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Mobile Werbung: E-Mail erobert Handy

Karsten Zunke, 23. September 2009

E-Mail und Mobiltelefon sind zwei unterschiedliche Kommunikationsinstrumente, die ursprünglich nicht füreinander bestimmt waren. E-Mails schreibt und liest man am Computer, mit dem Handy wird telefoniert. Soweit die ursprüngliche Idee. E-Mail hat sich im Laufe der Zeit zum Text-Kommunikationsmittel Nummer Eins entwickelt, das Handy ist der Star der mobilen Kommunikation. Was beide verbindet, ist das Internet sowie das Marketing, das beide für Werbemaßnahmen nutzen möchte. Vor allem das iPhone hat die Unterwegs-E-Mail ins Rampenlicht katapultiert. Wächst nun zusammen, was schon lange gut zusammen passt? Noch steht Mobile E-Mail Marketing am Anfang.

„Sie benötigen keinen besonderen Vertrag, kein spezielles Endgerät und auch keine neue Software“, so klingt es, wenn das mobile Internet angepriesen wird. Auch E-Mails können mobil genutzt werden. Viele Provider bieten dazu einen Push-Service: Das E-Mail-Konto wird dazu via Handy eingerichtet und nach einem zuvor definierten Zeitintervall fragt das Smartphone bei dem jeweiligen E-Mail-Dienst an, ob eine neue E-Mail eingegangen ist. Sofern dies der Fall ist, wird sie automatisch aufs Mobiltelefon geschickt. Der Blackberry hat einen eigenen Push-Service, überträgt die E-Mails sofort.

Prinzipiell ist es mit jedem Internetfähigen Handy möglich, E-Mails zu empfangen. Nur das, was der Nutzer dann zu Gesicht bekommt, unterscheidet sich mitunter gravierend. Unterschiedliche Handy-Betriebssysteme, Displays in unterschiedlichsten Größen und Formaten, Geräte abhängige Schriftgrößen und Darstellungen, verschiedene Browser: Technische Restriktionen sind eine echte Spaßbremse für mobile Text-Unterhaltungen. HTML-Mails lassen sich oft nur unvollständig oder gar nicht darstellen.

Wie die gestern auf der dmexco vorgestellte Studie Mobile E-Mail Marketing 2010 zeigt, werden die Geräte aber immer besser (www.mobileemailstudie.de). In der Studie hat der E-CRM Anbieter artegic in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Saphiron einen repräsentativen Querschnitt von Anbieter und Betriebssystemen untersucht. Getestet wurden unter anderem Geräte der Marken Apple, HTC, Samsung, Nokia, Palm, Sony Ericsson und Blackberry. Wichtige Ergebnisse: Die Darstellungsfähigkeit mobiler Endgeräte hat zugenommen – sie ist jedoch bei den meisten Geräten noch weit hinter den Möglichkeiten von PCs und Notebooks.

iPhone pusht Mobile E-Mail
Außerdem hat sich die Displayauflösung verbessert. Im Vergleich zur vorherigen Studie im Jahre 2008 bei Touchscreenmodellen von 240x320 Pixel auf 320x480 Pixel und bei einigen auf Windows Mobile basierenden Geräten sogar auf 480x800 Pixel. Ein Grund ist der größere Verbreitungsgrad von Smartphones. HTML-Mails wurden allerdings lediglich von Apples iPhone, dem Palm Pre und Geräten auf Android-Basis nahezu korrekt aus dem E-Mail Client heraus dargestellt. Aber gerade das iPhone die Entwicklung des kompletten Mobile Markts enorm beschleunigt.

Wie das iPhone die mobile E-Mail-Nutzung nach vorne peitscht, zeigt ein Blick nach UK. Knapp 13 Prozent aller Mobiltelefonbesitzer nutzen dort auch die E-Mail unterwegs. Von den Smartphone-Besitzern sind dies schon 35,4 Prozent. Und stolze 75,4 Prozent der iPhone-Besitzer nutzt Mobile E-Mail. Die Zahlen stammen vom US-Marktforscher comScore, aus diesem Frühjahr.

Laut den aktuellen internet facts 2009-II der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) ist das Senden und Empfangen von privaten E-Mails im klassischen Internet hierzulande der wichtigste Grund der Online-Nutzung. Immerhin 88,6 Prozent der Onliner kommunizieren via Elektropost. Die E-Mail-Affinität ist also in einer breiten Bevölkerungsschicht vorhanden, denn mittlerweile sind rund 70 Prozent der Deutschen online. Auch die Anzahl der Mobilfunkanschlüsse hat sich enorm erhöht. Rein rechnerisch hat sie die Anzahl der Bevölkerung in Deutschland schon längst übertroffen, ist im Jahr 2008 Jahr um zehn Millionen Anschlüsse gestiegen. Zum Jahreswechsel 2008/2009 gab es laut BITKOM hierzulande etwa 107,4 Millionen Mobilfunkanschlüsse. Für 2009 rechnet der Branchenverband mit einem Plus von gut fünf Millionen. Somit würde die Zahl der mobilen Telefonanschlüsse in diesem Jahr auf 112,8 Millionen steigen. Der Weg scheint bereitet, doch geebnet ist er noch lange nicht – vor allem nicht für das Marketing. Denn das klassische E-Mail-Marketing und das mobile E-Mail-Marketing unterscheiden sich erheblich.

Besondere Nutzungssituation, besondere Mail
„Klassische Newsletter werden mobil kaum gelesen. Das ist zu viel Text und widerspricht den schnellen mobilen Nutzungsgewohnheiten“, sagt Stefan von Lieven, Vorstand artegic AG. So kann es aufgrund der eingeschränkten Displays, aber auch wegen der vom Mobiltelefon definierten Schriftgrößen passieren, dass nur wenige Zeilen lesbar sind. „Als E-Mail-Marketer muss man sich sowohl der technischen Restriktionen als auch der besonderen Nutzungssituation bewusst sein“, rät von Lieven. Um die technischen Probleme zu minimieren, empfiehlt er, dem Mobile-User für die Handy-Darstellung optimierte Mails zu schicken.

Beide Nutzergruppen – die vor dem PC oder Laptop und jene am Telefon – sollten unterschiedliche Newsletter erhalten. „Die hohe Kunst ist es, nicht auf die eine Gruppe zu fokussieren und dabei die andere zu vernachlässigen“, sagt von Lieven. So macht es eben auch keinen Sinn, dem PC-Empfänger eine für ein Minidisplay optimierte Mail auf sein 30 Zoll LCD-Bildschirm zu schicken.

Jedem das Passende
Um den Mobile-User eine ansprechende Handy-Mail zu liefern, gibt es mehrere Möglichkeiten. So lässt sich beispielsweise nachträglich analysieren, mit welchem Endgerät ein Newsletter gelesen wurde. Künftig erhält dieser Nutzer dann die darauf zugeschnittene Newsletter-Version. Zusätzlich kann man in Echtzeit feststellen, mit welchem Gerät ein Nutzer eine Website betritt. Möglich macht dies eine so genannte Browserweiche. Sie sorgt dafür, dass automatisch die passende Auflösung angezeigt wird. „Das Ziel sollte aber sein, dass Werbungtreibende eine Kampagnenfähigkeit für beide Endgeräte ermöglichen, für PC und das Handy“, rät von Lieven.

Mit der richtigen Software können diese Kampagnen automatisch ausgeliefert werden. Der Marketer entscheidet, welche Inhalte normalen Nutzer und welche Inhalte Mobile User in welcher Form angezeigt bekommen. Das Gleiche gilt für Landingpages. Ein neuer Verteiler muss deshalb nicht aufgebaut werden.

Mobile E-Mail-Marketer haben aber noch mit einem weiterem Problem zu kämpfen: E-Mail-Marketing lebt von Links, die angeklickt werden. Der User empfindet das mobile Internet allerdings als sehr teuer, schreckt davor zurück jeden Link anzuklicken. Andererseits Ist Mobile Commerce noch kein großes Thema, so dass Anbieter kaum einen besonderen Drang spüren, das Thema kräftig zu forcieren. Bei der Lösung dieses Problems ist das Marketing auch auf die Provider angewiesen. Erst mit echten Flatrates, die mit Konditionen klassischer Internet-Zugänge vergleichbar sind, wird das mobile Web erschwinglich und massentauglich.

E-Mail meets Handy-Feature
Doch allen Restriktionen zum Trotz: Mobile E-Mail Marketing bietet neue und vielversprechende Möglichkeiten der Kundenansprache. So ist die Nutzungssituation eine völlig andere als beim PC-Gucker. „Wer den mobilen User in der richtigen Situation erwischt, hat beste Chancen auf eine Konversion“, sagt von Lieven. Das Angebot, ein soeben im Konzert gehörtes Album mit drei Klicks auf seinem Handy zu kaufen, hat gute Chancen auf einen Abschluss. „Marketer müssen die Nutzungssituation durchdenken, neue Anlässe finden. Und Sie müssen technisch darauf achten, dass die Kampagne funktioniert“, so der Kundenbeziehungs-Experte. Dann könne das Handy einen entscheidenden Vorteil ausspielen: die Verknüpfung von Mobile E-Mail mit Handy-Features. Während potenzielle Käufer im Ladengeschäft mobil Produkte vergleichen, schicken Marketer ihnen als Entscheidungshilfe den passenden Coupon aufs Handy - Realtime. „Mobile E-Mail Marketing steht vor allem für anlassbezogene Kommunikation“, unterstreicht von Lieven. Wie sich die E-Mail dabei als Kommunikationsinstrument weiterentwickelt und wie sie sich in Social Networks oder Microblogging-Dienste integriert, bleibt abzuwarten. Aber eines ist für von Lieven sicher: „Mobile E-Mail hat das Potenzial, die SMS abzulösen.“

Über den Autor/die Autorin:

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