Parteien quälen sich durch die sozialen Medien
Arne Schulze-Geißler, 20. August 2009Momentan stolpert man ja ständig über Artikel, die die Bedeutung des Internets für den Wahlkampf betonen. Es sollte niemanden überraschen, dass die wachsende Mediennutzungszeit und die steigende Nutzerzahl digitaler Medien auch Auswirkungen auf die politische Meinungsbildung haben. Internet ist nun mal ein mächtiges Vehikel in der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen jeglicher Art und das nicht nur zur Bundestagswahl.
Eine Wahl beschleunigt natürlich bei den Parteien die Veränderungsprozesse und so haben alle Parteien für den digitalen Wahlkampf aufgerüstet. Wenn man die Parteiseiten absurft, stellt man fest, dass sich einiges getan hat, zumindest äußerlich. Es gibt Kampagnenportale, Parteiseiten, Kandidatenseiten, Spendenaufrufe, Diskussionsforen und ohne Ende Blogs. Besonders auffallend ist, dass alle Parteien, und das wirklich ohne Ausnahme, von ihren Seiten auf alle großen Social Networks verlinken, auf denen Kandidaten und Parteien Präsenzen haben. Diese werden gefüllt mit Blogbeiträgen, aktuellen Interviews in Fernsehshows und andern öffentlichen Auftritten. Zur Bewegtbildkommunikation unterhält daher inzwischen auch jede Partei Videochannels bei Videoportalen wie YouTube.
Selbst bei einer ja recht oberflächlichen Betrachtung der digitalen Aktivitäten der Parteien, poppen aber ein paar zentrale Fragen auf. Beispielsweise wird auf der wahlkampf.de-Seite der SPD eine Unterstützerzahl von 16.251 angegeben. Die Facebookseite von Frank Walter Steinmeier kommt aber gerade mal auf 5.236 Supporter und das SPD-Profil hat nur schlappe 2.548 Fans.
Bei Angela Merkel sieht es etwas besser aus, sie verfügt über 14.502 Supporter auf Facebook (Barack Obama 6.608.449 Supporters) und hat 19.073 aktive Wahlkampf-Supporter auf ihrer Seite team2009.de. Die Seite befindet sich allerdings noch im Beta-Stadium, möglicherweise symptomatisch für den digitalen Wahlkampf 2009.
Da man davon ausgehen muss, dass die meisten Supporter der Politiker in den Social Networks aus den eigenen Reihen der Parteien kommen, stellt sich für mich die Frage, ob dieser gehypte Social-Media-Effekt überhaupt noch auf den politischen Wahlkampf bis Ende September überschwappen kann. Denn die Zahlen der Interessierten sind auch in allen anderen Kanälen überschaubar. Für die Grünen auf YouTube interessiert sich beispielsweise kaum jemand. Die Abrufzahlen kommen im Höchstfall mal auf die 1.000 Videoabrufe, die meisten liegen weit darunter. Etwas öfter werden die Spots der Liberalen gesehen, sie erreichen Spitzenwerte von 6.796 Videoabrufen, Merkel bringt es auch schon mal auf das Doppelte. Bei 62,2 Millionen Wahlberechtigten sind das allerdings klägliche Zahlen, die an der Bedeutung der Social-Media-Kanäle für den politischen Wahlkampf 2009 zweifeln lassen.
Nun hat man die digitalen Kanäle und theoretisch auch die Interaktionsmöglichkeiten, aber die Multiplikation der Botschaften will nicht so recht einsetzen. Es könnte an der Inhaltsarmut des Wahlkampfes liegen. Profilschwache Parteien und farblose Kandidaten sind nicht gerade eine gute Voraussetzung für Engagement und Involvement der Nutzer.
Da hatte es Brack Obama, für viele Amerikaner die personifizierte Hoffnung, leichter nach der Regierungszeit von Bush, er konnte den kompletten Neuanfang versprechen und damit die Massen mobilisieren, auch digital.