Auch der Handel mit Medialeistung wird zunehmend dynamisch und geht sogar in Richtung Echtzeit. In Deutschland gibt es bereits einige Modelle, die Online-Inventar und die Nachfrage nach Medialeistung auf digitalen Plattformen abbilden. Dabei wäre es ja schön, wenn sich mit neuen Modellen auch zusätzliche Werbegelder für das Netz erschließen ließen und nicht nur weitere Händler hinzukämen. Ein noch recht junges Exemplar eines digitalen Marktplatzes für Online-Medialeistung ist schaltplatz.de, eine Marke der Ceramex Media GmbH. Wir sprachen mit Gründer und Geschäftsführer Andreas Kirchner über seinen digitalen „Media Markt“.
ADZINE: Welche Publisher und Werbekunden sprechen Sie mit schaltplatz.de an?
Kirchner: Unser Schaltplatz spricht aktuell in erster Linie Publisher mit D-A-CH-Traffic auf den klassischen Standardformaten an, die keinen exklusiven Vermarktungspartner haben bzw. wollen. In naher Zukunft werden wir uns auch an Publisher mit Video-Inventar richten, im Hintergrund laufen bereits Vorbereitungen dazu. Bebucht wird der Schaltplatz aktuell vornehmlich für Performance- und Reichweitenkampagnen, unsere Werbekunden sind entsprechend hauptsächlich Performance-Agenturen und Traffic-Broker, wir sehen aber auch ein zunehmendes Interesse kleinerer Unternehmen (z.B. Internetportale, Webshops etc.).
ADZINE: Schaltplatz.de ist ein reiner Self-Service-Marktplatz sowohl für Anbieter als auch die Kunden von OnlineWerbefläche. Wie kommen Angebot und Nachfrage konkret zusammen?
Kirchner: Für die Site-Betreiber mag das sicher zutreffen, wobei wir hier auch persönliche Kontakte pflegen und mit Rat und Tat Support leisten. Werbekunden können den Schaltplatz als Self-Service nutzen, müssen dies aber nicht. Wir erwarten nicht von den Mediaeinkäufern, dass sie sich in ihrer ohnehin meist knappen Zeit in unser System einarbeiten. Die Zusammenarbeit funktioniert wie bei anderen Vermarktern auch. Wir erfassen mögliche Verfügbarkeiten unserer Seiten und kommunizieren diese an potenzielle Kunden.
ADZINE: Unterscheidet sich schaltplatz.de dabei von Adjug, Adscale & Co.?
Kirchner: Wen sollte es überraschen? JA! Es gibt schon einige Unterschiede, lassen sie mich ein paar Beispiele nennen:
Wir kategorisieren anders, bei Adscale findet man z.B. in jedem Channel Communitys - diese lassen wir nur in einem für Communitys vorgesehenen Channel zu, es sei denn, es handelt sich tatsächlich um eine Special Interest Community. Des Weiteren müssen bei uns sämtliche Seiten separat aufgesetzt werden, unsere Kunden sollen zu 100 % nachvollziehen können, welche Seite welche Werbeleistung erbringt. Adscale lässt auch komplette Netzwerke zu, in denen läuft der Traffic blind. Transparenz ist das Stichwort. Und das gilt für beide Seiten. Auch der Publisher kann genau nachvollziehen, welche Kampagnen wann bei ihm gelaufen sind und wie viel Sie ihm gebracht haben. Zudem bietet der Schaltplatz ein Mehr an Targeting-Möglichkeiten (Regio/IP/Tageszeiten/Wochentage/Re-Targeting) und für die Publisher auch optional die Nutzung eines von uns angebotenen Defaults für einen fixen low TKP.
ADZINE: Wie viele Publisher haben Sie im Portfolio und können Sie Angaben zu PI, Volumen und Reichweite machen?
Kirchner: In gerade mal 3 Monaten nach dem Start haben ca. 500 Publisher bereits über 1.000 Web-Seiten bei uns aufgesetzt, im täglichen Volumen beliefern wir knapp über 10 Mio. Ad Views aktuell. Die potenziellen Volumina sind noch um einiges höher, jedoch hängen die Reichweiten bei Marktplätzen im Einzelfall immer vom Preis ab, den die Werbekunden zu zahlen bereit sind.
ADZINE: Als Mediaeinkäufer einer Agentur oder aber auch als Direktkunde fragt man sich irgendwann, wie man mit der zunehmenden Vielfalt an automatisierten Einkaufsmöglichkeiten umgehen soll, da man auch oft auf identisches Inventar trifft. Was glauben Sie, wie sich das Nachfrageverhalten in Bezug auf Marktplätze entwickeln wird?
Kirchner: Publisher versuchen verständlicherweise, ihr Inventar über verschiedene Kanäle zu monetarisieren. Insofern sind Inventarüberschneidungen nichts Neues und kein Phänomen der Marktplätze, hier ist diese Erscheinung nur offensichtlicher. Erst die Transparenz macht es tatsächlich möglich, solche Doppelbebuchungen überhaupt einzuschränken. An sich empfinden wir die Phobie vor möglichen Doppelbebuchungen ohnehin übertrieben. Spätestens bei CPC-Buchungen wird von jedem Admanager so optimiert, dass ein angepeilter CPM erreicht wird. Wenn demnach eine Kampagne auf einer Platzierung wegen einer Doppelbelegung nicht funktioniert, wird sie ohnehin seltener gezeigt. Zum Nachfrageverhalten: Den Mediaeinkäufer interessiert in erster Linie, ob er sein bzw. seines Kunden Budget sinnvoll investiert. Er möchte für möglichst wenig Geld bestimmte Kommunikationsziele erreichen. Diesem Wettbewerb müssen sich Marktplätze ebenso wie andere Vermarkter stellen. Da die Marktplätze aber auch gerade für kleine und mittelständische Unternehmen künftig zunehmend interessant werden dürften, sehen wir das Nachfrageverhalten hier insgesamt durchaus optimistisch.
ADZINE: Während Publisher an einer TKP-Buchung interessiert sind, möchten Kunden immer häufiger auf CPX-Basis einkaufen. Wie verarbeitet schaltplatz.de die unterschiedlichen Preismodelle?
Kirchner: „Marktplätze“ im erweiterten Sinne für CPX gibt es doch schon lange, denken wir an die großen Affiliate-Anbieter. Die Reichweiten sind allerdings begrenzt. Auf dem Schaltplatz stehen CPM und CPC zur Auswahl. Wir können unseren Kunden selbstverständlich anbieten nach Conversion zu optimieren und in dem Zuge bei längerfristigen Buchungen auch über Hybridmodelle sprechen. Zudem geben wir ihnen auch die Möglichkeit, über Retargeting gezielt User anzusprechen, die sich schon einmal für ein bestimmtes Produkt oder für eine Dienstleistung interessiert haben, sich aber nicht zum Kauf durchringen konnten. Darüber sind hervorragende CPL bzw. CPO realisierbar.
ADZINE: Wie sieht das technisch aus, wie kann ein Publisher schaltplatz.de neben der Eigenvermarktung als zusätzlichen Vertriebskanal nutzen. Wie sehen die Steuerungsmöglichkeiten beim Seitenbetreiber aus?
Kirchner: Der Publisher stellt auf Schaltplatz Mindest -und Listenpreise ein, Letztere sind öffentlich einsehbar. Er kann im System auswählen, ob er sich Kampagnen ab Listenpreis oder ab Mindestpreis automatisch zuweisen lässt oder ob er alle Kampagnen manuell freigeben will. Zudem ist es möglich, bestimmte Kampagnen-Kategorien (Gewinnspiele/Flirt-Dating, Triple-PV-Ads) von vornherein zu blocken. Werden keine passenden Kampagnen zugewiesen, weil Angebot und Nachfrage an der Stelle nicht zueinander passen, greift der Default. Dabei kann der Publisher einen Alternativ-Tag seines Adservers oder eines anderen Vermarkters nutzen oder den von uns angebotenen Default mit garantiertem fixem low TKP. Eine Adserving-Lösung an sich stellt der Schaltplatz dabei nicht dar, aber im Fall der Fälle können wir unabhängig vom Schaltplatz einen Adserver anbieten.
ADZINE: Welche Möglichkeiten neben Einzelplatzierungen hat der Werbetreibende, seine Zielgruppe zu erreichen (Umfelder + Targeting etc.)?
Kirchner: Wir bieten unseren Kunden die Belegung von Themen-Kategorien (Channel), Geo-Targeting nach Ländern und Bundesländern, Tageszeiten, Wochentagen sowie Retargeting an.
ADZINE: In welchen Themen sind Sie stark?
Kirchner: Wir sind mit 17 Kategorien recht breit aufgestellt und recht stark in diesen Themen. Die Reichweiten hängen aber überall von den Preisen ab. Entsprechend muss man für Themen, wo gute Klickpreise für Adwords erzielt werden, auch tiefer in die Tasche greifen, will man den Publisher motivieren, Banner stattdessen laufen zu lassen.
ADZINE: Wie funktioniert das Retargeting?
Kirchner: Wir platzieren auf der Internetseite des Kunden 2 Pixel. Pixel 1 markiert einen User als Besucher/Interessenten – unser Adserver erkennt ihn dann später anhand des gesetzten Cookies wieder und wir können ihm gezielt Werbung des Kunden einblenden, wissend, er interessiert sich für ein bestimmtes Produkt, eine Dienstleistung oder eine Marke. Mit dem 2. Pixel können wir ihn dann wieder demarkieren, es macht z.B. keinen Sinn, einem Kunden, der gerade ein Zeitschriften-Abo abgeschlossen hat, weiterhin mit Werbung für dieselbe Zeitschrift zu beglücken.
ADZINE: Welche Konditionen gelten für Publisher und Advertiser?
Kirchner: Advertiser haben beim Schaltplatz selbst die Möglichkeit zu entscheiden, welche TKPs bzw. CPCs sie bereit sind zu zahlen. Minimum-TKP und -CPC sind auf 10 Cent festgelegt. Je höher die Vergütung, desto mehr Webseitenbetreiber werden die Kampagnen zulassen. Die Reichweiten zu bestimmten Konditionen können wir für unsere Kunden recht gut abschätzen. Mindestbudgets gibt es keine, Stopp & Go, Storno ist jederzeit möglich. An die Publisher zahlen wir 70 % der Einnahmen aus, die Mindestauszahlungsgrenze liegt bei 30 €.
ADZINE: Glauben Sie, dass Online-Marktplätze unterm Strich den Preisverfall für Online-Werbung vorantreiben, da die Nachfrageseite stark aktionsorientiert ist?
Kirchner: Nein. Der Markt hat sich auch vorher schon nach Angebot und Nachfrage geregelt.Das werden die Marktplätze nicht ändern. Nun dürfte sich das Media-Angebot in den nächsten Jahren mit einer weiterhin steigenden Nutzung des Mediums Internet vergrößern, was auf einen weiteren Verfall der Preise hinwirken würde. Als Gegenkraft steht hier die steigende Nachfrage, da Online-Marktplätze auch Möglichkeiten für kleine und mittelständische Unternehmen bieten und somit neue Zielgruppen für Display-Werbung erschließen werden, tragen Sie eher zu einer Stabilisierung der Preise bei.
ADZINE: Ist eigentlich die IASH-Zertifizierung oder ein ähnlicher Nachweis, dass ihre Angebote brandsave sind, ein Thema für Sie?
Kirchner: IASH ist ein hübsches Label für Blind Networks. Wir legen unsere Web-Seiten offen. Dass wir die Kriterien des Code of Conduct der IASH erfüllen, ist somit für jeden nachvollziehbar. Jeder Publisher muss seine Seiten einzeln bei Schaltplatz aufsetzen und wird von uns unter die Lupe genommen und klassifiziert, bevor wir ihn freischalten und er Banner für den Schaltplatz ausliefern kann.
ADZINE: Es ist also sichergestellt, dass die Werbung auch nur auf der ausgewählten Seite erscheint, wie wird das in der Praxis überprüft?
Kirchner: Zunächst ist über die Logfiles sehr gut nachvollziehbar, über welche Seite (referer) welche Kampagne ausgeliefert wird. Damit ist schon einiges gewonnen. Dennoch gibt es weder Zertifikate noch Prüfverfahren, welche man als 100 % save bezeichnen kann. Es gibt für gute Programmierer immer Wege, diese zu umgehen. Wir machen Traffic-Betrügern das Leben so schwer, wie es eben nur irgendwie geht. Für uns ist neben der Überprüfung der Logs auch immer wichtig, die Statistiken unserer Seiten kritisch anzusehen und auf Plausibilität zu prüfen. Auch danach selektieren wir, wenn sich Seiten z.B. durch zu häufiges Auftauchen gleicher IPs oder unverhältnismäßig hohen Crossboarder-Traffic auszeichnen, trennen wir uns von ihnen. Insgesamt stehen wir hier recht weit vorn, denn wir bieten alles andere als den Weg des geringsten Widerstandes.
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