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GEMA gegen YouTube: bald der britische Weg?

Rupert Turner, 11. September 2009

Im Streit zwischen der deutschen Verwertungsgesellschaft GEMA und dem reichweitenstärksten Videoportal YouTube gibt es eigentlich nur Verlierer. Doch es könnte bald zu einer Einigung kommen.

Als Ende März der Vertrag zwischen der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und YouTube auslief, kam es zu Irritationen in der Öffentlichkeit, und noch immer weiß der objektive Dritte nicht wirklich, wem er seine Sympathie aussprechen sollte.Die GEMA unterstellt YouTube, absichtlich Top-Ten-Titel gesperrt zu haben, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und auf ihre Seite zu ziehen. YouTube wiederum verteidigt sich damit, dass die Forderungen der GEMA irreal seien. Die Musikbranche hält eine Lösung langsam für überfällig.

 „YouTube ist wegen seiner Reichweite der ideale Kanal, um über Musikvideos die neuen Werke meiner Kunden zu promoten“, erklärt zum Beispiel der Musikpromoter Matthias Bischoff von Add On Music. Doch derzeit hat Bischoff wie viele andere ein Problem damit, YouTube für seine Zwecke zu nutzen. Aufgrund der Auseinandersetzung zwischen YouTube und der GEMA sperrt YouTube in Deutschland viele offizielle Musikclips. Die Leittragenden dieser Situation sind nicht nur die User, sondern auch die Künstler, die über YouTube ihre Musik und damit ihre Neuerscheinungen promoten wollen. „Die Situation ist für uns alles andere als ideal, aber wegen der großen Reichweite muss ein Künstler noch lange nicht vor einem Videoportal auf die Knie fallen“, so ein Vertreter aus der Musikindustrie, der anonym bleiben möchte. Hat die GEMA etwa nicht bedacht, dass sie mit ihren Ansprüchen gegen YouTube ihrem eigenen Mandanten ins Knie schießt?

Nicht unmittelbar. Denn eine Sperrung hatte die GEMA nie von YouTube verlangt, wie GEMA-Unternehmenssprecherin Bettina Müller uns erklärt: „Bei Tarifverhandlungen sind wir nie an einem Streit mit unserem Verhandlungspartner interessiert. Wir wollten auch gar nicht, dass YouTube die Musikvideos sperrt. Aber wir müssen natürlich im Interesse der Künstler die Rechtsgutverletzung dokumentieren, und das tun wir.“ Nun scheint aber wieder Bewegung in die Auseinandersetzung zu kommen. Scheinbar liegt der GEMA ein Angebot von YouTube auf dem Tisch. „Wir befinden uns mit der GEMA nach wie vor in Verhandlungen. Beide Seiten haben ihre Positionen deutlich gemacht, die Gespräche laufen, und wir sind optimistisch, dass wir bald eine Einigung erzielen werden“, sagt Henning Dorstewitz, YouTube-Pressesprecher bei Google Germany. Müller von der GEMA bestätigt es in einer etwas anderen Version: „Ja, wir verhandeln wieder mit YouTube. Aber der Optimismus aufseiten von YouTube rührt wohl eher daher, dass man sich gerade in England auf ein Lizenzmodell mit der PRS (Anm. der Red.: dem englischen Pendant zur deutschen GEMA) geeinigt hat.

Bald die britische Lösung?

Dorstewitz erklärt gegenüber Adzine, dass die Preisvorstellungen noch immer ziemlich auseinandergehen: „12 Cents pro angeklickten Musikclip sind für uns als eine rein werbefinanzierte Videoplattform eine irreale Forderung, selbst 1 Cent pro Stream ist noch immer deutlich zu hoch gegriffen.“  Allerdings scheint die GEMA nach eigenen Aussagen nie 12 Cents verlangt zu haben: „Die 12 Cents pro aufgerufenen Stream standen für uns nie im Raum. Vielmehr war es unsere Absicht, nach Auslauf des Vertrages im März mit 1 Cent pro Stream in die Verhandlungen zu gehen. Darüber hatten wir YouTube auch schriftlich informiert“, sagt Müller.

So scheint die Sache klar. Für die GEMA beginnt die Preisverhandlung bei 1 Cent pro Stream, während YouTube wahrscheinlich eher die britische Lösung favorisiert und, wie in Großbritannien gerade Anfang September vereinbart, einmalig einen unbekannten Millionenbetrag nach München überweisen wird. Eine Lösung muss auch für YouTube her. Die Zeit drängt. Denn andere Videoplattformen wie etwa MyVideo-Musik.tv erfreuen sich starken Zulaufs. MyVideo selbst spricht von knapp 2 Mio. Unique Usern und 25 Mio. Musikclipabrufen im Monat sowie  20.000 eingestellten Musikclips. Und zwar auf dem reinen Musikkanal „MyVideo Musik.tv“, der erst im Januar 2009 seinen Dienst gestartet hatte. Was aber wiederum MyVideo an die GEMA abführt, wird ein Geheimnis bleiben. Hier hüllen sich die  Videoplattformen in Schweigen, denn: „Der Wunsch nach Stillschweigen über den Inhalt der Vertragsabschlüsse kommt nie von uns. Das wird immer von den Vertragspartnern gewünscht“, sagt Bettina Müller von der GEMA.

Bild Rupert Turner Über den Autor/die Autorin:

Rupert Turner ist freier Autor für ADZINE

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