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DISPLAY ADVERTISING - Editorial

Klare Verhältnisse nicht in Sicht

Arne Schulze-Geißler, 19. November 2009

Am Montag besuchte ich das EIAA Seminar ‚Consumer Engagement & Targeting’ in Hamburg, bei dem sowohl Agenturvertreter wie auch Publisher ihre Lösung für digitales Targeting präsentierten. Eine Erkenntnis konnte man als Zuhörer in jedem Fall mitnehmen: Eine klare Rollenverteilung unter den Beteiligten in der Abwicklung digitaler Display-Kampagnen wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Dafür eröffnen die digitalen Targetingmöglichkeiten bei allen Beteiligten viel zu große Anreize selbst Hand anzulegen. Dabei kann die eigene Strategie zum Ausschlusskriterium beim Mediaein- und -verkauf werden.

Agenturen und Medien sind nicht mehr in jedem Fall kompatibel. Dabei handelt es sich gar nicht um die Frage, welches System im Einsatz ist, sondern um einen viel tief greifenderen Unterschied in den Ansätzen, nämlich wer am Ende entscheidet, ob ein Werbemittel an einen Nutzer auf einer bestimmten Internetseite ausgeliefert wird.

Von der Agentur Pilot präsentierte Uli Kramer die Agentursicht der Dinge und so forderte Kramer die Mauern zwischen den heute meist abgeschotteten Inventaranbietern niederzureißen und der Agentur die Möglichkeit zu geben, auf Inventar und User vermarkterübergreifend zugreifen zu können. Nur durch übergreifende Kampagnen könne Online seine wahren Stärken entfalten. Das macht grundsätzlich auf dem Papier viel Sinn, denn erst dann kann man titelübergreifend die Werbebotschaft und Kontaktdosis für jeden erreichten Nutzer zu jedem Zeitpunkt genau steuern. Online-Budgets können ohne Frage so sehr viel effizienter eingesetzt werden.

Der große Nachteil des Agenturtargetings ist allerdings, dass die Agentur nur auf das Inventar der Publisher zugreifen kann, die sich zum einen der Agentur-Technologie öffnen und zum anderen auch so flexibel sein wollen zu einem Zeitpunkt X der Kampagne Y auch die höchste Priorität einzuräumen. Von Vermarktern und Publishern wird hier ein Höchstmaß an Flexibilität verlangt. Zudem werden bei diesem Modell Agenturen schon bald mit anderen Agenturen und deren Targeting im Wettbewerb stehen. Wie sollen die Medien damit umgehen, wenn sie für eine Ad-Impression Anfragen von 40 Agenturservern erhalten. Ein ähnliches Problem versuchen heute sogenannte Yield-Optimierer für die Einbindung von Ad Networks auf Publisherseite zu lösen. Die Universallösung, die auch hier greifen könnte, ist ein Exchange-Modell. Aber auch hier stellt sich wieder die Frage, ob nun jede Agentur einen Exchange betreiben sollte oder macht sogar ein persönlicher Exchange für jeden Publisher Sinn? Oder ist doch eine komplett unabhängige und neutrale Clearing- und Exchange-Plattform für alle Publisher und Agenturen die beste Lösung?  

Man muss sich zudem fragen, wie gut die Profildaten der Agenturen wirklich sein können, da sie ja immer nur sehr sporadisch bei der Auslieferung eines Werbemittels Kontakt mit dem Content der angeschlossenen Publisher haben. Ein Publishersystem ist dagegen permanent in der Lage, Profildaten zu vervollständigen und kennt damit seine Nutzer sehr viel besser. Nun haben aber auch wiederum nicht alle Publisher so eine breite Nutzerbasis wie z.B. Microsoft UK aus der Case Study von Georg Steidinger von Microsoft Advertising, der aus Publishersicht am Montag eine eigene Behavioral-Targeting-Kampagne für den Kunden Vauxhall präsentierte. Man muss hier natürlich dazu sagen, dass sich auch Microsoft neben MSN des zusätzlichen Media Networks bedient und somit auch ein vermarktübergreifendes Targeting zum Einsatz kommen konnt, das vermutlich auf den externen Seiten ähnlich funktioniert wie ein plattformübergreifendes Agenturtargeting.

Es bleibt vorerst unübersichtlich und damit auch weiter spannend.

Viel Spaß mit Adzine!

Über den Autor/die Autorin:

Arne Schulze-Geißler, Herausgeber ADZINE

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