkaufen, bald auch in einem echten Realtime-Bidding- (RTB) Verfahren. Das hat Zukunft. Laut Analysten von JP Morgan and Think Equity werden sich in Europa Mediakäufe auf dynamischen Exchange-Plattformen in den nächsten zwei Jahren vervierfachen. Man rechnet 2012 in Europa mit Spendings von ca. 800 Mio. Dollar.

Warum Realtime Bidding und DSP zunehmend Performancemarketing-Themen sind, erläutert Schäfer wie folgt: „Realtime-Bidding ist meines Erachtens ausschließlich ein Thema für Performancemarketing. Branding-Formate sind zumeist technisch zu aufwendig und werden vor allem im persönlichen Vertrieb verkauft, da oft die ‚gefühlte Leistung‘ relevant ist. Im Performancemarketing werden innerhalb der nächsten zwei Jahre über 50 Prozent der Medialeistung über technische Einkaufssysteme (Demand-Side Platforms) erfolgen. Die Realtime-Komponente ist eher ein Spezialthema, wichtiger sind die Systembasis sowie die Bidding-Systematik“, sagt Schäfer, der die Vorteile für die Angebots- und Nachfrageseite wie folgt beschreibt:

„Der Publisher wird in Zukunft unterschiedliche Demand-Side Platforms einbinden und gegeneinander laufen lassen, die TKP-Niveaus der einzelnen DSPs sind nicht stetig, sondern schwanken sehr stark, daher ist eine Realtime-Betrachtung für die Optimierung wichtig. Grundsätzlich wird mittelfristig ein guter Mediaeinkauf ohne DSPs kaum möglich sein, da ein Großteil der Medialeistung manuell zu den relevanten Grenzkosten schlicht nicht zugänglich sein wird. Sprich: Wer manuell bucht, zahlt mehr.“ Automatisierungen im Einkauf und in der Optimierung bieten aber auch den Publishern einen großen Vorteil: Sie benötigen weniger Personal bei der Vermarktung ihres Inventars.

Kein vollautomatischer Einkauf

Berlik betont aber, dass der Mediaeinkauf ohne manuelle Eingriffe und Optimierung auch in Zukunft nicht funktionieren wird. „Einen perfekten rein maschinellen Einkauf wird es nicht geben, da die Technik lediglich der prozessoptimierende Faktor ist.  Alle relevanten multinationalen AdExchanges und Yieldmanager arbeiten nach unterschiedlichen Einkaufskriterien und haben Stärken und Schwächen entweder in der Transparenz, dem Auktionsalgorhythmus, der Datenintegration oder der Publisherqualität.“

Welche AdExchange oder welche Kombination der AdExchanges die Richtige ist, hängt laut Berlik einzig und allein vom Kampagnenziel ab. „Der Glaube, dass eine DSP eine Agentur oder einen Werbetreibenden in die Lage versetzt, sinnvoll auf verschiedene Ad Exchanges zuzugreifen ist eine Illusion. Für den Einsatz einer DSP wird das Wissen über die Publisherqualität und technischen Möglichkeiten aller an die DSP angeschlossenen Ad Exchanges benötigt. Die Bedienung einer DSP ist vergleichbar mit der Bedienung von Tools welche von SEM-Agenturen intern genutzt werden. Sie vereinfachen die Prozesse, erübrigen aber nicht den Diensteleister diese Tools zu bedienen.“ 

Christoph Schäfer, Performance Media

TKP Abrechnungsbasis

Das nicht nur für Außenstehende Verwirrende: Beim Realtime-Bidding im Performancemarketing geht es zwischen Angebotsseite und Nachfrageseite um zwei verschiedene Zielgrößen beziehungsweise Währungen. Der Einkäufer möchte einen möglichst niedrigen CPX zahlen, der Publisher den höchsten effektiven TKP erlangen. Worauf wird also in einem solchen dynamischen System geboten? „Für den Einkauf ist der TKP relevant, da dieser die Auslieferung determiniert.“ So kann also ein zu niedrig eingestelltes TKP-Niveau aufseiten der Agentur dazu führen, dass ein Werbemittel nicht mehr ausgeliefert wird. „Daher wird häufig der TKP im auslieferungsrelevanten Bereich gehalten, damit der CPX – die entscheidende Zielgröße des Kunden – ebenfalls im relevanten Bereich bleibt. Bei CPX-Vergütung bedarf es zum Teil recht umfangreicher Tests, um ein statistisch signifikantes TKP-Niveau messen zu können“, erläutert Schäfer. Es müssen also Vorhersagen über die Performance des Inventars gemacht werden, ansonsten ist die Preisbestimmung auf TKP Basis von Einkäuferseite nicht möglich.

AdImpressions ein knappes Gut?

AdImpressions sind – anders als bspw. der erste Platz im Google-Ranking einer Suchanzeige – nun nicht gerade ein knappes Gut. Wie kann also ein Auktionsmodell im Display Advertising überhaupt funktionieren? Hier widerspricht Schäfer: „Traffic mit guten Conversions über unterschiedliche Produkte ist durchaus knapp. So gesehen funktionieren schon heute TKP-basierte Auktionsmodelle sehr gut. Im Prinzip handelt es sich ja bei jeder technischen TKP-Optimierung inhaltlich um ein Auktionsmodell. Dies ist im Markt auf Adserver-Basis bereits im breiten Einsatz.“

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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